Joachim Löw hat geliefert. Die stark verjüngte deutsche Nationalmannschaft hat mit einem fulminanten 3:2 (2:0) beim Fussball-Erzrivalen Niederlande einen Traumstart in die Qualifikation für die EM 2020 gefeiert.

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Das erfrischende Angriffsduo mit Leroy Sané (15. Minute) und Kunstschütze Serge Gnabry (34.) sowie Nico Schulz mit dem Last-Minute-Siegtreffer (90.) sorgten am Sonntagabend in Amsterdam für die erhoffte Aufbruchstimmung beim Neustart nach dem WM-Frust und Nations-League-Abstieg 2018. Matthijs de Ligt (48.) und Memphis Depay (63.) hatten zwischenzeitlich für den Ausgleich der Holländer gesorgt.

Das taktische Konzept des Bundestrainers ging in der ausverkauften Johan-Cruyff-Arena gegen 45 Minuten lang paralysierte Holländer auf. Manuel Neuer zeigte im Tor alte Klasse. Die neue Defensive um Abwehrturm Niklas Süle stand weitgehend stabil. Und vorne stürzten der herausragende Gnabry und der vor der WM noch aussortierte Sané mit ihrem Tempo und Spielwitz die Oranje-Abwehr immer wieder in höchste Not.

"Ich möchte sehen, dass wir mutig sind und dass die Spieler Vertrauen haben in ihre Stärken", sagte Löw vor der Partie im TV-Sender RTL und betonte: "Wir haben auch unsere PS, die wir auf die Strasse bringen müssen." Dies gelang der DFB-Elf auch ohne den angeschlagenen Marco Reus perfekt. Schon in der zweiten Minute hatte Gnabry das 0:1 auf dem Fuss, scheiterte aber an Oranje-Torwart Jasper Cillessen (2.).

Reus kam doch noch zum Zug

Der Dortmunder Reus sass nur auf der Bank, weil er nach Aussagen von Löw mit Problemen am Oberschenkel zu kämpfen hatte. Kurz vor Schluss kam Reus noch für ein paar Minuten für Gnabry. Zuvor hatten die Deutschen 45 Minuten lang auch ohne ihn Löws Vorgaben perfekt umgesetzt. Joshua Kimmich kam nach feinem Tempo-Dribbling gefährlich vor das niederländische Tor, war dann aber zu unentschlossen (13.).

Mit der dritten gefährlichen Offensivaktion belohnte sich die DFB-Elf dann. Nach Pass von Toni Kroos passte Nico Schulz nach innen, wo Ajax-Jungstar Matthijs de Ligt ausrutschte, Sané den Fehler cool ausnutzte und eiskalt mit seinem dritten Länderspieltor zum 0:1 traf.

Die Holländer waren mit einem 4:0 gegen Weissrussland in die EM-Quali gestartet, wirkten gegen die Löw-Elf aber in Hälfte eins ungewohnt verhalten und leisteten sich zu viele Ballverluste. Gefährlich wurde es für die deutsche Dreierkette mit dem starken Süle, Antonio Rüdiger und Matthias Ginter lediglich, wenn die Holländer schnell über aussen spielten. In einigen Situationen fehlte dann die Zuordnung im neu formierten Abwehrverbund vor Torwart Manuel Neuer, der den Vorzug vor Marc-André ter Stegen erhalten hatte. Und dieses Vertrauen auch zweimal in beeindruckender Art und Weise rechtfertigte.

Löwsche Konzept ging voll auf

Gegen den früheren Hoffenheimer Ryan Babel verhinderte der Kapitän mit zwei grossartigen Paraden den Ausgleich (25./27.). Abgesehen von diesen Aktionen kamen die Holländer in den ersten 45 Minuten kaum in ihr Spiel, mit dem sie zuletzt Fachleute und Fans begeistert hatten.

Im Gegenteil: Das Löwsche Konzept ging voll auf. Gnabry und Sané beschäftigten die holländische Hintermannschaft um den Abwehrhünen Virgil van Dijk permanent, liessen sich viel fallen und waren kaum vom Ball zu trennen. Gnabry krönte seine starke Leistung mit dem Traumtor zum 0:2. Der Bayern-Flügelflitzer narrte van Dijk, schlug einen Haken, schlenzte ins lange Eck - und wurde von allen anderen neun Feldspielern als Zeichen der Geschlossenheit beglückwünscht.

Hätte Sané in der 40. Minute mit seinem etwas schwächeren rechten Fuss alleine vor Cillessen zum 0:3 getroffen, wären die Pfiffe der einheimischen Fans und die "Super Deutschland, olé"-Gesänge der mitgereisten DFB-Anhänger zur Pause wohl noch lauter ausgefallen.

Bondscoach Ronald Koeman muss in der Kabine wohl recht laut geworden sein, denn die 52 000 Zuschauer sahen nach dem Seitenwechsel eine verwandelte Elftal. Beim 2:2 im Nations-League-Rückspiel in Gelsenkirchen hatten sie zuletzt schon einmal einen 0:2-Rückstand gegen die DFB-Elf wettgemacht. Nun stand Oranje entschlossen, dynamisch, mit Durchsetzungsvermögen und ganz anderer Körpersprache auf dem Platz. Gegen de Ligts wuchtigen Kopfball war Neuer machtlos.

Den Deutschen gelang nach dem 1:2 lange keine Entlastung mehr. Das Bild drehte sich komplett. Süle und Ginter zögerten im eigenen Strafraum - eine Chance, die sich Depay nicht entgehen liess und zum Ausgleich traf. Löw reagierte und brachte Ilkay Gündogan für Goretzka (70.). Die Deutschen trotzten dem holländischen Angriffswirbel, schafften aber nach vorne kaum noch gefährliche Aktionen - bis zur 90. Minute und dem umjubelten Schulz-Treffer.

(dpa/fra)

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