Mario Götze hat beim 6:0 gegen Legia Warschau in der Champions League sein erstes Tor für Borussia Dortmund geschossen und gezeigt, dass er nach seiner Rückkehr eine tragende Rolle beim BVB einnehmen kann. Trotzdem waren das bisher nur die ersten zaghaften Schritte auf dem langen Weg zurück zu alter Stärke.
Klar, der Gegner war schwach. So schwach sogar, dass man sich schon wundern musste, wie um alles in der Welt es Legia Warschau in die Champions League schaffen konnte. Der polnische Double-Sieger erwies sich am Mittwochabend noch nicht mal als Sparringspartner für Borussia Dortmund. Deren Spieler werden in jedem Training untereinander mehr gefordert, als es gegen Legia der Fall war.
BVB ballert sich zum Champions-League-Rekord
30 Torschüsse gab die Borussia ab, das ist Champions-League-Rekord. Warschau kam auf kümmerliche zwei Versuche. Am Ende war das 0:6 aus polnischer Sicht sogar noch schmeichelhaft.
Die Partie hätte problemlos auch zweistellig ausgehen können. "Es war von der Qualität her eben nicht Real Madrid", stellte Dortmunds Trainer Thomas Tuchel fest. Keiner wollte ihm widersprechen.
Nun ist es aber so, dass sich Legia qualifiziert hat und dass diese Partie in Warschau ganz offiziell als eine aus der Champions-League-Saison 2016/17 geführt wird. Es ist also nichts Verwerfliches daran, sich über einen Kantersieg zum Auftakt zu freuen. Und darüber, dass
Götze war es, der die Weichen für die Borussia schon früh auf Sieg stellte. Eine wunderbar getimte Flanke, ein schlauer Laufweg Götzes zwischen den beiden Innenverteidigern hindurch, ein satter Kopfball des nicht eben als Kopfballspezialist bekannten Götze und fertig war ein Tor, das von einigen wie eine Erlösung gefeiert wurde.
Als wäre Mario Götze nie weggewesen
"Es war fast so, als wäre er nie weggewesen", übertrieb BVB-Boss Hans-Joachim Watzke ein wenig. Offenbar beeindruckt von Götzes erstem Pflichtspieltor für den BVB nach 1.250 Tagen.
"Es freut mich ungemein für Mario. Er ist auf einem guten Weg", sagte
Götze selbst wusste mit seiner Leistung gegen Legia vernünftig umzugehen und diese einzuordnen. "Es war ein Tor für die Mannschaft, ein Tor für den Verein und für die Champions League. Das ist mir definitiv wichtiger als meine eigene Leistung. Die drei Punkte waren das Wichtigste. Dass ich persönlich der Mannschaft helfen konnte, war umso schöner."
Allerdings verbat sich der 24-Jährige auch zu kritische Nachfragen nach seiner jüngeren Vergangenheit und ob dieses Tor jetzt so etwas wie ein Signal zum Auftakt in eine bessere Zukunft sein könnte. Götze lächelte zwar fast vor jeder seiner Antworten, aber es war nicht immer ein Lächeln des Glücks, sondern eher sarkastisch und misstrauisch der gestellten Frage gegenüber.
"Ich fühle mich gut, ich freue mich auf jedes Spiel. Es ist immer noch Luft nach oben", sagte er also. Und im Gespräch mit "Sky" wunderte er sich über die Darstellung, er wirke jetzt gelöster, in der Zeit vor seiner Rückkehr nach Dortmund wäre vieles nicht so optimal gelaufen.
Götze versprüht Gleichgültigkeit und Charme
Götze versucht mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und Charme, die schwierigen letzten Monate auszublenden und verspürt wenig Lust, über seine Vergangenheit zu sprechen. Viel lieber redet er über die Gegenwart und die hält in Dortmund eine entscheidende Veränderung parat.
Beim BVB darf Götze im offensiven Mittelfeldzentrum ran. Nicht wie bei den Bayern auf dem Flügel oder als einziger Stürmer, oder wie in der Nationalmannschaft als falsche Neun. Sondern da, wo er sich selbst am besten aufgehoben sieht.
"Ich kann viele Positionen spielen, aber ich fühle mich im Zentrum am wohlsten. Das steht ausser Frage. Der Trainer vertraut mir auf dieser Position, ich weiss, was er von mir fordert und versuche, das Bestmöglich umzusetzen", sagt er. Dazu kommt, dass Götze in Dortmunds Rasselbande mit seinen 24 Jahren schon so etwas wie der Alterspräsident im Mittelfeld ist.
Er leitet die noch jüngeren Christian Pulisic (17), Ousmane Dembele (19) und Raphael Guerreiro (22) gut an. Besonders mit Guerreiro, der etwas überraschend auf der Achterposition im linken Mittelfeld auflaufen durfte, versteht sich Götze sehr gut.
"Gute Fussballer verstehen sich eben, auch wenn sie noch nicht unbedingt die gleiche Sprache sprechen", sagte Zorc. Aber auch dem Sportdirektor ist klar, dass für Götze der Weg hin zur Bestform noch ein langer werden könnte. "Er braucht noch ein bisschen körperliche Widerstandsfähigkeit, um auch 90 Minuten Vollpower zu gehen."
Mit seinem Tor - und nach Leipzig der zweiten sehr ansprechenden Leistung - hat sich Mario Götze definitiv zurückgemeldet. Im Gästeblock in Warschau, der gespickt war mit BVB-Ultra-Gruppierungen, die Götzes Rückkehr - vorsichtig formuliert - skeptisch gegenüberstehen, war sein Tor mit Wohlwollen goutiert worden. Das war so nicht zu erwarten.
Mario Götze hat die ersten zaghaften Schritte gemacht, der Anfang zurück in eine gewisse Normalität ist vollbracht. Jetzt enden vielleicht dann auch das Gerede und die Kritik der letzten Wochen. Es wird Zeit, dass man Mario Götze in Ruhe lässt. Und dass er sich darauf konzentriert, was er am besten kann: Einfach nur Fussball spielen.
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