• Raus im Pokal, fast sicher raus in der Champions League und in der Liga nur noch Mittelmass: Borussia Mönchengladbach steckt ein einem veritablen Tief.
  • Der Schuldige dafür ist längst ausgemacht: Trainer Marco Rose sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt.
  • Fans sind sich einig: Marco Rose, der Cheftrainer, ist schuld an der Pleiteserie.
Eine Analyse

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Unter normalen Umständen wäre es vielleicht eine Ehre, in einer Reihe mit Lothar Matthäus oder Dante genannt zu werden. Der eine war einer der besten Fussballspieler dieses Landes, Welt- und Europameister, Weltfussballer des Jahres.

Der andere brasilianischer Nationalspieler, mehrfacher deutscher Meister und Pokalsieger, Champions-League- und Weltpokalsieger. Die Umstände in Mönchengladbach sind aber alles andere als normal - und deshalb dürfte Marco Rose die Aufnahme in diesen elitären Klub überhaupt nicht gefallen.

Marco Rose - der dritte grosse Verräter?

Matthäus und Dante waren bei den Fans von Borussia Mönchengladbach Publikumslieblinge, verabschiedet wurden sie letztlich als Verräter. Matthäus hatte im Pokalfinale 1984 gegen seinen zukünftigen Klub Bayern München einen entscheidenden Elfmeter verschossen, Dante hatte im Pokalhalbfinale 2012 gegen seinen zukünftigen Klub Bayern München ebenfalls einen entscheidenden Elfmeter verschossen.

Matthäus und Dante lieferten die Vorlage für das, was auf die Gladbacher 0:1-Niederlage im Pokalviertelfinale gegen Borussia Dortmund als landläufige Meinung gelten dürfte: Marco Rose, der Cheftrainer, ist schuld am Pokal-Aus. Und weil dieses Pokal-Aus blöderweise gegen seinen zukünftigen Arbeitgeber passierte, droht ihm nun der Status des dritten grossen Verräters der Klubgeschichte.

Randthemen bestimmen die Schlagzeilen

Die Partie der beiden Borussias war schon im Vorfeld vollgepumpt worden mit allerhand Geschichten und Randaspekten, zumeist mit Rose im Mittelpunkt. Dass es letztlich 29 Profis und ein Schiedsrichtergespann waren, die die Dinge auf dem Platz regelten, spielte keine Rolle. Dass das Spiel zweier aktueller Champions-League-Teilnehmer phasenweise wie eine Begegnung aus den Niederungen der Bundesliga daherkam, mit Stock- und Passfehlern fast im Sekundentakt, war auch schnell vergessen.

Während sich vor dem leeren Stadion Einsatzkräfte der Polizei mobilisierten, um etwaige Proteste der Gladbacher Fans bei einer Niederlage im Keim zu ersticken, schlug die Empörungskultur in den sozialen Medien voll durch.

Rose war wie schon in den letzten Tagen das Ziel heftiger Attacken, sein Co-Trainer Rene Maric liess sich naiverweise im Zwiegespräch mit Erling Haaland von Gegner Dortmund auf dem Platz filmen. Ein zugegeben sehr unglückliches Bild angesichts der ohnehin schon angespannten Lage in Gladbach. Dass da nur ein Co-Trainer mit einem ehemaligen Spieler - Maric und Haaland kennen sich aus Salzburger Zeiten - über das Spiel reden wollten, interessierte von den erzürnten Gladbach-Fans nur wenige.

Die Probleme kommen zum Vorschein

Borussia Mönchengladbach steckt in einer veritablen Krise. Das ist durch die Ergebnisse der letzten Wochen belegt, mit dem sicheren Aus im Pokal und dem sehr wahrscheinlichen Aus in der Königsklasse bleibt nur noch die Liga, um die Saison noch irgendwie zu retten.

Aber auch da ist Gladbach sehr weit entfernt vom eigentlichen Saisonziel. Neun Punkte beträgt der Rückstand auf Platz vier und damit die erneute Champions-League-Qualifikation, selbst auf den Europa-League-Platz fehlen nun schon vier Zähler. Gladbach ist in dieser Saison nicht mehr als tristes Mittelmass.

Einzelne Highlights, die Liga-Siege über die Bayern, Leipzig, den BVB oder starke Auftritte in der Königsklasse, täuschten lange darüber hinweg. "Wenn der Schnee schmilzt, sieht man, wo die Kacke liegt", hat Rudi Assauer mal gesagt und in Gladbach kann man sich der Dringlichkeit der Metapher kaum noch erwehren.

