32 Mannschaften meldeten für die vierte EM. Und das Turnier in Belgien sollte zum Auftakt deutscher Dominanz bei kontinentalen Titelkämpfen werden Wieder loste die UEFA acht Qualifikationsgruppen.
Die BR Deutschland bekam es in Gruppe 8 mit Polen, der Türkei - und Albanien zu tun! Dasselbe Albanien, das im Dezember 1967 für die Schmach von Tirana gesorgt hatte.
Die DDR erwischte in Gruppe 7 mit den Niederlanden und Jugoslawien zwei harte Gegner. Dazu kam der Fussball-Zwerg Luxemburg. Am Ende belegte die DDR-Auswahl von Trainer Georg Buschner mit 7:5 Punkten lediglich Rang drei. Gruppensieger wurde Jugoslawien. In der deutschen Gruppe begann die Schön-Elf mit einem enttäuschenden 0:0 gegen die Türkei in Köln. In Tirana folgte dann ein mühsames 1:0, danach gewann das DFB-Team alle weiteren Partien bis auf die letzte, bedeutungslose gegen Polen (0:0). Das Viertelfinale war perfekt. Die UEFA wollte die EM an England vergeben. Als Alternative stand Italien bereit, sollten sich die Engländer nicht qualifizieren. Welch ein Irrglaube! Die Auslosung liess Italien aufatmen, die Briten aber laut aufstöhnen: Deutschland!
Auch beim Erzrivalen herrschte ein mulmiges Gefühl. "Schlimmer ging's nicht!", schrieb der "Kicker". Das Hinspiel im restlos ausverkauften Wembley-Stadion wurde aber zur Geburtsstunde der besten deutschen Mannschaft aller Zeiten. Uli Hoeness brachte Deutschland in Führung, Lee besorgte in der 77. Minute den Ausgleich. Die biederen Engländer wurden aber in der Endphase förmlich überrannt von einer inspirierten, schnellfüssigen deutschen Elf. Günther Netzer per Elfmeter (85.) und
"It's the end of the world", schrieb der "Mirror", die französische "LCEquipe" wollte "Traumfussball aus dem Jahr 2000" erkannt haben. Beim Rückspiel in Berlin verwaltete Deutschland den Vorsprung nur noch. Das 0:0 bedeutete den Einzug ins Endturnier. Dieses fand allerdings nicht in Italien statt, wie sich die UEFA schön ausgemalt hatte – sondern in Belgien. Die "Roten Teufel" entzauberten den Titelverteidiger mit seinen eigenen Mitteln. Belgien vertraute auf ein schier undurchdringliches Defensivkonzept und errang im Mailänder San-Siro-Stadion ein 0:0. Das Rückspiel in Brüssel gewannen die Belgier 2:1 und sicherten sich neben der Halbfinalteilnahme auch das Recht, die vierten Titelkämpfe ausrichten zu dürfen.
Neben Deutschland und Belgien schafften auch Ungarn (nach einem 2:1-Sieg im Entscheidungsspiel gegen Rumänien) und die UdSSR (0:0 und 3:0 gegen Jugoslawien) den Sprung unter die letzten Vier. Somit standen die Sowjets bei der vierten Teilnahme zum vierten Mal im Halbfinale. Im Halbfinale bekam es Deutschland mit Gastgeber Belgien zu tun. Zweimal Gerd Müller (24. und 71.) brachte die DFB-Elf in Führung. Für die belgischen Himmelsstürmer um Kapitän Paul van Himst blieb nur noch der Ehrentreffer durch Polleunis. 55.601 Zuschauer waren in Antwerpen dabei zu Gast.
Das andere Halbfinale zwischen Ungarn und der UdSSR ging dagegen als Geisterspiel in die EM-Geschichte ein. Alle wollten Belgien gegen Deutschland sehen, im Heysel-Stadion von Brüssel gesellten sich nur handverlesene 1.659 Fans. Nach 90 Minuten setzte sich der Favorit Sowjetunion knapp mit 1:0 durch. So kam es am 18. Juni 1972 zum Traumfinale. Rasenschach gegen Fussball total, die UdSSR gegen Deutschland. Schon von der ersten Minute an aber war es keine Frage, wer die Grundsatzfrage für sich entscheiden sollte.
Die DFB-Elf beherrschte den Gegner nach Belieben, das überfällige 1:0 durch Müller nach einer Traumkombination über Beckenbauer und Netzer ging als schönstes Tor aller Zeiten in die Geschichte der EM ein. Hacki Wimmer und wieder Müller sorgten nach dem Wechsel für das verdiente 3:0. Leider störten einige hunderte deutscher "Fans" die Jubelfeiern auf dem Rasen und danach in Brüssels Innenstadt. Es kam zu Krawallen. Die Presse aber überschlug sich förmlich in Lobhudelei auf den neuen Europameister. "Ein Schauspiel der Kraft, Phantasie und Genialität", so die "Corriere dello Sport". Und die "L'Equipe" jubelte: "Die Rehabilitation des Offensivfussballs!".
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