Trotz des 8:2 gegen Barcelona warnte Bayern-Trainer Hansi Flick kurz vor dem Anpfiff: "Wir fangen wieder bei Null an." Nach einer Schrecksekunde zu Beginn entschieden die Münchner das Halbfinal-Duell mit Olympique Lyon diesmal dank individueller Klasse.
Angetrieben vom brillanten Doppeltorschützen
Das Team von
Flick: Anfangsphase "mit Glück überstanden"
Fünf Tage nach dem 8:2 im Viertelfinale gegen den FC Barcelona war es gegen Favoritenschreck Lyon vor allem eine Gnabry-Gala. Der Nationalspieler ebnete seiner Mannschaft den Weg ins sechste Champions-League-Finale mit einem Traumtor aus rund 18 Metern (18. Minute) und einem Abstauber-Treffer (33.). "Ich bin froh, dass der so reinging", sagte Flick über das erste Tor. "Das hat uns auch ein bisschen mehr Sicherheit gegeben."
Nach der Pause verhinderte Bayern-Torwart
Bayerns
Flick vertraute den Barcelona-Bezwingern - die nach weniger als fünf Minuten aber schon fast geschockt worden wären. Nach einem Ballverlust von Thiago im Mittelfeld lief Olympique-Kapitän Memphis Depay alleine auf Bayern-Torwart Manuel Neuer zu, traf aber nur das Aussennetz (4.). Noch näher an der Führung war der stets gefährliche Ekambi, der aus kurzer Distanz am Pfosten scheiterte (17.).
"Wir fangen wieder bei Null an", hatte Flick unmittelbar vor dem Anpfiff im TV-Sender Sky gewarnt und verraten, dass er mit dem Training am Vortag "nicht ganz so zufrieden" gewesen sei.
Rückstand demoralisierte Lyon merklich
Dies konnte er mit der ersten Viertelstunde der Partie auch nicht sein. Zwar hatte Leon Goretzka nach feinem Zusammenspiel mit Robert Lewandowski in der elften Minute die erste Bayern-Chance, doch den Bayern war am Anfang die Fallhöhe deutlich anzumerken. Als turmhoher Favorit in das Spiel gegangen, fehlten zunächst Lockerheit, Leichtigkeit und Präzision. Der frühere französische Serienmeister dagegen agierte couragiert und aufsässig und schien den Schwung aus dem Viertelfinal-Sieg gegen Manchester City mitgenommen zu haben.
Doch dann zauberte Gnabry zum ersten Mal - und der Rückstand demoralisierte Lyon merklich. Von der rechten Seite zog der extrem dynamische und explosive Nationalspieler nach innen, schüttelte mehrere Gegenspieler ab und traf nach einem tollen Solo sehenswerte in die obere Torecke. Die geniale Einzelleistung Gnabrys, der beim 7:2 gegen Tottenham Hotspur in der Gruppenphase bereits viermal getroffen hatte, brachte die Bayern auf den ersehnten Finalkurs.
Gnabry mit neuntem Champions-League-Tor
Angetrieben vom herausragenden Gnabry erlangten die Münchner ihre Souveränität vom Barcelona-Spiel. Das 2:0 leitete Gnabry selber ein. Der 25-Jährige spielte Ivan Perisic frei, dessen Hereingabe schon Lewandowski hätte verwerten müssen. Der polnische Torjäger scheiterte aus kurzer Distanz an Olympique-Keeper Anthony Lopes, was Gnabry sein neuntes Champions-League-Tor dieser Spielzeit ermöglichte.
Lyon war der Schwung nun etwas genommen, der deutsche Double-Sieger kontrollierte weitgehend das Geschehen im quasi leeren Stadion - geriet jedoch hin und wieder durch das extrem hohe Verteidigen in Gefahr. Nach der Pause ersetzte Niklas Süle in der Abwehr Jérôme Boateng, was als Vorsichtsmassnahme für das Endspiel gedeutet werden könnte. Perisic hatte das 3:0 auf dem Fuss, sein Abschluss aber geriet zu schwach (51.). Ein wenig sorglos gingen die Bayern nun ihrer Tätigkeit nach und hatten Glück, dass Neuer nach einer knappen Stunde zur Stelle war. Flick versuchte es mit neuen Offensiv-Impulsen und brachte Kingsley Coman (63.) und Philippe Coutinho (76.).
Beide bescherten tatsächlich frischen Schwung, doch in der Abwehr leisteten sich die Münchner nun noch die eine oder andere Nachlässigkeit - die aber nicht mehr bestraft wurden. Im Gegenteil: Lewandowski beseitigte mit seinem späten Treffer alle Zweifel. (Klaus Bergmann/Wolfgang Müller/dpa/ash)
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