Von diametral abkippenden Sechsern und xGoals-Werten: Hier finden Sie eine Auswahl an geläufigen Fussball-Fachbegriffen – kurz, prägnant und leicht verständlich erklärt.
Endlich ist sie da, die EM in Deutschland. Einen Monat lang dreht sich für viele dann alles nur um Fussball. Vor allem bei TV-Übertragungen und Experten-Gesprächen werden immer wieder Fachbegriffe genannt, die vielleicht noch nicht jedem Fan geläufig sind.
Damit Sie während der EM zum Taktik-Experten werden und beim nächsten Spiel vor Ihren Freunden mit reichlich Spezialwissen glänzen können, haben wir im Folgenden eine Auswahl an neumodischen Fachbegriffen genauer erklärt. Viel Spass beim Einstudieren und Angeben!
Box-to-Box
Früher war es der Strafraum, heute ist es die Box. Die englische Bezeichnung für den 16-Meter-Raum wird bei Fussballübertragungen mittlerweile fast schon inflationär benutzt. "Die Besetzung in der Box bei Ecken ist gut", hört man dann beispielsweise, aber auch vom Box-to-Box-Spieler ist immer wieder die Rede.
Damit ist ein Spieler gemeint, der sich vornehmlich zwischen dem eigenen und gegnerischen Strafraum aufhält – seine Stärken also sowohl in der Offensive als auch in der Defensive hat. Da er sich hauptsächlich zwischen den beiden Boxen bewegt, ist diese Position eine der laufintensivsten im gesamten Spiel.
Ein recht prominentes Beispiel für einen klassischen Box-to-Box-Spieler ist
Holding Six
Wieder so ein englischer Begriff, der sich eigentlich ganz leicht ins Deutsche übersetzen lässt: Denn eine Holding Six ist letztendlich nichts anderes als ein defensiver Mittelfeldspieler oder ein klassischer Sechser, daher auch die "Six". Nach Deutschland gebracht hat diesen Begriff der ehemalige Bayerntrainer
Die Aufgabe einer Holding Six: Die Angriffsbemühungen des Gegners mit sauberen Tacklings und körperlicher Robustheit unterbinden. Wichtig ist hier also vor allem die Zweikampfstärke. Ausserdem soll der Spieler die Position vor der eigenen Abwehr hauptsächlich halten und dadurch für Stabilität sorgen – daher der Begriff "Holding". Daneben ist die Holding Six auch immer wieder für die erste Spieleröffnung zuständig. Prominente Beispiele: Barcelona-Legende Sergio Busquets oder auch Rodri von Manchester City.
Diametral abkippender Sechser
Der abkippende Sechser unterscheidet sich etwas von der gerade erwähnten Holding Six. Das "abkippen" bedeutet in diesem Fall, dass sich der defensive Mittelfeldspieler bei eigenem Ballbesitz zwischen (zentral abkippend) oder manchmal auch neben (diametral abkippend) die beiden Innenverteidiger fallen lässt, um als zusätzliche Anspielstation im Aufbauspiel zu fungieren. In der Folge können die beiden Aussenverteidiger der eigentlichen Viererkette etwas offensiver agieren, da die zwei Innenverteidiger durch den Sechser unterstützt werden.
Real Madrid nutzte diesen taktischen Kniff in der jüngeren Vergangenheit immer wieder – vor allem mit den Mittelfeld-Routiniers Toni Kroos und
Sweeper Keeper
Wo wir schon bei den einzelnen Positionen sind, hier noch ein weiteres Beispiel – ebenfalls wieder auf Englisch: Der Sweeper Keeper. Um zu erklären, was ein Sweeper Keeper beim Fussball macht, muss jedoch etwas weiter ausgeholt werden.
Denn anfangs war in England, dem Mutterland des Fussballs, mit dem "Sweeper" die Position des Liberos gemeint, die es in dieser Form im modernen Fussball allerdings nicht mehr gibt. Der wörtlichen Übersetzung zufolge war der Sweeper also der "Ausputzer" oder die "Kehrmaschine" hinter der Abwehr, der sich nicht in den Spielaufbau einschaltet, sondern lediglich defensive Aufgaben hat.
Dieses Modell wurde mit dem Sweeper Keeper mittlerweile auf den Torwart übertragen. Ein solcher Torwart-Typ ist also nichts anderes als ein gut mitspielender Torhüter, der quasi phasenweise auch als elfter Feldspieler fungieren kann. Der Sweeper Keeper verlässt häufig seinen Fünfmeter-Raum, bietet sich als zusätzliche Passstation an und hält sich mitunter auch weit vor seinem eigenen Tor auf, um Angriffe des Gegners früh zu unterbinden. Das derzeit prominenteste Beispiel eines Sweeper Keepers ist Manuel Neuer, die Nummer eins beim DFB und Kapitän des FC Bayern.
