Für vier Stars ist der Traum vorbei, ehe er so richtig begonnen hat: 27 Spieler hat Joachim Löw in den vorläufigen EM-Kader berufen - doch nur 23 können an der Europameisterschaft 2016 in Frankreich teilnehmen. Spätestens am Dienstag um Mitternacht muss der UEFA der endgültige Kader vorliegen. Wen schickt Löw nach Hause?
"Es gibt keinen potenziellen Streichkandidaten", hatte
Mit Leroy Sané,
"Das ist eine schwere Entscheidung, weil alle vier Neuen einen guten Eindruck machen", sagte Löw in der ARD: "Wenn es für jemanden nicht reicht, bin ich sicher, dass wir ihn nach der EM bei der Nationalmannschaft wiedersehen." Klingt fast so, als wollte er die Jünglinge auf eine Enttäuschung vorbereiten.
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass junge Spieler immer besonders auf dem Prüfstand stehen: Vor der Weltmeisterschaft 2014 wurden Max Meyer und Leon Goretzka gestrichen. Vor der EM 2012 waren
- Leroy Sané
Der Ex-Profi Olaf Thon plädiert im "kicker" dafür, Sané mit nach Frankreich zu nehmen: "Von den Jungen ist er derjenige, der im Turnier zur echten Waffe werden könnte. Wenn ein Arrivierter ausfällt, könnte er sogar in der Startelf für Furore sorgen." Tatsächlich wäre Sané dazu in der Lage, mit seiner frechen Spielweise eine Partie zu entscheiden.
- Julian Weigl
Julian Weigl hingegen ist eher ein Taktiker. Er hält im defensiven Mittelfeld die Fäden in der Hand. Fraglich ist, ob der Bundestrainer ihm diese Aufgabe in der Nationalmannschaft schon zutraut. Dass Weigl kein typischer Einwechselspieler ist, könnte ihm zum Verhängnis werden. Nur wenn Kapitän Bastian Schweinsteiger länger ausfällt, dürfte Weigl eine Option sein.
Auch Joshua Kimmich ist ein Wackelkandidat. Für Kimmich spricht allerdings, dass er bei Bayern München bereits auf höchstem Niveau gespielt hat und in der Defensive vielseitig einsetzbar ist. Allerdings hat Kimmich bei seinem Länderspieldebüt gegen die Slowakei einen mässigen Eindruck hinterlassen. Das zweite Tor der Slowakei ging auch auf seine Kappe.
- Julian Brandt
Julian Brandt hat den Vorteil, mit seiner Dribbel- und Schussstärke Offensivakzente setzen zu können. Zudem gehörte er in der abgelaufenen Bundesliga-Spielzeit zum festen Bestand von Bayer Leverkusen, war einer der entscheidenden Akteure für einen fulminanten Saison-Schlussspurt der Werkself.
Dennoch: Löw wird vermutlich nicht allzu viele unerfahrene Kräfte im Kader haben wollen. Es ist davon auszugehen, dass die Streichkandidaten vorwiegend im Mittelfeld zu finden sind.
Grund ist das Überangebot: 15 der 27 nominierten Akteure können im Mittelfeld eingesetzt werden.
Fragezeichen hinter Bellarabi, Draxler und Schürrle
Ein möglicher Streichkandidat ist Karim Bellarabi von Bayer 04 Leverkusen. Und dass nicht nur, weil der 26-Jährige auf eine durchwachsene Saison zurückblickt. Der Aussenspieler zog sich im Training eine Zerrung zu. Da bereits viele etablierte Spieler Blessuren haben, ist es fraglich, ob Löw mit Bellarabi einen weiteren angeschlagenen Spieler mitnimmt.
Auch die beiden Nationalspieler aus Wolfsburg, Julian Draxler und André Schürrle, haben ihren Platz im EM-Kader nicht sicher. Beide blicken, wie der gesamte VfL Wolfsburg, auf eine schwache Saison zurück. Die Leistungen von Draxler waren schwankend. Zudem setzte ihn zum Ende der Bundesligasaison ein Muskelbündelriss ausser Gefecht.
Schürrle hat immerhin den Vorteil, dass seine Formkurve in der Rückrunde nach oben zeigte. Zudem hat er bewiesen, als Joker eine Option zu sein - wie im WM-Finale 2014.
In der Verteidigung drückt der Schuh besonders: Mats Hummels droht wegen seines Muskelfaserrisses den EM-Start zu verpassen. Alternativen werden benötigt - für Benedikt Höwedes, Shkodran Mustafi und Antonio Rüdiger ist das eine gute Nachricht.
Die Aussenverteidiger Jonas Hector und Sebastian Rudy dürften ihren Platz ohnehin sicher haben. Rudy zählte beim Länderspiel gegen die Slowakei zu den wenigen Lichtblicken. Emre Can hingegen hat das Problem, dass er beim FC Liverpool im zentralen Mittelfeld spielt, in der Nationalmannschaft aber eher als Rechtsverteidiger benötigt wird.
Für Löw stellen sich also noch eine Menge Fragen. Bis Dienstag um Mitternacht hat der Bundestrainer noch Zeit, diese für sich zu beantworten.
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