• Der Verteidiger Simon Lorenz tritt am Samstag im DFB-Pokalhalbfinale mit Holstein Kiel bei Borussia Dortmund an.
  • Der Zweitligist hat im DFB-Pokal bereits den FC Bayern München bezwungen.
  • Im exklusiven Interview spricht Lorenz über das Duell mit dem BVB, die Quarantänen und den zukünftigen Bayern-Trainer Julian Nagelsmann.
Ein Interview

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Herr Lorenz, was stimmt Sie zuversichtlich, dass die Sensation gegen Borussia Dortmund gelingt und Holstein Kiel in das Pokalfinale einzieht?

Simon Lorenz: Wir haben in dieser Saison schon viele schwierige Herausforderungen gemeistert. Wir sind uns bewusst, dass das eine sehr schwierige Aufgabe wird. Aber ich glaube, dass wir mit unserer Spielidee für jeden Gegner zumindest unangenehm sein können.

Im Januar hat Ihre Mannschaft im Pokal bereits den FC Bayern München im Elfmeterschiessen bezwungen. Welche Erkenntnisse können Sie daraus mit in das Spiel gegen Dortmund nehmen?

Das Spiel hat gezeigt, dass wir jede Mannschaft fussballerisch bespielen und solche Herausforderungen meistern können. Aber wir sind uns bewusst, dass der damalige Sieg gegen den FC Bayern München nun keine Rolle mehr spielt. Das Halbfinale in Dortmund wird eine ganz neue Herausforderung.

Als Innenverteidiger wird es auch Ihre Aufgabe sein, den BVB-Stürmer Erling Haaland zu stoppen. Wie möchten Sie das anstellen?

Erling Haaland hat eine brutale Power. Er macht viele sehr gute Laufwege in die Tiefe und hat die Gier, unbedingt ein Tor machen zu wollen. Umso wichtiger ist es, dass wir uns gegen so einen Top-Spieler gegenseitig unterstützen. Wir müssen versuchen, seine Stärken einzuschränken, indem wir die Tiefe gut absichern. Klar ist aber auch, dass man gegen so einen Spieler ein wenig Glück braucht.

Das Spiel findet in Dortmund vor leeren Rängen statt. Macht es ohne Zuschauer überhaupt einen Unterschied, ob man daheim oder auswärts spielt?

Es macht vielleicht einen kleinen Unterschied, weil man als Auswärtsmannschaft die Anreise hat und die Platzgegebenheiten nicht so gut kennt. Jeder Platz ist ein bisschen anders. Manchmal ist der Rasen etwas besser oder schlechter, manchmal tiefer oder fester. Wenn man den Platz kennt, kann man sich darauf einstellen. Ich muss zugeben, dass das Herz schon ein bisschen blutet. Es wäre ein absolutes Highlight gewesen, in Dortmund vor 80.000 Zuschauern zu spielen.

Holstein Kiel musste innerhalb kürzester Zeit zweimal in Quarantäne und hat nun einen sehr engen Spielplan. Wie stark fühlen Sie sich dadurch benachteiligt?

Uns fehlen vier Wochen Training. Aber ich möchte gar nicht viel von den Nachteilen sprechen. Wir haben versucht, die Situation bestmöglich anzunehmen. Irgendwie ist es für einen Spieler auch geil, nun alle drei Tage ein Pflichtspiel zu haben. Jeder Spieler hat sich während der Quarantänen bestmöglich fitgehalten. Ich habe viele Stunden auf dem Fahrrad-Ergometer verbracht, war ausserdem gelegentlich auf dem Balkon und habe dort Seilspringen oder andere Übungen gemacht. Insgesamt war unsere Mannschaft die komplette Saison sehr fit. Daher bin ich zuversichtlich, dass wir unsere Fitness nicht verloren haben.

Holstein Kiel steht in der 2. Bundesliga auf dem 4. Tabellenplatz, hat allerdings noch mehr Spiele zu bestreiten als die Konkurrenz. Wie schätzen Sie die Situation im Aufstiegskampf ein?

Wir sind im Aufstiegskampf mittendrin und haben den Aufstieg in der eigenen Hand. Auch wenn es langweilig klingt: Wir müssen uns auf jedes einzelne Spiel konzentrieren und versuchen, so viele Punkte wie möglich zu holen.

Holstein Kiel galt vor der Saison nicht unbedingt als der logische Aufstiegskandidat. Was macht Ihre Mannschaft so stark?

Zunächst einmal haben wir eine gute fussballerische Qualität im Kader. Dann haben wir in unserem Spiel eine gute Struktur und gute Abläufe – sowohl offensiv wie auch defensiv. Wichtig sind auch unser Teamspirit und die gute Atmosphäre innerhalb der Mannschaft. Wir verstehen uns alle aussergewöhnlich gut. Gerade in dieser Saison, in der einen die Fans nicht unterstützen können und der Rhythmus durch die Quarantänen mehrfach gestört wurde, kann das ausschlaggebend sein.

Sie haben bei der TSG Hoffenheim 1899 in der Jugend unter Julian Nagelsmann gespielt. Später gaben Sie unter ihm auch Ihr Profidebüt in der Europa League. Ab der kommenden Saison wird er den FC Bayern München trainieren. Welche Erinnerungen haben Sie an Nagelsmann?

Es überrascht mich nicht, dass er bei einem Weltklasse-Verein gelandet ist. Julian Nagelsmann ist ein aussergewöhnlicher Trainer, der die einzelnen Spieler besser macht. Bei jeder Station war klar ersichtlich, dass er die Mannschaft weiterentwickelt hat. Er ist taktisch aussergewöhnlich gut, kann brutal gut die Gegner analysieren und seine Mannschaft super auf das Spiel einstellen. Er ist ein guter Motivator, der seine Mannschaft vor dem Spiel noch einmal richtig heiss machen kann. Was ihn allerdings besonders auszeichnet, ist die Trainingsarbeit. Er arbeitet mit den Spielern sehr akribisch, ist sehr detailversessen und zudem sehr kreativ. Er findet immer wieder neue Möglichkeiten, um seine Spieler zu fordern. Genau das macht die einzelnen Spieler und somit auch die gesamte Mannschaft besser.

Über den Gesprächspartner: Simon Lorenz ist 24 Jahre alt und entsprang der Nachwuchsabteilung der TSG Hoffenheim 1899. Der Verteidiger gab sein Profidebüt für Hoffenheim unter Julian Nagelsmann in der Europa League, spielte ausserdem für den VfL Bochum, den TSV 1860 München und seit Sommer 2020 für Holstein Kiel.
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