Expected Goals (xGoals)
Jetzt wird's statistisch: Vor allem im TV werden während Live-Spielen immer wieder die "xGoals" eingeblendet. Die Abkürzung steht für "Expected Goals" also "zu erwartende Tore".
Das Modell, das zum Beispiel auch in der Bundesliga zum Einsatz kommt, zeigt an, wie hoch die Chance auf ein Tor wirklich war. Dafür werden mehrere Faktoren herangezogen – zum Beispiel, von wo geschossen wurde oder wie viele Gegenspieler noch zwischen Ball und Tor standen. Zwischen den einzelnen Spielern, die abschliessen, wird jedoch nicht unterschieden.
Jeder Torabschluss erhält durch das xGoals-Modell also einen statistischen Wert. Ein Beispiel: Wird nach einem Torschuss der xGoals-Wert 0,25 angezeigt, bedeutet das, dass 25 von 100 Schüssen aus der Position zu einem Treffer führen. Hier kann der Wert also zwischen 0 und 1 liegen.
Das Modell kann jedoch auch auf ein gesamtes Spiel angewendet werden, dann werden die Werte aller Torchancen zusammengenommen, woraus sich ein Schnitt ergibt. In diesem Fall ist es sogar möglich, dass eine Mannschaft einen niedrigeren xGoals-Wert hat als der Gegner, aber trotzdem mehr Tore. Oder anders gesagt: Das Team mit dem niedrigeren Wert hatte zwar die schlechteren Chancen, war vor dem gegnerischen Tor aber deutlich effektiver.
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Packing
Von der einen Statistik zur nächsten: Das Packing. Mittlerweile eigentlich kein neumodischer Begriff mehr, sondern vielmehr etwas angestaubt – dennoch soll das System hier kurz erklärt werden.
Seine grosse Zeit hatte das Packing vor allem während der EM 2016, als kein Taktik-Experte oder Spielanalyst ohne das Modell auskommen konnte (oder wollte). Mittlerweile ist der Hype aber wieder verflogen, bei Übertragungen im TV etwa ist kaum noch etwas vom Packing zu hören.
Mit dem Packing soll gezeigt werden, wie viele Gegner durch Pässe oder auch Dribblings überspielt wurden. Das Modell soll also die Effektivität von Pässen und Dribblings verdeutlichen. Oder anders gesagt: Je mehr Spieler durch einen Pass überspielt wurden, desto effektiver ist er, denn je weniger Spieler zwischen dem Angreifer und dem Tor stehen, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit eines Tors.
Joker
Für den Begriff des Jokers gibt es im Fussball mittlerweile zwei Bedeutungen – das liegt vor allem an Bundestrainer
Nun zur neuen Interpretation durch Nagelsmann: Der DFB-Coach prägte den Begriff vor allem während seiner Zeit als Bayerntrainer. Mit einem Joker meinte er damals sehr offensiv agierende Aussenverteidiger – meist in einem 3-2-4-1-System. Beispiele für Joker unter Nagelsmanns Zeit in München waren unter anderem Kingsley Coman, Serge Gnabry oder Alphonso Davies. Der Unterschied zum normalen Flügelspieler: Der Joker muss weitaus mehr defensive Aufgaben übernehmen.
Polyvalenter Spieler
Noch ein Begriff, den vor allem ein Coach prägte: Bayerns Trainer-Legende Jupp Heynckes sprach immer wieder von polyvalenten Spielern – in München führte er beispielsweise Thomas Müller als einen solchen an.
Klingt sehr theoretisch und kompliziert, ist im Grunde aber nichts anderes als ein vielseitiger Spieler, der entweder auf mehreren Positionen spielen kann oder auch mehrere wichtige Fähigkeiten mitbringt.
Halbraum
Teilt man ein Fussballfeld vertikal in fünf verschiedene Bereiche, so sind die beiden Räume zwischen dem Zentrum und den beiden Aussenbahnen die Halbräume.
Ein Beispiel, bei dem die Halbräume aktuell immer wieder besetzt werden, ist das DFB-Team. Hier ziehen die Spieler, die weiter aussen stehen (im aktuellen System häufig Jamal Musiala und Florian Wirtz) immer wieder auch in die Mitte des Feldes, um dort für entscheidende Aktionen zu sorgen.
Leseraufruf
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Verwendete Quellen
- topgoalkeeping.com: What Is A Sweeper Keeper?
- bundesliga.com: Was sind eigentlich Expected Goals?
- kicker.de: kicker ABC - Packing
- kicker.de: Nagelsmann erklärt die "Joker" im 3-2-4-1 – und wann es "problematisch" werden kann
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