Jürgen Klopp hat beim FC Liverpool Stars entwickelt, den Wert der Mannschaft fast verdoppelt und mit dem Gewinn der Champions League nun auch seinen persönlichen "Final-Fluch" bezwungen. Und selbst auf dem Höhepunkt seiner Karriere denkt der deutsche Trainer nicht an sich selbst.

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Im Moment seines grössten Erfolges behielt Jürgen Klopp Haltung. Als das Champions-League-Finale zwischen dem FC Liverpool und Tottenham Hotspur (2:0) am Samstagabend kurz vor 23 Uhr abgepfiffen wurde, ging er zunächst zum gegnerischen Trainer Mauricio Pochettino und umarmte ihn. Es dauerte einige Zeit, bis die grosse Freude aus Klopp herausbrauch. Fast so, als könnte er es selber kaum glauben.

Nach knapp vier Jahren Amtszeit hat der gebürtige Stuttgarter seinen ersten Titel mit dem FC Liverpool gewonnen. "Jürgen Klopp hat sich heute die Krone aufgesetzt. Er hat sich in die Geschichte des FC Liverpool eingetragen. Das werden ihm die Leute nicht vergessen", sagte Sky-Experte Dietmar Hamann nach einem eher durchwachsenen Champions-League-Finale.

"Für mich ist Jürgen Klopp jetzt schon der Trainer des Jahres, er wird ganz sicher von der FIFA gewählt", fügte Lothar Matthäus hinzu. Noch wichtiger als die mögliche Auszeichnung ist, dass Klopp seinen persönlichen "Final-Fluch" durchbrochen hat.

"Final-Fluch": Jürgen Klopp verlor sechs Endspiele in Folge

Jener "Fluch" begann 2013, als Klopp mit Bundesligist Borussia Dortmund das Champions-League-Finale gegen den FC Bayern München verlor. Ein Jahr später ergab sich im DFB-Pokalfinale die gleiche Paarung - wieder mit dem glücklicheren Ende für den deutschen Rekordmeister. 2015 stand Klopp erneut im deutschen Pokalfinale, verlor aber sein letztes Spiel als BVB-Trainer gegen den VfL Wolfsburg.

Die Final-Niederlagen-Serie verfolte den deutschen Trainer auch auf der Insel beim FC Liverpool. Das Liga-Cup-Finale 2016 mussten Klopps "Reds" im Elfmeterschiessen gegen Manchester City hergeben, kurz darauf das Europa-League-Finale gegen den FC Sevilla. 2018 erreichte Liverpool das Champions-League-Finale, verlor aber aufgrund zweier Patzer von Torwart Loris Karius.

Klopp nahm seine Endspiel-Misere mit Humor. "Wenn der liebe Gott mich dafür braucht, um zu zeigen, dass jemand sechs Endspiele in Folge verliert und er es tatsächlich auch noch ein siebtes Mal versucht, dann bin ich die perfekte Person dafür", sagte er gegenüber der Deutschen Welle.

FC Liverpool in der Liga mit 97 Punkten nur Zweiter geworden

Selbst in der englischen Liga musste Klopp seinen Kontrahenten beim Jubeln zusehen. Eine Mega-Ausbeute von 97 Punkten genügte nicht zum Meistertitel, weil Manchester City letztlich einen Punkt mehr auf dem Konto hatte. In 25 der vorherigen 26 Premier-League-Spielzeiten wären die 97 Punkte gleichbedeutend mit der Meisterschaft gewesen.

Es schien fast so, als sollte es mit Klopp und den Titeln einfach nicht mehr klappen. Dabei hatte er sich bei seiner Vorstellung als Liverpool-Trainer im Oktober 2015 selbst unter Druck gesetzt, als er sagte: "Wenn ich in vier Jahren immer noch hier sitze, dann haben wir einen Titel gewonnen. Da bin ich mir ziemlich sicher."

