Der Schock: Der FC Bayern München verliert nicht nur das DFB-Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund, sondern auch Arjen Robben und Robert Lewandowski mit schweren Verletzungen. Verteidiger Jerome Boateng spricht auf diesem Portal schonungslos die Schwächen des Rekordmeisters an. Doch auch Coach Pep Guardiola ist mitverantwortlich. Denn mehrere Ursachen der Pleite sind hausgemacht. Eine Analyse.

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"Nur das Triple ist genug!" Das Zitat stammt von Pep Guardiola. Es ist etwas mehr als eine Woche alt. Damals, vor dem Viertelfinal-Rückspiel der Champions League gegen den FC Porto, wollte der katalanische Starcoach den FC Bayern München auf die entscheidenden Wochen einschwören. Meisterschaft, der Titel in der Königsklasse, der Sieg im DFB-Pokal - dieser Dreiklang gehört seit der grandiosen Saison 2012/13 unter Jupp Heynckes zum Selbstverständnis des Rekordmeisters wie das "Mia san mia". Doch misst sich Guardiola an seinen eigenen Vorgaben, so ist der 44-Jährige gescheitert. Schon wieder.

Nach der Niederlage im Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund war’s das mit dem Triple in dieser Spielzeit. Und angesichts mittlerweile verheerender Verletzungssorgen droht auch vor dem Halbfinale der Königsklasse gegen Guardiolas alte Liebe FC Barcelona absehbares Ungemach. Arjen Robben fällt nach einem 16-minütigen Kurzeinsatz mit einem Muskelbündelriss für den Rest der Saison aus. Robert Lewandowski erleidet nach einem Zusammenprall mit BVB-Keeper Mitchell Langerak einen Nasen- und Oberkieferbruch. Doch die Niederlage hat auch hausgemachte Ursachen.

Unnötige Ballverluste, mangelnde Chancenverwertung

Jerome Boateng war nach dem Spiel verständlicherweise angefressen. Der Weltmeister wählte martialische Worte. "Wir hätten den Gegner erledigen können, das haben wir nicht gemacht und das müssen wir uns vorwerfen", sagte der Weltmeister im Gespräch mit diesem Portal und fragte: "Wie viele Torchancen hatte Dortmund bis zum 1:0? Keine!", gab er selbst die Antwort. Der 26-Jährige machte selbstkritisch ein Konzentrationsproblem aus. "Wir sind zu nachlässig. Das ist, was wir uns immer ankreiden lassen müssen", meinte er. "Auch wenn wir führen, verlieren wir viel zu schnell die Bälle und dann ist es zu einfach für den Gegner, sich Torchancen zu erarbeiten." Er und seine Kollegen müssten auch die Chancenverwertung hinterfragen, "weil wir 2:0, 3:0 führen müssen". 19 zu 10 Torschüsse hatte der FC Bayern, machte daraus aber nur ein Tor. "Es ärgert mich. Ich bin sehr, sehr sauer darüber."

Xabi Alonso als Unsicherheitsfaktor auf der Sechs

Nicht nur einen hektischen Ballverlust leistete sich Xabi Alonso. Dass der Spanier ein begnadeter Stratege ist, steht ausser Zweifel. Doch wie schon in Porto bewies der 33-jährige Welt-und Europameister auch gegen den BVB Schwächen in der Rückwärtsbewegung. Die Kritik, er sei zu langsam, verfestigt sich. In der 51. Minute passte er den Ball ohne Not im Spielaufbau zum Gegner. Es folgte der schnelle Ball auf Marco Reus, der aus bester Position knapp scheiterte. Auch angesichts der überschaubaren Bilanz von 54 Prozent gewonnenen Zweikämpfen dürfte sich mancher Bayern-Fan fragen, warum Guardiola blind auf seinen Landsmann vertraut, anstatt Bastian Schweinsteiger von Beginn an zu bringen.

Guardiolas 3-5-2-System geht in Überzahl nicht auf

Der Bayern-Trainer griff taktisch daneben. Sein 3-5-2-System mit den offensiven Juan Bernat auf links und Mitchell Weiser auf rechts stellte den BVB eine Halbzeit lang zwar vor Probleme. Doch Guardiola hielt nach dem Platzverweis gegen Kevin Kampl daran fest. Der Gedanke, die Überzahl unmittelbar vor des Gegners Tor auszuspielen, ist auf den ersten Blick nachvollziehbar. Doch er opferte dafür die Stabilität bei den überfallartigen Kontern der Dortmunder. Guardiola vertraute einzig auf die Schnelligkeit von Boateng in den Laufduellen mit Pierre-Emerick Aubameyang. Dabei hatten statt des Gabuners die Dortmunder Reus und Henrich Mchitarjan die Entscheidung mehrfach auf dem Fuss. Gegen beide fehlte offenbar jede adäquate Zuordnung.

Die Einwechslung von Arjen Robben kam zu früh

Diese Personalie dürfte weiter polarisieren: Als Guardiola in der 68. Minute Arjen Robben brachte, erhoben sich die Bayern-Fans und frohlockten. Der Spanier wollte dem Gegner mit dem dynamischen Niederländer offenbar den entscheidenden Stoss versetzen. Dafür nahm er den angeschlagenen Ball-Magneten Thiago aus dem Spiel. Aber warum kam für ihn Robben? Der 31-jährige Niederländer war gerade erst von einem hartnäckigen Bauchmuskelriss genesen. Schweinsteiger dagegen kam erst nach dem Ausgleich. Den defensiveren Sebastian Rode liess er ganz auf der Bank. Dabei hätten beide absichern können. Die Einwechslungen irritieren angesichts des hohen Risikos, das Guardiola ging. Jetzt hat er die Quittung: Robben fehlt ihm als möglicherweise entscheidender Angreifer gegen Barca. Angesichts der Kritik, er bringe verletzte Spieler zu früh, und des vorangegangenen "Ärzte-Zoffs" um Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt bleibt ein ungutes Gefühl.

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