Sixpack, definierte Waden und breite Schultern – bei der Fussball-EM in Frankreich werden Cristiano Ronaldo & Co. beim Trikot-Tausch wieder ihre trainierten Körper zeigen. Doch die Profisportler sind natürlich nicht nur attraktiv anzusehen. Wir erklären den Nutzen und die Funktion der Adonis-Körper sowie die Gefahren bei falschem Training.
Fussballfans vor dem Fernseher haben es ziemlich einfach, denn von der Couch aus ist ein Spiel höchstens psychisch anstrengend.
Doch wie gut muss die Physis der Profis auf dem Rasen wirklich sein? Wieso bekommen selbst Weltstars in Finalspielen Krämpfe und wie lange würde ein Ungeübter bei einem EM-Spiel mithalten?
Wir haben mit Professor Martin Halle, Ärztlicher Direktor des Zentrums für Prävention und Sportmedizin der TU München gesprochen und gefragt, was es mit dem Fitness-Zustand von Fussballern wirklich auf sich hat.
Wie fit muss man sein, um an einem Fussball-EM-Turnier teilnehmen zu können?
Die Fitness muss herausragend sein. Von Bedeutung ist dies nicht nur beim Spiel selbst, sondern vor allem auch während der Regeneration zwischen den Spielen. Ist jemand im Ausdauerbereich untrainierter, benötigt er deutlich länger für die Regeneration.
Laktatwerte müssen nach Sprintbelastung schnell wieder Ausgangsniveau erreichen oder zumindest unterhalb von 2-3 Milimol pro Liter liegen. Der Ruhepuls ist auch ein Zeichen für einen guten Trainingszustand. Dieser sollte unbedingt unter 55 Schlägen pro Minute sein, optimal zwischen 45-50/min. Die Muskelmasse ist für die Regeneration hingegen nicht verantwortlich. Sie ist wichtig für die Prävention von Verletzungen.
Wie schneiden die Fussballer im Vergleich zu Leistungsträgern anderer Sportarten ab?
Fussballer sind häufig schlechter von ihrer Ausdauerleistungsfähigkeit, als man es von den Beanspruchungen im Spiel erwarten würde. Das liegt daran, dass zwischen Aktionen auch immer Leerlauf ist und so dieses Kapazitätsdefizit nicht auffällt. Sind Spiele aber schnell oder gehen über die 90 Minuten hinaus, dann wird das sofort deutlich. Das ist auch der wesentliche Unterschied im absoluten Spitzenfussball.
Arbeiten Handballer, Tour-de-France-Fahrer oder Leichtathleten härter als Fussballer?
Das Laufpensum bei einem Fussballspiel beträgt etwa zehn Kilometer, mit Abweichungen von 30 bis 50 Prozent. Grundsätzlich ist das keine grosse Strecke. Viele Trainer und Spieler glauben daher, dass die Sportler diese ohne Probleme auch mit niedriger Leistungsfähigkeit leisten können.
Dass es tatsächlich geht, sieht der Zuschauer ja auch bei vielen Fussballspielen. Aber das Niveau nimmt bei etlichen doch nach 60 Minuten ab; dies erklärt auch die so häufigen Schlüsselszenen in den letzten Minuten und Siege grosser Mannschaften in den letzten zehn Minuten.
Die Vorbereitung zur EM läuft jetzt an. Könnten unsere Kicker im Trainingslager vor dem Turnier konditionelle Defizite noch aufholen oder ist es dann zu spät?
Das ist zu spät. Grundlagenausdauer trainiert man zwischen den Saisons.
Wie sieht das ideale Fussballer-Training aus? Kraft? Ausdauer? Oder beides?
Das Training ist gestaffelt nach Anforderungen: Das Grundlagenausdauertraining sollten die Sportler speziell in der Sommer- und Winterpause absolvieren und in den Wochen während der Spiele weiterhin aufrechterhalten. Krafttraining sollte durchgehend auf der Agenda stehen, in den Ligapausen sollten die Fussballer mit schweren Gewichten hoch intensives Krafttraining durchführen und dann zu dynamischem Krafttraining wechseln.
Inwiefern hängt körperliche Fitness mit der Verletzungsanfälligkeit zusammen?
Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang: Wer körperlich müde ist, kritische Situationen nicht übt oder zu wenig Muskulatur hat, die gut koordiniert agiert, verletzt sich schneller.
Immer wieder kommt es vor, dass Fussballer mit Krämpfen auf dem Platz zu kämpfen haben – auch beim DFB-Pokalfinale zwischen dem FC Bayern und Borussia Dortmund ist dies aufgefallen. Liegt das an der falschen Ernährung, hätte man dem vorbeugen können?
Ernährung kann in gewisser Weise eine Rolle spielen, wenn sich Spieler zu kohlenhydratarm ernähren. Wichtiger ist die Ausdauerkomponente.
Wie lange könnte ein Otto-Normal-Sportler bei einem EM-Spiel körperlich mithalten?
Gar nicht. Das Spiel ist so schnell, da kann ein Untrainierter überhaupt nicht mithalten.
Wie lange müsste ein Anfänger denn trainieren, um 90 Minuten mithalten zu können?
Da müsste er schon mindestens sechs Monate, eher zwölf Monate trainieren. Das ist vergleichbar mit einem Training auf einen Marathon. Das beinhaltet aber nur das Laufen während des Spiels und keinen Ballkontakt oder Ähnliches. Wir sprechen dann aber schon von jemandem, der vorher schon sportlich war. Übergewichtige oder solche, die bis dahin keinen Sport gemacht haben, kommen an das Laufniveau kaum in zwölf Monaten heran.
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