Diese Aussage hätte ihn noch lange verfolgt, wäre der Titelgewinn am Samstagabend erneut ausgeblieben. Umso wichtiger also war der Triumph in Madrid. "Ich bin super glücklich, super stolz, dass es nun endlich geklappt hat", sagte Klopp bei Sky und fügte hinzu: "Das ist die maximale Erleichterung."

Michael Ballack: Jürgen Klopp steht für Nachhaltigkeit

Genau genommen geht der Erfolg von Klopp weit über den Titelgewinn hinaus. "Was stehenbleibt, ist die Nachhaltigkeit", sagt Ex-Nationalspieler Michael Ballack bei Sky.

"Jürgen Klopp hat Grossartiges geschaffen - letztes Jahr, dieses Jahr. Er hat Spieler zu dieser Mannschaft geholt, die noch nicht absolute Weltklasse waren, aber die sich in Liverpool zu Weltklasse-Spielern entwickelt haben. Spieler, die noch einen Schritt machen konnten. Dafür hat er in den letzten vier Jahren ein Auge gehabt", so Ballack.

Gemeint sind "Ball-Künstler" wie Sadio Mane, Mohamed Salah oder Roberto Firmino, die derzeit das wahrscheinlich beste Offensiv-Trio der Welt bilden. Doch Klopp hat nicht nur die Stars aus der ersten Reihe, sondern auch die Akteure dahinter vorangebracht.

Joel Matip und Divock Origi: Ex-Bundesliga-Spieler bezwingen Europas Thron

Spieler wie der Ex-Schalker Joel Matip oder Final-Torschütze Divock Origi gingen als Ersatzspieler in die abgelaufene Saison, haben sich unter dem deutschen Trainer dennoch weiterentwickelt und waren zur Stelle, als sie in die Startelf rutschten. "Klopp hat ein Gefühl dafür, wann er einen Spieler braucht", lobt Ballack.

Besonders beachtlich: Klopp hat Liverpool an die europäische Spitze geführt, ohne den Verein dafür in Unkosten zu stürzen. In den vergangenen drei Spielzeiten hat Liverpool laut transfermarkt.de zwar rund 436 Millionen Euro in neue Spieler investiert, allerdings auch etwa 318 Millionen Euro durch Ablösesummen generiert - ergibt ein Transferminus von 117,6 Millionen.

Zum Vergleich: Manchester City verbucht im selben Zeitraum ein Transferminus von 427,29 Millionen Euro. Trotzdem hat der diesjährige englische Meister unter Trainer Pep Guardiola nie das Champions-League-Endspiel erreicht.

"Reds"-Marktwert unter Jürgen Klopp auf 1,9 Milliarden gestiegen

Auch wirtschaftlich ist die Amtszeit von Klopp ein maximaler Erfolg. Das deutsche "Manager Magazin" hat errechnet, dass der Marktwert des FC Liverpool seit der Verpflichtung von Klopp um 98 Prozent auf 1,9 Milliarden Euro gestiegen ist. Klopp weiss um solche Bilanzen, schenkt ihnen aber wohl keinen allzu grossen Wert. Für den 51-Jährigen ist es bedeutsamer seiner Frau Ulla etwas Goldenes überreichen zu können - was er nun endlich machen kann.

"Meine Familie ist immer mit der Silbermedaille in den Urlaub gefahren, was auch nicht so cool ist", sagte Klopp in Anlehnung auf die sechs verlorenen Endspiele. "Wenn wir verloren haben, hat meine Familie mehr gelitten als ich. Ich bin froh, dass ich meiner Frau nun die Goldmedaille schenken kann."

Verwendete Quellen:

  • dw.com: Jürgen Klopp: "Wenn du gut bist, bist du der Held"
  • transfermarkt.de: FC Liverpool Alle Transfers
  • transfermarkt.de: Manchester City Alle Transfers
  • Deutsche Presse Agentur
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