Für Cristiano Ronaldo beginnt die Europameisterschaft am heutigen Abend gegen Island. Bislang verliefen seine Auftritte mit der Nationalmannschaft meist enttäuschend - dafür gibt es Gründe.
Im Vereinsfussball hat
Seinem Selbstvertrauen hat das offenbar nicht geschadet. "Ich bin der beste Spieler der letzten 20 Jahre, das ist nicht meine Meinung, die Ergebnisse beweisen es", sagte er zum italienischen Magazin Undici. Sein Berater Jorge Mendes bezeichnet ihn sogar als den besten Sportler aller Zeiten.
Tatsache ist aber: Um als einer der grössten Fussballer in die Geschichte einzugehen, müsste Ronaldo seine Nationalmannschaft zum Titel führen. Pele gelang dies gleich dreimal. Nicht zuletzt deshalb gilt der Brasilianer für viele Experten als der beste Fussballer aller Zeiten. Auch
Ronaldo weiss, dass seine Karriere ohne Titel mit der Nationalmannschaft unvollendet bleiben würde. "Auf Klubebene und individuell habe ich alles gewonnen, mir fehlt nur der Titel mit Portugal", sagt er in der Sport-Bild. "Das würde meine Laufbahn krönen, und ich habe grosse Hoffnung."
Alles hängt an CR7
Zu Beginn seiner Karriere hätte Ronaldo fast die Europameisterschaft gewonnen. Im Jahre 2004 unterlag Portugal im Finale vor heimischem Publikum Griechenland überraschend mit 0:1. Seitdem nahm er an fünf weiteren Grossturnieren teil, ohne jemals ein Finale bestritten zu haben. Besonders bitter war die Weltmeisterschaft 2014, als Portugal in der Vorrunde ausschied.
Als Hauptproblem Portugals gilt die Abhängigkeit von Ronaldo. Erwischt der 31-Jährige einen schlechten Tag, springt kein anderer in die Bresche. Um es einmal in Zahlen auszudrücken: Laut Transfermarkt.de ist Ronaldo mit 110 Millionen Euro mehr als viermal so viel wert wie der zweitteuerste Portugiese William Carvalho (26 Millionen Euro).
Dabei hat die "Selecao Portuguesa de Futebol" durchaus Potential. Bei der U-21 Europameisterschaft im vergangenen Jahr begeisterten die jungen Portugiesen mit einem technisch erstklassigen Fussball. Falls es jemand vergessen hat: Deutschland wurde im Halbfinale mit 5:0 vom Platz gefegt. Viele dieser jungen Spieler sind mittlerweile zur A-Nationalmannschaft gestossen. Doch fehlt ihnen vermutlich die Erfahrung, um bei einer EM aufzutrumpfen.
Ronaldo steht zwischen zwei goldenen Generationen
Um mit der Nationalmannschaft Titel zu gewinnen, ist Ronaldo zum ungünstigsten Zeitpunkt geboren. Als er zur Nationalmannschaft stiess, hatten portugiesische Weltklassespieler wie Luis Figo oder Rui Costa ihren Zenit überschritten.
Bis nun die "jungen Wilden" von Portugal Weltklasse-Niveau erreicht haben, dürfte selbiges auf Ronaldo zutreffen. Das heisst: Möchte der Linksaussen mit der Nationalelf abräumen, muss er es jetzt (mehr oder weniger) alleine richten.
Ausgerechnet bei den Grossturnieren präsentiert sich der Weltstar oft ausser Form. Ein Beispiel: Als Portugal 2010 im Achtelfinale gegen Spanien ausschied, tauchte er völlig unter. Statt sich danach selbstkritisch zu zeigen, schob er die Schuld auf den damaligen Coach Carlos Queiroz. "Eine Erklärung, fragen sie den Trainer", sagte er nach Abpfiff. Ähnlich unauffällig waren seine Auftritte bei der WM 2014.
Kein Trainer würde es wagen, Ronaldo wegen Müdigkeit oder schlechter Form in wichtigen Spielen auf die Bank zu setzen. Bei den vergangenen drei Welt- und Europameisterschaften absolvierte Portugal insgesamt 29 Spiele - 27 davon mit Ronaldo. Es gilt das Motto: CR7 spielt immer!
Fitness-Probleme vor Grossturnieren
Dabei reist Ronaldo oft in einem körperlich schlechten Zustand zu den Turnieren. Vor der Weltmeisterschaft 2014 gewann er mit Madrid die Champions League, war allerdings angeschlagen. Eine Sehnenentzündung und Muskelverletzung im linken Bein behinderte ihn. Später hiess es, Ronaldo hätte eigentlich nicht spielen dürfen.
Nicht viel anders ist die Situation diesmal: Wieder gewann Ronaldo die Champions League, wieder bereitet sein Körper Sorgen. Der Oberschenkel macht ihm das Leben schwer. Bereits im Champions League Finale war er völlig ausser Form - auch wenn rückblickend nur sein entscheidender Treffer im Elfmeterschiessen in Erinnerung blieb.
"Ronaldo ist ausgepumpt", wird Ex-Real-Profi Jose Amavisca vom kicker Sportmagazin zitiert. "Ich denke nicht, dass er in Frankreich brilliert. Es wird wie in Brasilien." Ronaldo gilt zwar als einer der fittesten Fussballprofis - seit er 2009 zu Real Madrid gewechselt ist, war er nie länger als sechs Wochen verletzt - doch die Belastung ist hoch.
Die Madrilenen sind fast genauso abhängig von Ronaldo wie die Nationalmannschaft. Vergangene Saison absolvierte er 36 Spiele in der Liga, 12 In der Champions League - er stand jedes Mal in der Startelf, wurde nur dreimal vorzeitig ausgewechselt. "Ich war diese Saison der Spieler mit den meisten Einsatzminuten von Real. Das bedeutet mir sehr viel. Denn es zeigt, dass ich immer noch gut bin - physisch, mental", sagt er im kicker.
Doch irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem der Körper einfach keine Höchstleistungen mehr abrufen kann. Häufig war das der Fall, wenn eine Europa- oder Weltmeisterschaft begann.
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