"Deutschland gegen England": So lässt sich die Gruppenauslosung der Champions League zusammenfassen. Allerdings erwartet die deutschen Vertreter natürlich noch weit mehr als nur die englische Premier League: gefährliche Italiener, Ukrainer im Umbruch und ein Exot, der gar nicht mehr so exotisch ist.
Zwölf Jahre ist es her, dass die Bundesliga vier Mannschaften in den Kampf um die Krone Europas schicken konnte. Jetzt ist die Liga abermals mit vier Teams im wichtigsten Vereinswettbewerb der Welt vertreten - und die Auslosung zur Gruppenphase hat es im Grossen und Ganzen gut mit den Klubs aus Deutschland gemeint.
Natürlich steht über allem der ewig junge Vergleich mit den Vereinen aus der Premier League. Das Duell Deutschland gegen England gibt es in jeder Gruppe – und zugleich dürften damit auch schon jeweils die beiden grössten Favoriten aus der jeweiligen Staffel genannt sein.
Titelverteidiger Bayern München bekommt es in Gruppe D mit Manchester City zu tun. Die Citizens haben in der Königsklasse in den letzten beiden Jahren schlicht versagt und mussten zweimal bereits nach der Vorrunde die Segel streichen. Trotzdem müssen die Münchner sich vor ManCity, immerhin englischer Meister der Saison 2011/2012, in Acht nehmen, denn an hochklassigen Spielern mangelt es den Briten beileibe nicht.
ManCity grösster Bayern-Konkurrent
Mit dem Italiener Roberto Mancini auf dem Trainersessel gelang zwar der erste nationale Titelgewinn nach 44 Jahren, international aber hatte der überragend besetzte Kader nicht das Format, sich gegen die Grossen Europas zu behaupten.
Mit Manuel Pellegrini soll nun der Mannschaft auch eine nachhaltige spielerische Linie vermittelt werden, sodass ManCity nicht mehr nur auf seine individuelle Stärke beschränkt ist. Die wurde freilich auch wieder erhöht, Transfers wie der von Fernandinho, Stevan Jovetic, Jesus Navas und Alvaro Negredo liessen sich die arabischen Eigentümer rund 120 Millionen Euro kosten.
So einfach wie zuletzt dürfte sich City diese Saison also nicht mehr aus der Champions League drängen lassen. Die Engländer sind damit Münchens schärfster Konkurrent.
Dahinter sollte sich ZSKA Moskau zumindest Platz drei und damit die Qualifikation zum Trostpreis Europa League erkämpfen. Die Russen sind nach etlichen Jahren mal wieder Meister in der heimischen Premierliga geworden, international aber seit dem Gewinn im UEFA-Cup 2005 kaum mehr ernsthaft in Erscheinung getreten.
Der Exot, wenngleich jetzt auch schon zum zweiten Mal in der Gruppenphase dabei, ist Viktoria Pilsen. Die Mannschaft aus der tschechischen Stadt des Bieres ist der krasse Aussenseiter. Selbst Platz drei wäre eine Überraschung - der Durchmarsch in die K.o.-Runde nichts anderes als eine Sensation.
Leverkusen kämpft wohl um Platz zwei
Deutlich schlimmer als die Bayern hat es Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund erwischt. Bayer hat Manchester United vor der Brust, zum Start geht es gleich mal ins Old Trafford, Manchesters legendäres Stadion. United dürfte trotz des Trainerwechsels von Sir Alex Ferguson zu David Moyes und ein paar Anlaufschwierigkeiten in der Liga der Favorit der Gruppe A sein. Dahinter sollte sich Bayer mit Schachtjor Donezk um den zweiten Platz streiten.
Die Ukrainer haben in den letzten beiden Jahren wichtige Spieler verloren, unter anderem zuletzt auch Henrikh Mkhitaryan an Borussia Dortmund und Fernandinho an Manchester City.
Donezk steht vor einer Art Umbruch und dürfte damit nicht ganz so stark sein wie in den letzten Jahren. Eine ganze Reihe neuer Brasilianer muss integriert werden. Schachtjor ist damit für Leverkusen in dieser Saison durchaus zu packen.
San Sebastian ist für Überraschung gut
Wie gut Real Sociedad San Sebastian, Leverkusens dritter Gegner, sein wird, lässt sich langsam erahnen. Die Basken spielen einen unangenehmen Fussball, setzten sich in der spanischen Liga in der letzten Saison mit ihrem vergleichsweise bescheidenen Budget gegen Grössen wie Valencia, Malaga oder Sevilla durch und wurden überraschend Vierter.
