- Das Viertelfinale des DFB-Pokals ist für den Fussball der Frauen ein grosser Erfolg – und kann teilweise auch ein Vorbild für die zukünftige Bundesliga sein.
- RB Leipzig wird für eine Überraschung gefeiert, die gar nicht so überraschend war – und zeigt damit eine Doppelmoral auf. Der VfL Wolfsburg dominiert indes weiterhin den Pokal.
- Der FC Bayern muss sich bis zum Halbfinale noch ordentlich strecken – denn das verspricht einige Highlights.
Die vier Viertelfinal-Paarungen im DFB-Pokal der Frauen enden jeweils mit deutlichen Ergebnissen. Trotzdem war es ein unterhaltsamer Fussballabend, der auf vielen Ebenen ein weiterer Schritt in die richtige Richtung für den Fussball der Frauen ist. Fünf Pokal-Erkenntnisse.
Erste Konferenz ist ein Erfolg für den Fussball der Frauen
Einer der grossen Gewinner dieser DFB-Pokalrunde ist der Fussball der Frauen. Das liegt massgeblich daran, dass der Pay-TV-Sender Sky die Ansetzung der vier Viertelfinal-Spiele an einem Tag perfekt genutzt hat. Vor dem Abendspiel zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Bayern München wurden die restlichen drei Spiele allesamt um 18.00 Uhr angepfiffen.
Und so kam es zur ersten Konferenz in der Geschichte des Fussballs der Frauen. Vier Tore in Köln, weitere vier in Jena und insgesamt sieben in Leipzig – satte 15 Treffer konnten die Zuschauerinnen und Zuschauer somit innerhalb von 90 Minuten bestaunen. Sowieso gab sich der Rechteinhaber an diesem Tag besonders viel Mühe, aus diesem Viertelfinale möglichst viel herauszuholen: Hohe Qualität in der Berichterstattung mit gut vorbereiteten Interviews und Einspielern, kompetente Expertinnen und auch mal kritische Nachfragen – beispielsweise als es um die Frage ging, ob es nicht eher kontraproduktiv sei, dass Stephan Lerch bei der TSG Hoffenheim erst im März übernimmt, weil er zuvor Aufgaben in der Jugendakademie der Männerabteilung übernehmen muss.
So muss Fussball präsentiert werden. Gerade im Fussball der Frauen kommt das Drumherum oft zu kurz – wie das Kontrastprogramm im SWR-Stream zeigte. Dort wurde in der Halbzeit des Abendspiels ein Standbild gezeigt, statt das Spiel zu analysieren. Kein Vergleich zur Professionalität, mit der Sky diesen gesamten Abend anging.
Damit hat er auch gezeigt, was in Zukunft möglich ist. Ab der kommenden Saison wird sich der Spielplan der Bundesliga wegen der neuen Verteilung der TV-Rechte verändern. Es wird keine Parallelspiele mehr geben, sondern pro Spieltag sechs Einzelspiele. Ob das der richtige Weg ist, muss sich zeigen. Skepsis ist aber angebracht. Schliesslich sind vor allem die grossen Klubs an der Tabellenspitze die Zugpferde dieser Liga. Eine Konferenz mit dem VfL Wolfsburg, das zeigte dieser Pokalspieltag, könnte attraktiver und erfolgreicher sein.
Zumal sich die 15 Tore in jedem der drei Spiele sehr eindeutig verteilten:
- 4:0 für den VfL Wolfsburg in Köln
- 4:0 für den SC Freiburg bei Carl-Zeiss Jena
- 6:1 für Leipzig gegen die SGS Essen.
Einzeln betrachtet wäre das Interesse an diesen drei Spielen wohl schnell weg gewesen. Als Konferenz boten sie aber grosse Unterhaltung. Darüber sollte der DFB noch einmal genau nachdenken – vor allem in Bezug auf die Zukunft der Bundesliga.
RB Leipzig auf dem Weg nach oben: Keine "Sensation"
Will man Kritik an der Berichterstattung rund um den Pokalabend üben, so bietet sich der Umgang mit RB Leipzig an. Der Zweitligist hat mit 6:1 gegen die SGS Essen gewonnen und dabei nicht nur eine sehr starke Leistung gezeigt, sondern auch die eigenen Ambitionen abermals unterstrichen.
Schon in der vorherigen Runde zeigten sie beim Weiterkommen gegen Eintracht Frankfurt, dass sie absolut tauglich für die Bundesliga sind. In der kommenden Saison werden sie dort sehr wahrscheinlich spielen. Nach 14 Partien und zwölf Siegen stehen sie mit neun Punkten Vorsprung an der Tabellenspitze der 2. Bundesliga. Bereits zwölf Zähler Abstand sind es auf den ersten Nicht-Aufstiegsplatz.
Die Leistung in dieser Saison ist sportlich bemerkenswert und wurde nach dem Einzug ins Halbfinale auch zu Recht hervorgehoben. Gleichzeitig kommt im Fussball der Frauen oft die ebenso berechtigte Kritik am Konstrukt zu kurz. Die undemokratischen Strukturen innerhalb des Klubs geben ihnen einen unfairen Wettbewerbsvorteil – und verdrängen damit Klubs mit traditionellen und demokratischen Strukturen.
