Am Dienstag geht die Vorbereitung auf die EM los: Das DFB-Team reist ins Trainingslager nach Ascona, um sich dort fit für die Mission EM-Titel zu machen. Bleibt noch eine Frage: Ist das aktuelle Team besser als die Weltmeister-Elf von 2014?

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27 Spieler, darunter 14 Weltmeister und drei Debütanten hat Bundestrainer Joachim Löw in das vorläufige Aufgebot für die EM 2016 in Frankreich berufen. Am Dienstag geht die Vorbereitung auf die EM los, das DFB-Team startet in das erste Trainingslager in Ascona.

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Neben Routiniers wie Manuel Neuer (30/Bayern München), Bastian Schweinsteiger (31/Manchester United), Sami Khedira (29/Juventus Turin) oder dem etwas überraschend berufenen Lukas Podolski (30/Galatasaray Istanbul), schafften es mit Julian Brandt (20/Bayer Leverkusen), Joshua Kimmich (21/Bayern München) und Julian Weigl (20/Borussia Dortmund) drei Feldspieler ohne Länderspiel-Einsatz in den Kader. Nach dem Trainingslager in der Schweiz muss Löw bis zum 31. Mai noch vier Spieler streichen.

Doch es gibt noch einige offene Fragen: Wird Löw die richtigen Antworten auf den Aussenverteidigerpositionen finden? Wen stellt er im Mittelfeld für Ilkay Gündogan (EM-Aus) oder den kränkelnden Schweinsteiger auf? Vertraut er im Angriff Rückkehrer Mario Gomez (Besiktas Istanbul)? Und ist dieser Kader stärker oder schwächer als das WM-Aufgebot von 2014?

Die Torhüter

Wie immer in den vergangenen Jahren vertraut Löw Bayern-Schlussmann Manuel Neuer. Der dreimalige Welttorhüter bewies auch in der laufenden Saison seine exzellente Form, kassierte in der Bundesliga in 34 Spielen nur 16 Tore, hielt seinen Kasten 21 Mal sauber - beides persönliche Bestleistungen.

Hinter Neuer stehen mit Bernd Leno (Bayer Leverkusen) und Marc-Andre ter Stegen (FC Barcelona) zwei hochklassige Ersatzleute bereit.

Fazit: Um die Torhüterposition muss sich Löw nun wirklich keine Sorgen machen.

Die Abwehr

Beim grossen Triumph in Brasilien war die Abwehr das Prunkstück der Nationalmannschaft. Die Weltmeister Mats Hummels (noch bei Borussia Dortmund) und der pünktlich genesene Jerome Boateng (Bayern München) sollen auch dieses Jahr für Ruhe in der Innenverteidigung sorgen. In der Abwehrzentrale stehen zudem Shkodran Mustafi (FC Valencia), Antonio Rüdiger (AS Rom) und Benedikt Höwedes (Schalke 04) bereit.

Nur wer wird die Aussenverteidigerpositionen bekleiden? Zwei Jahre nach Philipp Lahms Rücktritt klafft auf der rechten Seite immer noch eine grosse Lücke. Auf Lahms angestammter Position sind Emre Can (FC Liverpool) und Sebastian Rudy (1899 Hoffenheim) die aussichtsreichsten Kandidaten.

Aber Can und Rudy werden in ihren Vereinen meist im Mittelfeld eingesetzt: Sie drängen sich als Lahm-Ersatz nicht gerade auf. Rüdiger und Mustafi kamen auf der Position im DFB-Dress ebenfalls schon zu Spielzeit - mit mässigem Erfolg.

Nicht besser ist die Lage auf der linken Seite, wo Jonas Hector zuletzt gesetzt war - aber nicht immer überzeugte. Auch Hector lief in der Rückrunde beim 1. FC Köln häufig im defensiven Mittelfeld auf. Eine weitere Option wäre der vielseitige Schalker Höwedes, der als etatmässiger Innenverteidiger bei der WM 2014 souverän links ausgeholfen hatte und auch für die rechte Seite geeignet wäre.

"Wir haben einen einzigen linken Aussenverteidiger, der international gezeigt hat, dass er standhalten kann: Marcel Schmelzer", echauffierte sich der langjährige Bundesligatrainer Peter Neururer im Sender Sport1. "Aber der wird überhaupt nicht berücksichtigt." Wird Löw bei der EM deswegen wie beim letzten Freundschaftsspiel gegen Italien gar auf eine Dreierkette vertrauen?

Fazit: Auf den Aussenverteidigerpositionen gibt es mehr Fragen als Antworten. Vor allem der Rücktritt Philipp Lahms hat eine Lücke hinterlassen, die Löw noch schliessen muss.

Das Mittelfeld

Bastian Schweinsteiger, Sami Khedira, Toni Kroos, Mesut Özil und Thomas Müller. Das deutsche Mittelfeld ist mit Weltstars gespickt. Dennoch bereiten Löw das EM-Aus von Ilkay Gündogan, die Fragezeichen hinter dem Fitnesszustand von Schweinsteiger und die Anfälligkeit von Khedira in der defensiven Zentrale Kopfzerbrechen.

Eine der kniffligsten Fragen könnte die Entscheidung sein, ob er Bayern-Youngster Kimmich oder den Dortmunder Weigl - beides mögliche Reservisten auf der 6er-Position - mitnehmen wird.

Im offensiven Mittelfeld drängen sich zahlreiche Profis auf: Özil, der beste Vorlagengeber der englischen Premier League, und Müller scheinen hier gesetzt. Mit Marco Reus (Borussia Dortmund), Julian Draxler (VfL Wolfsburg) und Mario Götze stehen weitere Topleute bereit.

Fazit: Das Mittelfeld steht der 2014er-Ausgabe in seiner Qualität in nichts nach. Kleine Fragezeichen gibt es trotzdem. Wird Schweinsteiger fit? Bleiben Khedira und Reus gesund?

Der Angriff

In der Offensive lief es während der holprigen EM-Qualifikation nicht immer rund. Schliesslich entschied sich Löw nach einigem Zögern dazu, dem zwischenzeitlich ausgemusterten Mario Gomez (Besiktas Istanbul) wieder eine Chance zu geben - er nutzte sie.

Mittelstürmer Gomez wird bei der EM - als Ersatz für den 2014 zurückgetretenen Miroslav Klose - faktisch als einziger nomineller Stürmer dabei sein. An Kloses Qualitäten als Ballverteiler kommt der 30-Jährige aber nicht heran.

Steht Gomez nicht in der Startelf, könnten Götze oder Müller als falsche Neun auflaufen. Lukas Podolski reist als Stimmungsmacher mit und wird allenfalls als Einwechsler für wenige Minuten den Rasen betreten.

Fazit: Gomez befindet sich in Topform. Auch Thomas Müller ist ein Torgarant - egal ob als nomineller Mittelfeldspieler oder als Angreifer.

Wie gewohnt sorgte die Kader-Auswahl des Bundestrainers für Kritik. Besonders die Nominierung Podolskis und die Nicht-Nominierung des Dortmunder Linksverteidigers Marcel Schmelzer riefen Unverständnis hervor.

Nichtsdestotrotz bleibt Deutschland mit diesem Star-Aufgebot einer der grossen Favoriten. Wenn die defensiven Baustellen behoben werden, stehen die Chancen auf den ersten EM-Titel seit 1996 sehr gut.

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