Die Leidensgeschichte von Marco Reus geht weiter. Nach der WM 2014 verpasst er verletzungsbedingt auch die Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Der BVB-Star droht zum grössten Pechvogel der DFB-Geschichte zu werden.
Heute wurde
Allen Beteiligten war bewusst, dass sein Körper eine Pause benötigt. Ursprünglich sollte diese nach der Europameisterschaft erfolgen. Im DFB-Pokalfinale gegen Bayern München wurden die Schmerzen offenbar schlimmer. Reus biss auf die Zähne.
Immer wieder musste er sich auf dem Platz dehnen. Trotzdem hielt er bis zum Elfmeterschiessen durch. Möglicherweise war die Belastung zu hoch - und hat ihn nun die EM gekostet.
Reus nimmt es gefasst auf
"Die Prognosen für ihn waren nicht günstig, aus medizinischen Gründen musste ich ihn streichen", verriet
Vielleicht entspricht das der Wahrheit. Möglicherweise hat er längst gespürt, dass sein Körper nicht fit genug ist. Vielleicht ist das auch nur Fassade. Tatsache ist: Reus zählt zu den grössten Pechvögeln im deutschen Fussball!
Der gebürtige Dortmunder ist einer der besten Offensivspieler Deutschlands. Ob auf dem linken oder dem rechten Flügel, als hängende Spitze oder vorne im Sturm - er ist überall einsetzbar.
Seine Dribblings sind kaum zu stoppen, seine Schüsse schwer zu parieren. Und doch blieben ihm grössere Erfolge bislang verwehrt.
Verletzungsbedingte Ausfälle
Insbesondere in der Nationalmannschaft. Seit seinem Debüt im Oktober 2011 kam er in knapp fünf Jahren lediglich auf 29 Länderspiele. Der Hauptgrund dafür: die vielen Verletzungen.
Erstmals in die Nationalmannschaft berufen wurde er für das Vorbereitungsspiel zur Weltmeisterschaft 2010 gegen Malta. Verletzungsbedingt musste er absagen. Der WM-Zug war damit abgefahren. Bei der Europameisterschaft 2012 war er zwar dabei, sass aber hauptsächlich auf der Bank.
Für die Weltmeisterschaft 2014 hatte er gute Aussichten auf einen Stammplatz. Dann der Schock: Im letzten Vorbereitungsspiel gegen Armenien zog er sich einen Teilriss am linken vorderen Syndesmoseband zu.
Auch emotional eine Belastung
Als seine Mannschaftskameraden den WM-Titel feierten, sass er vor dem Fernseher - und fühlte sich keineswegs als Weltmeister. Gerne hätte er den Triumph bei der Europameisterschaft nachgeholt. Sein Körper macht ihm nun erneut einen Strich durch die Rechnung.
Reus versucht, das andauernde Verletzungspech nicht allzu sehr an sich heranzulassen. Wie schwer das ist, verriet er kürzlich dem Hamburger Abendblatt: "Bei den Verletzungen kommt man schon ins Grübeln. Aber ich kann es ja nicht ändern, es kann halt immer was passieren, das gilt ja nicht nur für mich. Ich arbeite viel prophylaktisch, den Rest kann ich nicht beeinflussen."
Glück in der Liebe, Pech im Spiel
Allerdings ist Reus bislang nicht nur an seinem Körper gescheitert. Unglaublich, aber wahr: Seitdem Reus im Sommer 2012 nach Dortmund kam, hat der BVB keinen grossen Titel gewonnen. Einmal verlor der Verein das Champions-League-Finale, dreimal das Endspiel um den DFB-Pokal.
"Sport Bild"-Kolumnist Lothar Matthäus sieht Reus nicht ganz schuldlos: "Ihm ist irgendwie die Unbekümmertheit im Spiel verloren gegangen. Reus ist nicht mehr der Spieler, der er einmal war: frech und voller Ideen."
Abseits des Fussballfeldes hat er sein Glück gefunden. Der Führerschein-Skandal von Ende 2014 ist in der Öffentlichkeit weitestgehend vergessen. Über Geld muss er sich ohnehin keine Gedanken mehr machen, seitdem er im Februar 2015 einen langfristigen Vertrag in Dortmund unterschrieb und jährlich geschätzte 10 Millionen Euro einstreicht. Zudem ist er seit etwa einem halben Jahr mit dem Model Scarlett Gartmann liiert.
Signale für Reus
Das private Umfeld dürfte für Reus nun das Wichtigste sein. Die Psychologin Elvina Abdullaeva erklärt auf die-sportpsychologen.de: "Wichtig ist die Präsenz von denjenigen, die immer dabei sind, egal ob es Dir gut oder schlecht geht. Diese Leute geben uns unheimlich viel Kraft."
Auch die Fans und die Nationalmannschaft können ihren Teil dazu beitragen, dass sich Reus wertgeschätzt fühlt: "Unterstützende Aktionen, zum Beispiel Plakate, Fotos, Videos oder Facebook-Posts können ihm helfen. Diese Signale bewirken, dass der Spieler sich nicht vergessen fühlt und optimistischer in die Zukunft blicken kann."
Unterstützung durch Fans und Kollegen
Erinnerungen an den WM-Triumph 2014 drängen sich auf: Endspiel-Torschütze Mario Götze zeigte bei der Siegerehrung das Trikot von Marco Reus, um die Verbundenheit mit seinem Kumpel auszudrücken. Gut möglich, dass in Frankreich ähnliche Aktionen stattfinden.
Den Schmerz über das EM-Aus dürfte das trotzdem nicht lindern. Im "Kicker" erzählte Reus einmal, wie sehr ihm das Verpassen der Weltmeisterschaft wehgetan hat: "Hinter mir liegt eine sehr lange Zeit, die ich in dieser Form möglichst nicht wieder erleben möchte. Für mich ist ein Traum zerplatzt."
Damals konnte er noch nicht ahnen, dass zwei Jahre später der nächste Traum platzt. Es bleibt die Hoffnung, dass sein Körper vor der Weltmeisterschaft 2018 in einem besseren Zustand ist. Ansonsten könnte seine Karriere beim DFB vorbei sein, bevor sie so richtig begonnen hat.
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