Was haben Cristiano Ronaldo, Zlatan Ibrahimovic, Wayne Rooney, Robert Lewandowski, Thomas Müller und Paul Pogba gemeinsam? Sie gehören zu den grössten Stars des Fussballs - und sind bei der Europameisterschaft allesamt torlos.
Die Europameisterschaft ist bislang nicht das Turnier der grossen Namen. Ein Grund ist, dass Tore allgemein Mangelware sind. In den ersten 24 Spielen fielen pro Partie lediglich 1,97 Tore. Seitdem die Vorrunde in Gruppen ausgespielt wird, ist das der zweitgeringste Wert. Eine Erklärung für die Torarmut dürfte der überarbeitete Modus sein.
Spielverhalten ist defensiv
Das Teilnehmerfeld wurde von 16 auf 24 Mannschaften erweitert. Nicht nur der Gruppenerste und -zweite, sondern auch die vier besten Gruppendritten gelangen in das Achtelfinale. Das heisst: Nur acht Mannschaften scheiden in der Gruppenphase aus. Selbst wenn eine Mannschaft dreimal unentschieden spielt, könnte sie in die K.o.-Phase gelangen. Die Folge ist ein defensives Verhalten vieler Mannschaften - das stellt die Offensiv-Stars vor Probleme.
Der ehemalige Bundesligatrainer Markus Gisdol schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung: "Gegen diese massiven Abwehrreihen, das hat nicht nur diese erste EM-Woche gezeigt, reicht die individuelle Klasse einzelner Spieler häufig nicht mehr aus. Es kann dann nur noch über einstudierte Spielzüge mit klar definierten Laufwegen gehen, um einen solchen Gegner auszuheben." Mit anderen Worten: Ein Topstar alleine kann wenig ausrichten.
Genau daran scheitern viele Nationen. Bestes Beispiel ist Schweden mit seinem Torjäger
"Ein zentraler Stürmer braucht mehr Unterstützung von den Flügeln", kritisierte Trainer Erik Hamren. Doch haben seine Mitspieler nicht die Qualität dazu. Das führt bei dem Weltstar schnell zu Lustlosigkeit. Alleine gegen Italien rannte er viermal ins Abseits. Auch sein Engagement, selber Bälle aus dem Mittelfeld zu holen, ebbte schnell ab.
Was ist los mit Ronaldo?
Mangelndes Engagement kann man
Die Hauptprobleme von Ronaldo und Ibrahimovic sind ähnlich: In ihren Vereinen können sie glänzen, weil sie starke Mitspieler haben, die sie mit Vorlagen füttern. Dies fehlt in der Nationalmannschaft. Die beiden Superstars sind eher Einzelkämpfer - und werden von den Gegenspielern zugestellt. Im Vereinsfussball haben sie mehr Räume, weil sich die Gegner nicht alleine auf sie fokussieren können. Schliesslich haben die Weltstars bei Real Madrid und Paris St. Germain starke Mitspieler. Die müssen ebenfalls bewacht werden.
Für
Müller muss in Szene gesetzt werden
Es wäre falsch, Müller schlechte Leistungen zu attestieren. Er kämpft, gewinnt gerade in der Defensive viele Zweikämpfe. Nur zählt er nicht zu den Stürmern, die mit einem tollen Dribbling zum Abschluss kommen. Sein Torriecher kommt zur Geltung, wenn die Mitspieler ihn in Szene setzen. Doch das Herausspielen von klaren Torchancen ist bislang die Schwäche der DFB-Auswahl.
Überhaupt spielt nicht jeder Top-Star, der bislang ohne Treffer ist, ein schlechtes Turnier. Im Gegenteil:
Wer kannte vor einigen Wochen Dimitri Payet, der Frankreich bereits zweimal in der Schlussphase den Sieg sicherte? Wer hatte ausserhalb von Österreich etwas von dem Torhüter Robert Almer gehört, der sogar Ronaldo zur Verzweiflung brachte? Auch der Italiener Éder war vorher lediglich Insidern ein Begriff - das hat sich nun geändert.
Da lässt sich die Torflaute der eigentlichen Stars aus Zuschauersicht gut verschmerzen.
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