In den Playoffs fertigte die Mannschaft von Trainer Jagoba Arrasate keinen geringeren als Olympique Lyon mit zwei sicheren 2:0-Siegen ab. Real Sociedad hat kaum Ausländer im Kader und keinen einzigen namhaften Spieler. Die Mannschaft kommt komplett über das Kollektiv - was San Sebastian auch für Bayer Leverkusen sehr gefährlich machen dürfte.
Der BVB bekommt es angesichts von Olympique Marseille und dem FC Arsenal gleich mit zwei alten Bekannten zu tun. Vor zwei Jahren schied Dortmund gegen beide Teams sang- und klanglos aus und holte in den vier Partien lediglich einen mickrigen Punkt. Jetzt ist die Zeit der Revanche gekommen. "Nun bietet sich uns die Gelegenheit, gegen die Kontrahenten von 2011 zu zeigen, dass wir uns weiterentwickelt haben", sagt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Zumal beide Klubs schon bessere Zeiten erlebt haben. OM hat eine solide Truppe beisammen, es fehlt dem Team aber letztlich doch an der absoluten individuellen Spitzenklasse im Kader. Da sollte Dortmund schon klar im Vorteil sein. Auch Arsenal ist eher auf der Suche nach sich selbst als ein Titel-Anwärter. Trotzdem sollte Arsene Wengers Mannschaft der Hauptkonkurrent um Platz eins sein.
Neapel immer noch heiss
Auf gar keinen Fall zu unterschätzen ist der dritte Gruppengegner Dortmunds, der SSC Neapel. Napoli hat vor zwei Jahren schon Champions-League-Luft schnuppern dürfen und sich dabei in der Bayern-Gruppe sehr gut verkauft. Zwar fehlt in Edinson Cavani mittlerweile der überragende Torjäger, die Süditaliener bedienten sich aber reichlich bei Real Madrid, um den Weggang ihres Stars zu kompensieren.
Gonzalo Higuain, Raul Albiol und Jose Maria Callejon kamen für insgesamt rund 60 Millionen. Napoli ist eine gefährliche Unbekannte in Gruppe F. Trotzdem muss es für den letztjährigen Finalisten Dortmund am Ende zu Platz eins oder zwei reichen.
Keine Angst vor Basel und Bukarest
Deutlich leichter als den BVB hat es Schalke 04 in Gruppe E getroffen. Mit dem FC Chelsea dürfte der Favorit schnell ausgemacht sein, dahinter hat dann aber auch schon Schalke beste Chancen auf Platz zwei.
Chelsea hat sich sehr ordentlich verstärkt, mit der Königspersonalie Jose Mourinho auch wieder einen neuen, alten Trainer an der Seitenlinie. An den Londonern wird in Sachen Gruppensieg kaum ein Weg vorbei führen.
Vor dem FC Basel und Steaua Bukarest muss sich Schalke indes auf keinen Fall fürchten. Zwar sind die Schweizer immer mal wieder in der Königsklasse zu Gast und warfen bei ihrem letzten Auftritt Manchester United in der Gruppenphase aus dem Wettbewerb. Basel hat in sechs Partien aber nicht das Format, mehr Punkte zu sammeln als die Königsblauen.
Ähnlich verhält es sich mit Steaua Bukarest. Der Glanz der goldenen 80er Jahre ist in Rumäniens Hauptstadt längst verblichen, und trotz stolzer Gehälter hat Steaua im internationalen Vergleich eher eine Mannschaft mit Europa-League-Niveau beisammen. Schalke muss und wird sich auch gegen Steaua durchsetzen und am Ende hinter Chelsea in die K.o.-Phase einziehen.
Austria Wien das erste Mal seit 20 Jahren wieder dabei
Darauf hat das einzige CL-Team aus dem Nachbarland Österreich wohl keine Chance. Austria Wien ist wie Pilsen krasser Aussenseiter im Konzert der Grossen. Die Violetten setzten sich denkbar knapp gegen Dinamo Zagreb durch und spielen erstmals seit 20 Jahren wieder in der Königsklasse mit.
Mit dem heiss begehrten Philipp Hosiner hat die Austria zwar einen Top-Torjäger in ihren Reihen, ansonsten sind die Hauptstädter eher ein Team der Namenlosen. Immerhin hat es den österreichischen Meister bei der Auslosung nicht so hart erwischt wie zu befürchten war. Zumindest auf den ersten Blick.
Atletico Madrid, Zenit St. Petersburg und der FC Porto heissen die Gegner. Das ganz grosse Los fehlt, trotzdem duelliert sich die Austria immerhin mit drei der letzten sechs Europa-League-Sieger. Besonders gross dürften die Chancen auf das Achtelfinale nicht sein. Für die Austria heisst Champions League spielen in dieser Saison eher Champions League lernen. Vielleicht springt mit etwas Glück aber Platz drei und die Qualifikation zur Europa League heraus.
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.