Sechs Weltmeister stehen im Kader des FC Bayern München für die kommende Saison. Darauf kann der Deutsche Meister stolz sein. Doch der Titelgewinn bringt auch Nachteile. Die Spieler fehlen während der Saisonvorbereitung. Steht den Münchnern deswegen eine schwere Saison bevor?

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Beim Trainingsauftakt des FC Bayern München am 9. Juli ging es an der Säbener Strasse ungewöhnlich ruhig zu. Zwar konnte der Rekordmeister Neuzugang Robert Lewandowski offiziell in München begrüssen. Ansonsten standen dem Trainerteam aber lediglich sechs weitere Profis zur Verfügung. Mittlerweile kehrten bereits wieder einige WM-Fahrer und Verletzte sowie Transferüberraschung Juan Bernat ins Training zurück. Doch die sieben Weltmeister vom FC Bayern werden erst kurz vor den ersten Pflichtspielen zum Kader dazustossen.

Mit Manuel Neuer, Philipp Lahm, Jerome Boateng, Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos, Mario Götze und Thomas Müller stellte der deutsche Rekordmeister gleich sieben Spieler an den DFB ab. Um Toni Kroos müssen sich die Bayern-Verantwortlichen keine Gedanken mehr machen, der Mittelfeldspieler verliess die Münchner in Richtung Madrid. Doch auch der Brasilianer Dante und der Niederländer Arjen Robben waren bis zum Ende der WM im Einsatz und dürfen nun für drei Wochen in den Urlaub. Damit verpasst ein Grossteil der Mannschaft nahezu die komplette Saisonvorbereitung - und zu welchen Problemen der verspätete Trainingseinstieg nach Weltmeisterschaften führen kann, zeigt die Historie.

Blick in die Vergangenheit bereitet Sorgen

Bei der Vize-Weltmeisterschaft 2002 stellte der FC Bayern vier Nationalspieler. Auf den ersten Blick war in der folgenden Bundesligasaison nichts von Erschöpfung oder Trainingsrückstand zu spüren. Mit 16 Punkten Vorsprung wurde der FCB souverän Deutscher Meister. Und auch im DFB-Pokal gelang den Bayern der Sieg. Allerdings blamierte sich die Mannschaft von Ottmar Hitzfeld in der Champions League. Dort schieden die Bayern bereits in der Vorrunde aus. Die Dreifachbelastung war für viele Spieler nach der WM einfach zu viel.

Nach der Heim-WM 2006 kehrten ebenfalls vier Bayern-Spieler verspätet nach München zurück. Diesmal bereitete die verkürzte Vorbereitung den Bayern wesentlich grössere Probleme. Die Mannschaft kam nicht in Form und beendete die Bundesliga am Ende mit zehn Punkten Rückstand auf Meister VfB Stuttgart als Vierter. In der Champions-League war im Viertelfinale gegen den AC Mailand Schluss. Und im Pokal blamierten sich die Münchner beim Aus im Achtelfinale gegen Aussenseiter Alemannia Aachen.

2010 war die Situation noch prekärer. Im DFB-Kader für Südafrika standen mit Hans-Jörg Butt, Holger Badstuber, Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Miroslav Klose, Thomas Müller und Mario Gomez gleich sieben Bayernprofis. Nach dem Turnier hatten die Münchner erneut grosse Schwierigkeiten ihre Form zu finden. Nach schwachen Auftritten in der Bundesliga wurde Trainer Louis van Gaal beurlaubt. Interimstrainer Andries Jonker rettete am Ende immerhin noch den dritten Platz. In der Champions League schieden die Bayern bereits im Achtelfinale aus. Weil die Münchner im DFB-Pokal im Halbfinale ausgeschieden waren, blieb die Saison titellos.

Drohen jetzt die gleichen Probleme?

Vier Jahre später ist die Situation ähnlich. Die sechs deutschen Nationalspieler plus Dante und Arjen Robben werden erst eine Woche vor dem ersten Pflichtspiel (am 13. August im Supercup gegen Borussia Dortmund) an die Säbener Strasse zurückkehren. Das Dilemma dabei: Der dreiwöchige Urlaub ist absolut nötig, um sich von den Strapazen der WM zu erholen. Andererseits verpassen die Spieler so nicht nur unzählige Trainingseinheiten, sondern auch alle sechs Testspiele sowie die einwöchige USA-Reise.

An eine ordentliche Saison-Vorbereitung ist für Trainer Pep Guardiola nicht zu denken. Zwar muss er nach der Vorsaison kein komplett neues Spielsystem einüben, doch taktische Feinheiten und Automatismen können zum Saisonstart noch nicht greifen. Darüber hinaus wird der Trainer zwei Gruppen mit unterschiedlichem Fitness-Niveau vorfinden, die es anzugleichen gilt.

Viel Zeit dazu hat der FC Bayern nicht. Gleich zu Beginn geht es Schlag auf Schlag. Vier Tage nach dem Supercup müssen die Bayern in der ersten Runde des DFB-Pokals zum Drittligisten Preussen Münster. Am 22. August beginnt schliesslich die Bundesligasaison mit dem Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg. Ab September kommt dann die Champions League hinzu.

Auch Dortmund ist geschwächt

Neben dem körperlichen Aspekt spielt auch die Psyche eine Rolle. Gut möglich, dass einige Spieler Probleme mit der Motivation haben. Nach den Erfahrungen in Brasilien wird es für die Weltmeister sicherlich nicht leicht, sich auf Auswärtsspiele in Paderborn oder Freiburg vorzubereiten.

Die Sorgen der Bayern können der Konkurrenz Mut machen. Die Verfolger hoffen auf ihre Chance. Doch ausgerechnet Bayernjäger Nummer eins, Borussia Dortmund, hat nach der WM mit den gleichen Sorgen zu kämpfen. Der BVB hat mit Mats Hummels, Erik Durm, Kevin Grosskreutz, Roman Weidenfeller und Neuzugang Matthias Ginter ebenfalls einige Weltmeister im Kader. Auch diese werden von den "Bayern-Schwierigkeiten" nicht verschont bleiben.

Einen Alleingang der Bayern oder "spanische Verhältnisse" mit zwei uneinholbaren Topteams wird es in der Bundesligasaison 2014/2015 vermutlich nicht geben, die WM könnte damit für eine spannendere Saison als im Vorjahr sorgen.

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