Die Schweiz steht im Viertelfinale! Bei dem 2:0 gegen Italien bewies die Mannschaft von Nationaltrainer Murat Yakin all ihre Qualitäten. Ist nun sogar der ganz grosse Erfolg möglich?
Als der Einzug in das Viertelfinale perfekt war, gab Nationaltrainer Murat Yakin eine Liebeserklärung von sich. "Ich liebe den Fussball, die Spieler, den ganzen Staff. Ich geniesse einfach den Moment. Man erlebt so viel im Fussball. Das kann man gar nicht zurückbezahlen", sagte er.
Als er noch einmal über das Spielfeld ging, bedankte er sich sogar mit einem Klaps beim Pfosten, der ein Gegentor verhindert hatte. "Es war wichtig, dass dieser Pfosten genau dort stand, nicht zehn Zentimeter weiter daneben", erklärte er später, als er auf diese Geste angesprochen wurde.
Yakin dankt seinen Spielern
Doch der grösste Dank galt den Akteuren, die seinen Matchplan befolgten. "Es war wichtig, dass wir das umsetzen, was uns stark gemacht hat – der Teamspirit", sagte Yakin. "Es geht nicht nur darum, dass wir gewonnen haben - sondern auch wie. Wir waren dominant, haben zu jederzeit Kontrolle gehabt und zur richtigen Zeit Tore erzielt."
Die Schweiz erreichte bereits bei der Europameisterschaft 2021 das Viertelfinale, kam allerdings noch nie bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft darüber hinaus. Ob das diesmal anders sein wird? Ist die Schweiz plötzlich ein Titelkandidat?
"In solchen Turnieren hat man immer schon aussergewöhnliche Dinge gesehen", sagte der Schweizer Nationalspieler Ruben Vargas auf Nachfrage unserer Redaktion. "Es wird nicht einfach. Aber unsere Leistung muss stimmen. Dann spielt es keine Rolle, wer der Gegner ist." Schliesslich habe die Schweiz schon oft gezeigt, "dass wir gegen die Besten bestehen können."
Das hohe Pressing bereitete Italien Probleme
Das gestrige Spiel war der beste Beweis: Die Schweiz hat Italien - immerhin der amtierende Europameister - eindrucksvoll dominiert. Die Italiener fanden gegen das hohe Pressing der Schweiz keine Lösung und kamen vielfach kaum aus der eigenen Hälfte heraus. Selbst der italienische Nationaltrainer Luciano Spalletti gab zu: "Wenn wir den Ball hatten, haben wir den Ball sofort wieder verloren."
In Ballbesitz spielte die Schweiz ihre fussballerische Qualität aus.
Akanji und Xhaka als Achse der Mannschaft
In der Verteidigung überragte vor allem
"Es ist wichtig, dass diese beiden Spieler, die auch in ihren Clubs so erfolgreich sind, in der Zentrale so präsent sind. Manuel kann links und rechts absichern, hat eine gute Spieleröffnung, ist sehr clever, liest das Spiel. Er kann das Spiel beschleunigen, er kann die Spieler auch mal in Szene setzen", erklärte Yakin.
"Er und Granit haben so ein klares und einfaches Spielverständnis, dass sie den Gegner einfach laufen lassen und uns Überzahlsituationen verschaffen. Beide sind in einer Top-Verfassung, tragen die Mannschaft, bringen Ruhe und Erfahrung rein. Es ist grossartig, zwei solche Spieler in der Mannschaft zu haben, die auch heute eine wichtige Rolle gespielt haben – vor allem von der Dominanz, der Ballsicherheit und der Überzeugung her. Das sind wichtige Elemente in unserem Spiel."
Yakin lobt Vielseitigkeit seiner Mannschaft
Die Schweiz war dazu in der Lage, aus unterschiedlichsten Situationen Torchancen zu kreieren – sie zogen aus der Distanz ab, spielten gefährliche Bälle in den Strafraum, waren aber auch per Standards gefährlich. Und das Wichtigste: Sie funktionierten als Mannschaft. "Jeder ist für jeden gegangen", sagte der Mittelfeldspieler Fabian Rieder. "Die Mechanismen waren super, wir haben gut harmoniert, defensiv wie offensiv."
Yakin lobte die Vielseitigkeit seiner Mannschaft: "Wir können nicht nur Fussball spielen, sondern sind auch läuferisch stark und können auch gegen den Ball arbeiten. Wir können das Spiel kontrollieren, können aber auch den Gegner einmal kommen lassen. Es hat sehr viel funktioniert."
Vargas traf, weil Xhaka es ihm befahl
Zum grossen Helden des Spiels wurde ausgerechnet der einzige Akteur, der neu in die Startelf rückte. Vargas verlor gegen Deutschland seinen Stammplatz, vertrat nun aber den gelbgesperrten Silvan Widmer. Mit einer Traum-Vorlage zum 1:0, die Remo Freuler verwertete, und seinem eigenen Treffer zum 2:0 rechtfertigte er seinen Einsatz.
Vargas erzählte eine kuriose Geschichte zu seinem Tor: "Granit (Xhaka, Anm.d.Red.) meinte noch kurz vor Anpfiff der zweiten Halbzeit: 'Mach bitte ein Tor!' Eine Minute später bekomme ich Ball. Granit schreit, ich soll schiessen. Ich war natürlich froh, dass der Ball dann drin war." Yakin bezeichnete die Hereinnahme von Vargas als Glücksfall: "Wir haben gewusst, dass der Gegner Schwierigkeiten mit seiner Schnelligkeit und seinen Dribblings hat."
Im Viertelfinale gegen England oder Slowakei
Der Erfolg der "Nati" ist kein Zufall. Nur eines der letzten 17 Länderspiele wurde verloren. Yakin hat bei der Schweizer Nationalmannschaft ideale Bedingungen, um erfolgreich zu arbeiten. "Wir haben eine gute Vorbereitung gehabt. Wir können über Fussball reden, es gibt keine Nebengeräusche", sagte er über die Vorzüge. "Wir haben auf allen Positionen gute Spieler. Jeder akzeptiert seine Rolle. Auch die Spieler, die nicht zum Zuge kommen, blicken positiv nach vorne."
Im Viertelfinale am 6. Juli trifft die Schweiz in Düsseldorf auf England oder die Slowakei. Der Gegner wird am heutigen Sonntag um 18 Uhr ermittelt. "Wir hatten uns auf Italien gut vorbereitet, nun können wir uns das Spiel angucken, dann wird uns sicherlich die richtige Strategie einfallen", sagte der Trainer. "Wichtig ist, dass wir diesen Schwung mitnehmen. Man sieht, wie die Mannschaft lebt und den Fussball zelebriert. Das ist ein super Team mit einer super Stimmung."
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.