In nicht einmal einem Monat findet das erste Gruppenspiel der EM 2016 gegen die Ukraine statt. Bundestrainer Joachim Löw gab nun den vorläufigen Kader Deutschlands bekannt. Im Mittelpunkt sollen nicht einzelne Stars, sondern die Mannschaft stehen.

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"Brasilien hat Neymar. Argentinien hat Messi. Portugal hat Ronaldo. Deutschland hat eine Mannschaft." Dieser Slogan gibt seit der Weltmeisterschaft 2014 das Leitbild der deutschen Nationalmannschaft vor. Auch bei der bevorstehenden EM 2016 soll die Gemeinschaft im Vordergrund stehen - das ist auch an der Nominierung des vorläufigen EM-Kaders zu erkennen.

Die Mannschaft steht im Vordergrund

Bundestrainer Joachim Löw sagt: "Bei einem Turnier geht es um mehr, als nur guten Fussball zu spielen. Es geht auch darum, mit der Mannschaft eine Einheit zu bilden und ein Miteinander zu schaffen." Dieser Gedanke dürfte grossen Einfluss auf seine Nominierungen gehabt haben.

Die Eckpfeiler der Mannschaft sind bekannt. Das wären Manuel Neuer im Tor sowie Jerome Boateng und Mats Hummels in der Innenverteidigung. Im Mittelfeld und in der Offensive sind Toni Kroos, Mesut Özil, Thomas Müller und Sami Khedira kaum wegzudenken. Selbiges dürfte für Marco Reus und vermutlich auch WM-Held Mario Götze gelten.

Die Persönlichkeit des Teams

Löw ging es bei den Nominierungen nicht nur darum, welche Spieler sich aktuell in guter Form präsentieren. Bereits zum sechsten Mal stand er nun in der Verantwortung, einen Kader für ein Grossturnier zusammenzustellen. Er weiss: Eine Mannschaft muss nicht nur spielerisch gut zusammenpassen. Auch die Persönlichkeiten müssen harmonieren.

Kapitän Bastian Schweinsteiger wurde nominiert, obwohl er mit seiner Innenbandverletzung bereits seit März ausser Gefecht ist. Auch in den Monaten zuvor hat er bei Manchester United kaum überzeugt. Doch sieht Löw in Schweinsteiger den perfekten Anführer. Nicht nur auf, sondern auch neben dem Platz. Deshalb ist der Bundestrainer wohl dazu geneigt, auch einen mittelmässig fitten "Schweini" mit nach Frankreich zu nehmen.

Die Persönlichkeit dürfte auch bei Lukas Podolski den Ausschlag gegeben haben. Bei der Weltmeisterschaft 2014 kam er lediglich zu zwei kurzen Einsätzen. In den folgenden Quali- und Freundschaftsspielen hat er lediglich ein Spiel über 90 Minuten bestritten - und zwar gegen Gibraltar. Auch in Frankreich dürfte er keine tragende Rolle einnehmen. Doch ist er eine Frohnatur, die der Nationalmannschaft immer gut getan hat.

Flexibilität als Strategie

Als Weltmeister ist Deutschland der Gejagte. Alle Nationalteams wissen um die Stärken der DFB-Auswahl. Umso wichtiger ist es, schwer ausrechenbar zu sein. Beispiel Verteidigung: Hier brachte Löw beim letzten Freundschaftsspiel gegen Italien eine Dreierkette - mit Erfolg. Spieler, die sich flexibel auf eine neue Taktik einstellen können, hat Löw besonders gerne.

Der für den AS Rom spielende Antonio Rüdiger ist zum Beispiel als Innen- und Aussenverteidiger einsetzbar, hat sowohl in der Viererkette als auch in der Dreierkette Erfahrungen gesammelt. Der 23-Jährige hat somit gute Chancen, zu den grossen Gewinnern der EM zu zählen.

Flexibilität hat auch der ebenfalls nominierte Joshua Kimmich vom FC Bayern München bewiesen. Ob nun zentrales oder defensives Mittelfeld, Innen- oder Aussenverteidigung - der 21-Jährige hat sämtliche Positionen durch. Zudem hat er beim Rekordmeister Champions-League-Erfahrung gesammelt. Ähnlich wie unter Pep Guardiola könnte er auch bei Löw als Allzweckwaffe dienen.

Die Neuzugänge des Kaders

Kimmich ist nicht der einzige Neuling im vorläufigen EM-Kader. Selbiges trifft auf Julian Weigl von Borussia Dortmund sowie Julian Brandt von Bayer 04 Leverkusen zu. Torwart Bernd Leno (Leverkusen) war schon mehrfach nominiert, wartet aber ebenfalls noch auf sein Debüt

Leroy Sane von Schalke 04 hingegen hat bereits ein Länderspiel absolviert. Auch wenn der 20-Jährige in der Rückrunde nicht an seine Top-Form aus der Hinrunde anknüpfen konnte, kann er mit seiner unbekümmerten Spielweise und seinen technischen Fähigkeiten eine Bereicherung für die DFB-Auswahl sein.

Am 31. Mai muss Löw seinen endgültigen 23-Mann-Kader für die Europameisterschaft bestimmen. Das heisst: Vier Spieler sind noch zu streichen. Der Bundestrainer sagt: "Es gibt keinen potenziellen Streichkandidaten." Also Chancengleichheit für alle?

Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass es einige der Jungspunde treffen wird. So war es auch vor der WM 2014, als unter anderem Max Meyer und Leon Goretzka (beide Schalke 04) die Heimreise antreten mussten. Brandt und Weigl müssen also trotz ihrer starken Leistungen in der Bundesliga um das EM-Ticket zittern.

Ein "Überangebot im Mittelfeld"

Überhaupt ist das Überangebot im Mittelfeld und Angriff auffällig. Hier gibt es 16 Nominierungen, obwohl in der von Löw favorisierten 4-2-3-1-Formation lediglich sechs Spieler auf diesen Positionen benötigt werden.

Agiert er hinten mit einer Dreierkette, wäre es sogar noch einer weniger. Die Aussenpositionen werden dann nämlich meist von Aussenverteidigern besetzt. Es ist also gut möglich, dass die Streichkandidaten hauptsächlich Mittelfeldspieler sein werden.

Allerdings dürfen sich auch die Defensivspieler Sebastian Rudy von der TSG Hoffenheim und Shkodran Mustafi vom FC Valencia ihres Platzes nicht zu sicher sein. Beide spielten bei der Nationalmannschaft zuletzt keine tragende Rolle.

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