Dortmunds Champions-League-Kracher gegen Barcelona wird auch zum Rendez-vous des ehemaligen Gespanns Niko Kovac und Hansi Flick. Und für den BVB-Trainer zur Chance, sich mit ein paar Jahren Verspätung "offiziell" in der Königsklasse zu rehabilitieren.
Manchmal kann eine deftige Niederlage auch eine positive Wirkung entfalten. Für den FC Bayern München und Hans-Dieter
Flick war damals Co-Trainer und wurde quasi über Nacht zum neuen Verantwortlichen gemacht. Weil sich auf die Schnelle gar keine andere Lösung finden liess, als den ehemaligen Co-Trainer der deutschen Nationalmannschaft flugs zum Chef zu machen.
Die Bayern waren damals nur Vierter in der Tabelle, der Double-Sieger der vorherigen Saison schon vier Punkte hinter Platz eins. Im und rund um den Klub türmten sich die Probleme auf. Der damalige Präsident
Also wurde wie immer in diesen Fällen das schwächste Glied der Kette entfernt, nach einer "einvernehmlichen Entscheidung". Für
Für die Bayern und Hansi Flick ging es danach nur noch bergauf: Flick wurde von der Interims- zur Dauerlösung, befriedete erst die Mannschaft, dann das Umfeld, eilte von Sieg zu Sieg, wurde am Ende Meister und Pokalsieger und wiederholte mit dem Gewinn der Champions League sogar das magische Triple unter
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Kovac: "Hansi Flick war mein Gedanke"
Selten zuvor wandelte sich eine Karriere im deutschen Fussball so schnell und dramatisch wie die von Hansi Flick in diesen Monaten. Vor seinem Engagement in München war Flick 17 Monate ohne Job, nahm sich nach seinem Ausscheiden als Geschäftsführer in Hoffenheim bewusst eine Auszeit - bis ihn der Anruf von Niko Kovac ereilte. Der war auf der Suche nach einem neuen Co-Trainer und wollte unbedingt Flick haben.
"Hansi Flick war mein Gedanke", sagte Kovac später in einem Interview mit der "Sport-Bild". "Damit bin ich zu meinem Bruder Robert und zu Uli Hoeness gegangen. Uli hatte denselben Gedanken, da waren wir uns dann schnell einig. Wir dachten bei Hansi deckungsgleich."
Dass Kovac‘ explizite Wunschlösung später auch sein Nachfolger, einer der erfolgreichsten Trainer in der Geschichte des FC Bayern und nun - mit ein paar Jahren Verzögerung - auch Trainer beim FC Barcelona werden würde, ist mehr als eine Volte der Geschichte. Und die erfährt in den kommenden Tagen definitiv eine neue Wendung.
Im Viertelfinale der Champions League treffen der ehemalige Chef und Fürsprecher Kovac und dessen Assistent Flick nun erstmals wieder als Gegner aufeinander - unter allerdings komplett anderen Vorzeichen. Kovac und Borussia Dortmund sind gegen Flicks Weltauswahl beim FC Barcelona krasse Aussenseiter.
Das Wunsch-Duell
Und während Hansi Flick mit den Katalanen die grosse Chance auf eine Fabel-Saison hat mit dem möglichen Triple und sich die Verpflichtung des Deutschen für Barça als beste Entscheidung seit Jahren entpuppen könnte, droht der Borussia trotz des Aufwärtstrends zuletzt ein desaströses Saison-Ende - und Kovac nach nur wenigen Monaten im Amt schon wieder das Aus beim BVB. Die Vorzeichen vor dem Wiedersehen könnten also unterschiedlicher kaum sein. Gewünscht hatten es sich beide, Kovac wie Flick, aber schon.
"Wir haben gesagt: Vielleicht schaffen wir es ja, dass wir uns im Viertelfinale treffen. Das ist immer schön!", verriet Kovac unmittelbar nach einem seiner wichtigsten Siege als BVB-Trainer, dem 2:1 im Achtelfinal-Rückspiel bei OSC Lille.