Schlechter Zeitpunkt für sportliche Krise

Die sportliche Krise fällt zeitlich zusammen mit der Entscheidung des Trainers, ab dem Sommer für einen anderen Klub arbeiten zu wollen. Das kann Zufall sein oder ein Brandbeschleuniger bei einer ohnehin schon eher mittelprächtig gefestigten Mannschaft. Sechs Pflichtspiele lang gab es keinen Sieg mehr, fünf dieser Partien wurden verloren.

Gegen ein halbes Dutzend Tabellenkinder gab es keinen Heimsieg. In der Offensive hapert es gewaltig und defensiv macht die Mannschaft gerne mindestens einen dummen Fehler zu viel. Wie am Dienstag gegen den BVB, als Gladbach nach einer eigenen Ecke ausgekontert wurde und vor ein paar Wochen, als die baugleiche Szene zum Gegentor gegen Stuttgart führte.

Sportdirektor Eberl steht zu Rose

Diese handwerklichen Fehler kann man dem Trainer ankreiden, für dessen Verbleib bis zum Ende sich die Verantwortlichen aber längst entschieden haben. Sportchef Max Eberl liess schon vor dem Spiel gegen Dortmund keinen Zweifel an seinem Vorhaben, die Saison mit Rose auf der Bank zu beenden. "Ich sehe den Grund nicht, warum es nicht funktionieren soll", sagte Eberl in der "ARD" Das Verhältnis zwischen dem Trainer und der Mannschaft sei in Ordnung, "da gibt es nullkommanull Probleme. Das spüre ich, das ist das Entscheidende. Es funktioniert."

Allerdings funktioniert im Profifussball auch die engste Bindung eben nur, so lange die Ergebnisse stimmen.

Ganz abgesehen davon, dass die Gemengelage an sich schon kompliziert genug ist. Oder wie muss man sich das vorstellen, wenn Rose an zwei Standorten gleichzeitig denken muss: In Gladbach im laufenden Betrieb. Und für den BVB auf Sicht, in der Planung und Abstimmung der Inhalte, irgendwann auch des Kaders. Damit können die Dortmunder schwerlich warten, bis sich Rose in Gladbach verabschiedet und einen sauberen Schnitt gemacht hat.

Für einen Teil der Gladbacher Fans hat sich Rose durch seine Rotation im Derby gegen Köln unmöglich gemacht, ein paar Tage später verkündete er seinen Entschluss für den BVB - und seitdem brennt es in Mönchengladbach lichterloh. "Diese Situation fordert mich und geht natürlich nicht spurlos an mir vorüber. Sechs Spiele ohne Sieg, das sind wir so nicht gewohnt", sagte der Trainer am Dienstag unmittelbar nach dem Pokal-Aus.

Schlüsselspiel gegen Leverkusen

Und auch die emotionale Entfremdung von den Fans, sowie die prekäre Situation in der Bundesligatabelle sind sie in Gladbach nicht (mehr) gewohnt. Rose will die Spielzeit als Cheftrainer der Borussia zu Ende bringen, sein Vorgesetzter will das auch. Aber letztlich unterliegen beide dem Diktat der Resultate.

"Wir haben immer gesagt, dass wir wieder dort hinwollen, wo wir waren. Davon sind wir momentan ein ganzes Stück weit weg. Darüber müssen wir auch gerade nicht reden. Es geht darum, wieder Spiele zu gewinnen und zu versuchen, den Anschluss zu finden", so Rose, dem schon die nächste, sehr entscheidende Partie bevorsteht.

Am Wochenende kommt es zum "kleinen Derby" gegen Bayer Leverkusen. Noch so ein Krisenklub, der seinen Ambitionen hinterher rennt. In der letzten Saison war dieses Duell der Zweikampf um die Champions League, indem sich am Ende Gladbach durchsetzte. Nun streiten beide um das Trostpflaster Europa League.

Verpasst Gladbach auch dieses Minimalziel, könnte das noch über die Saison und über Roses Abschied hinaus weitreichende Folgen haben. Einigen der umworbenen Spieler dürfte die Aussicht auf eine Saison ohne internationale Auftritte wenig schmecken. Man muss deshalb nicht gleich von einem Ausverkauf in Gladbach ausgehen, die Verhandlungsbasis für Eberl würde sich dadurch aber ganz sicher nicht verbessern.

Immerhin ist nicht zu befürchten, dass der eine oder andere Spieler demnächst in Schwarz und Gelb aufläuft: Marco Rose hat ja schon hoch und heilig versprochen, keinen seiner Spieler im Sommer mit nach Dortmund zu nehmen.

Verwendete Quellen:
  • Kicker: "Wir können jetzt nicht davon reden, die Saison zu Ende zu bringen"
  • rp-online: "So ordnet Gladbach Pokal-Aus und Leistung gegen den BVB ein"
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