Dieser Wettbewerbsvorteil ermöglicht es ihnen auch, die Tabelle in der 2. Bundesliga zu dominieren und im Pokal auch den Bundesligisten auf Augenhöhe zu begegnen. Auf Sky war von einer "Sensation" die Rede, aber das ist diese Leistung nicht. Sie ist das Resultat von guter sportlicher Arbeit einerseits, aber eben auch einem finanziellen Vorteil andererseits, der sich aus fragwürdigen Strukturen ergibt. Gerade die nun offenbarte Diskrepanz zwischen einem Konstrukt wie Leipzig und der SGS Essen als einem der letzten erfolgreichen reinen Frauenfussballvereine sollte zu denken geben.
Vor allem aber sollte das in der Berichterstattung nicht zu kurz kommen. Gerade im Fussball der Frauen ist es wichtig, nicht jeden Schritt nach vorne auch automatisch als ausschliesslich positiv zu bewerten. Leipzig wird zweifellos seinen Beitrag dazu leisten, die Qualität im deutschen Fussball zu verbessern. Gleichzeitig sollte die Kritik, die auch im Fussball der Männer berechtigterweise immer wieder aufkommt, nicht heruntergespielt werden. Es wäre Doppelmoral, das alles zu vergessen, weil der Fussball der Frauen davon profitieren könnte.
VfL Wolfsburg: Wer kann die Wölfinnen stoppen?
43 Pokalspiele in Serie gewonnen, acht Pokalsiege in Serie sind es bereits und der neunte kommt womöglich bald hinzu. Die Dominanz des VfL Wolfsburg geht auch nach dem 4:0-Erfolg beim 1. FC Köln weiter. Und die grosse Frage, wer sie überhaupt stoppen soll, stellt sich bereits vor dem Halbfinale.
Wolfsburg befindet sich in einer herausragenden Form und selbst in den Spielen, in denen sie nicht an ihr Leistungsmaximum kommen, ist die individuelle Qualität zu erdrückend. In der Bundesliga sind sie bereits fünf Punkte vor den Bayern, im DFB-Pokal zeigen sie keinerlei Schwächen.
Dass es auch in dieser Saison schwer werden würde, die Wölfinnen vom Thron zu stossen, war klar. Mit dem SC Freiburg und dem FC Bayern gibt es noch zwei Klubs im Wettbewerb, denen an einem guten Tag alles zuzutrauen ist. Doch der Qualitätsunterschied wurde heute abermals deutlich. So souverän wie Wolfsburg löste kein anderer Klub seine Aufgabe. Es wäre eine Überraschung, würde dieser Titel nicht auch dieses Jahr wieder in die Autostadt gehen.
FC Bayern: Noch nicht im Jahr 2023 angekommen
Der FC Bayern München hat den Anspruch an sich selbst, Wolfsburg zu stoppen. Sie sind zudem das Team, das qualitativ am ehesten an den VfL herankommt. Im Jahr 2023 haben die Münchnerinnen aber noch ihre Probleme. Schon beim 2:1-Sieg gegen Eintracht Frankfurt lief es zum Jahresauftakt nicht durchgehend rund. Es folgte ein 3:0-Pflichtsieg in Potsdam – ebenfalls ohne viel Glanz.
Nun im Pokal folgte ein weiterer Sieg. Mit 2:0 lösten sie das Halbfinalticket bei einer starken TSG Hoffenheim. Alexander Straus freute sich anschliessend bei Sky über eine "gute Kontrolle" seines Teams, merkte aber auch kritisch an, dass es "Probleme im letzten Drittel" gab. Probleme, die sich schon durch die ganze Saison ziehen. Im Angriff sind die Bayern oftmals zu zahnlos. Und so boten sich für Hoffenheim einige Kontergelegenheiten, die sie an diesem Tag aber nicht gut genug ausspielen konnten.
Insbesondere in diesem Jahr fehlt noch der Rhythmus. Der DFB-Pokal ist womöglich die realistischste Titelchance für den FCB. Insofern war das Weiterkommen für die Bayern enorm wichtig. Bis zum Halbfinale ist noch etwas Zeit. Dann aber sollte sich das Team von Straus in einer besseren Verfassung präsentieren, um die grösste Titelhoffnung am Leben zu halten.
DFB-Pokal: Das Halbfinale verspricht Spektakel
Am 5. März wird das Halbfinale ausgelost. Mit dem SC Freiburg, RB Leipzig, Wolfsburg und Bayern stehen jedoch vier Teams in der nächsten Runde, die Spektakel versprechen. Während die drei Bundesligisten für tollen und begeisternden Offensivfussball stehen, ist von Leipzig viel Leidenschaft und Defensivarbeit zu erwarten.
Auch sie konnten gegen Essen aber zeigen, dass sie Qualitäten im Spiel nach vorn haben. Das Viertelfinale des DFB-Pokals war Werbung für den Fussball der Frauen. Auch, weil Sky sich dem mit grosser Ernsthaftigkeit annahm. Das Halbfinale aber hat das Potenzial, diesen unterhaltsamen Fussballabend nochmal zu toppen. Zumal deutlich engere Spiele zu erwarten sind.
- "Sportschau.de":" RB Leipzig - wieder am Kern vorbei – Sportschau, Marcus Bark
- "Zeit.de": RB-Leipzig-Kritik für Anfänger – Zeit Online, Christian Spiller
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