Etwas gegensätzliche Entwicklungen
Von einem Wiedersehen zwischen Meister und Lehrling kann rund viereinhalb Jahre nach der Trennung zwischen beiden aber nicht (mehr) die Rede sein. Zu viel hat der ehemalige Assistent Flick seitdem erlebt und vor allen Dingen gewonnen, es aus der zweiten Reihe über den FC Bayern und eine eher missglückte Stippvisite bei der Nationalmannschaft zum FC Barcelona und damit einer Weltmarke geschafft.
Während Kovac nach seiner Zeit bei den Bayern erst in Monaco und dann beim VfL Wolfsburg zwei ebenso kurze wie erfolglose Intermezzi erlebte und nun in Dortmund auch ein wenig damit beschäftigt ist, seinen Ruf wieder aufzupolieren. Da käme so ein Weiterkommen gegen eine der besten Klubmannschaften der Welt doch gerade recht.
"Das ist das, wofür wir alle leben, wovon wir als kleine Jungs geträumt haben: Als Trainer in solch einem grossen Spiel dabei sein zu dürfen", sagte Kovac bereits am Samstag nach dem Bundesligasieg in Freiburg. "Ich hoffe, dass meine Jungs - und davon bin ich auch überzeugt - in zwei Spielen das Maximum herausholen und dann werden wir sehen, was dabei herauskommt."
Umso bitterer für den BVB-Coach, dass in Niko Schlotterbeck der beständigste Spieler der oft so wankelmütigen Dortmunder Saison wegen einer Meniskusverletzung nicht nur für die beiden Partien gegen Barça, sondern bis zum Ende der Saison ausfällt.
Barças Tormaschine als Gefahr und Chance
Beim Aufeinandertreffen in der Gruppenphase - damals noch mit Nuri Sahin auf der Dortmunder Bank - gab es ein 2:3 aus BVB-Sicht. Es war eine der besseren Vorstellungen der Mannschaft unter Sahin, am Ende triumphierte aber der fast schon bedingungslose Offensiv-Fussball der Katalanen.
Der ist nun für die Borussia Gefahr und Ansatzpunkt zugleich. Bei 141 Toren in 47 Pflichtspielen steht Flicks Mannschaft bereits, hat dabei schon sagenhafte 20 Mal vier Tore oder mehr in einem Spiel erzielt. Unter anderem gegen die Bayern oder Benfica und schon zwei Mal sowohl gegen Atletico und Real Madrid.
"Das ist momentan das Nonplusutra, das macht die Sache sehr, sehr schwer", sagt Kovac über Barças unglaubliche Tormaschine, die überdies aber bisweilen das Verteidigen vernachlässigt. Eine Erkenntnis, die schon in Flicks Zeit in München offenkundig war. Und die jetzt eine Angriffsfläche bietet für den BVB: Zum einen, weil der Fokus in den ersten Wochen unter Kovac klar auf der Defensivarbeit lag. Und zum anderen, weil auch im Spiel mit dem Ball etwas mehr Abläufe und Strukturen zu erkennen sind.
Vielleicht kann Kovac seinem ehemaligen Zuarbeiter ja tatsächlich gefährlich werden und seinen ersten "echten" internationalen Titel in Angriff nehmen. Offiziell ist jedenfalls für die Spielzeit 2019/20 nur Hansi Flick als Champions-League-Sieger mit dem FC Bayern gelistet. Kovac‘ Vorleistung in den Spielen der Gruppenphase damals findet keine Erwähnung mehr.
"Ich bin nicht neidisch auf Hansi, im Gegenteil: Ich habe ihn mit ins Boot geholt, also konnte ich am Ende doch meinen Teil beitragen", hat Kovac das mal augenzwinkernd angemerkt. Nun ist die Gelegenheit für den 53-Jährigen gekommen, auch sich selbst wieder in den Fokus zu rücken.
Verwendete Quellen
- sportbild.bild.de: Kovac exklusiv! "Ich bin nicht neidisch auf Hansi"
- Hamburger Morgenpost: "Sind der Underdog": BVB-Kovac will seinen früheren Co-Trainer Flick schocken
- youtube.com: "Müssen weiter fokussiert bleiben!" | PK mit Kovac & Schuster | SC Freiburg - BVB 1:4
- youtube.com: Barca-Offensive das "Nonplusultra"