Im Halbfinale des DFB-Pokals zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund hat der Unparteiische zunächst Probleme, die Akzeptanz der Spieler zu gewinnen. Dazu trägt auch sein uneinheitliches Strafmass bei. Dann aber erobert er sich den gewohnten Respekt zurück - nicht zuletzt, weil er in den entscheidenden Situationen richtig liegt.

Alex Feuerherdt, Schiedsrichter
Meine Meinung
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Manuel Gräfe gehört ohne jeden Zweifel zu den besten deutschen Schiedsrichtern. Seit fast 13 Jahren pfeift der 43-jährige Berliner in der Bundesliga, bislang hat er dort 218 Spiele geleitet.

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Hinzu kommen 109 Partien in der Zweiten Liga und 32 im DFB-Pokal. Bei internationalen Begegnungen wird er seit 2007 eingesetzt.

Gräfe ist aber nicht nur einer der besten Unparteiischen hierzulande, er zählt unter den Bundesligaprofis auch zu den beliebtesten. Bei entsprechenden Umfragen landet der Sportwissenschaftler seit Jahren stets auf einem der vorderen Plätze.

Die Spieler schätzen ihn wegen seines ruhigen und unaufgeregten Auftretens. Wird es auf dem Platz hektisch, lässt Gräfe sich nie davon anstecken. Nicht nur wegen seiner Körpergrösse von 1,96 Metern steht er über den Dingen - ohne dabei je auf die Akteure herabzublicken.

Gräfe geniesst also etwas, das für einen Referee elementar ist, nämlich Akzeptanz. Auch deshalb wird er vom DFB gerne zu potenziell engen und heiklen Spielen geschickt. So wie zum DFB-Pokal-Halbfinale zwischen dem FC Bayern München und Borussia Dortmund am Mittwochabend.

Ungewohnte Akzeptanzprobleme zu Beginn

Dort hat der erfahrene Schiedsrichter allerdings eine Zeit lang mit ungewohnten Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Beide Mannschaften protestieren häufig gegen seine Entscheidungen, Gräfe steht öfter im Mittelpunkt, als ihm lieb sein kann.

Der Versuch, die Spieler mit beruhigenden Ansprachen einzufangen, bleibt zunächst ohne erkennbaren Erfolg.

Dabei ist die erste Gelbe Karte des Spiels - von der immer eine Signalwirkung ausgeht - nach einem taktischen Foul von Julian Weigl an Franck Ribéry genauso korrekt wie die Entscheidung, nach einem Handspiel von Weigl im eigenen Strafraum nicht auf Elfmeter zu entscheiden. Denn die Armbewegung des Dortmunders ist natürlich, Absicht kann man ihm nicht unterstellen.

Anschliessend aber gerät Gräfe nicht zu Unrecht in die Kritik, weil er bei zwei Fouls, die sich sehr ähnlich sind, ein unterschiedliches Strafmass anlegt: Während Xabi Alonso für seine Grätsche gegen Marco Reus in der 24. Minute ohne Verwarnung davonkommt, sieht Ousmane Dembélé zwei Minuten später für ein vergleichbares Vergehen gegen Ribéry die Gelbe Karte.

Den Respekt zurückerobert

Danach lassen es die Akteure noch stärker an Respekt gegenüber dem Referee fehlen. Deutlichstes Zeichen dafür ist, dass sich die Bayern bei einem Freistoss in der 30. Minute nicht um die Abstandsmarkierung scheren, die Gräfe auf den Rasen gesprüht hat.

Als der Unparteiische sie auf die vorgeschriebene Distanz zu bringen versucht, schreitet Arjen Robben sogar die 9,15 Meter provokativ ab. Dafür wird er zu Recht verwarnt.

Mit dieser Sanktion setzt Gräfe zugleich das deutliche Zeichen: Stopp, so geht es definitiv nicht weiter, ich bin hier der Herr über das Regelwerk. Das begreifen die Spieler nun allmählich, der Schiedsrichter erobert sich den Respekt zurück.

Das gelingt auch deshalb, weil er korrekte Entscheidungen in wichtigen Situationen trifft: Sokratis' Handspiel vier Minuten vor der Pause geschieht unabsichtlich, weshalb Gräfe richtigerweise erneut weiterspielen lässt.

Und als Robert Lewandowski dem BVB-Torwart Roman Bürki bei Mats Hummels Tor zum 2:1 für die Münchner die Sicht nimmt, steht er knapp nicht im Abseits. Auch das erkennt das Team der Referees sehr gut.

Keine Probleme in der zweiten Hälfte

In der zweiten Hälfte hat der Unparteiische schliesslich keinerlei Schwierigkeiten mehr mit der Partie, auch nicht, als die Dortmunder sie drehen und die Gastgeber verzweifelt versuchen, zumindest noch eine Verlängerung zu erreichen.

Wie stark Manuel Gräfes Akzeptanz nun ist, zeigt sich insbesondere in der 78. Minute, als Xabi Alonso nach einer geringfügigen Berührung von Dembélé im Dortmunder Strafraum allzu leicht und theatralisch zu Boden geht.

Der Referee zeigt ihm dafür Gelb wegen einer Schwalbe, was der Spanier klaglos hinnimmt. In der ersten Hälfte hätte Gräfe dafür vermutlich noch heftige Reklamationen geerntet.

So aber spricht nach dem Schlusspfiff niemand mehr über den Schiedsrichter. Denn dieser hat es mit all seiner Persönlichkeit und Erfahrung geschafft, doch noch die gewohnte Anerkennung der Spieler zu gewinnen.

Zudem lag er in den relevantesten und kniffligsten Szenen der Begegnung goldrichtig. Und nicht zuletzt darauf kommt es an.

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