Die Wiedereinführung der Relegation um den Bundesligaaufstieg ist, sportlich gesehen, eine tolle Sache. In zwei Spielen kulminiert für zwei Mannschaften eine ganze Saison. Es geht um Alles oder Nichts. Erste oder zweite Liga. Tod oder Gladiolen. Hochspannung bei Spielern und Fans ist garantiert, entlädt sie sich aber in Ausschreitungen oder Platzstürmen, hat das mit Sport nichts mehr zu tun.
Als Zuschauer des Relegationsrückspiels zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC Berlin am Dienstagabend musste man mit ansehen, zu welchen Auswüchsen dieser Nervenkitzel führen kann. Brennende Bengalos, tretende und spuckende Spieler und Menschenmassen, die völlig enthemmt noch während des Spiels aufs Feld stürmen. Als neutraler Beobachter war man fassungslos.
Das wirft eine Menge Fragen auf. Wie kann so etwas passieren? Welche Strafen müssen nun folgen? Und vor allem: Was haben Krawalle, Gefahr und Polizeieinsätze mit Fussballkultur zu tun?
Es ist völlig unverständlich, warum bei Spielen dieser Brisanz offensichtlich zu lasche Sicherheitskontrollen stattfinden. Würden Fans vor den Stadiontoren gründlich durchsucht, wäre nicht so eine Masse an Pyrotechnik gezündet worden, wie es während der Partie der Fall war. Lebensgefährliche Brandsätze, die praktisch nicht löschbar sind, mitten unter Tausenden von Menschen, darunter auch viele Familien mit Kindern.
In Zeiten von Kameraüberwachung dürften Rädelsführer schnell gefunden sein. Selbst wenn ein Chaot sich vermummt, müsste er anhand von Kleidung, Haarschnitt, Körpergrösse und der Umgebung, in der er steht, gefunden werden.
Wie sehr die Sicherheitsvorkehrungen bei der Relegationspartie am Dienstag ins Leere griffen, zeigten die Geschehnisse gegen Ende des Spiels. Eine Handvoll Ordner sah sich völlig machtlos mit einer Masse von Fans konfrontiert, die auf das Spielfeld drängten. Dabei kündigte sich der Platzsturm schon mehrere Minuten lang an. Im Innenraum der Düsseldorfer Arena warteten Tausende Fortuna-Anhänger auf den Schlusspfiff, um endlich ihrer Ekstase Ausdruck zu verleihen. Man mag sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, hätte ein Berliner Spieler ein brutales Foul begangen oder gar noch das Siegtor geschossen. Hertha-Anwalt Christoph Schickhardt sprach im Anschluss sogar von "Todesangst", die einige Spieler gehabt haben sollen.
Jetzt sind DFB und DFL gefragt, auf die Vorkommnisse der letzten Zeit zu reagieren. Auch im letzten Saisonspiel des 1. FC Köln gegen Bayern München und in der Relegation um die Zweite Liga zwischen dem Karlsruher SC und Jahn Regensburg war es zu Ausschreitungen gekommen. Dieses Mal reichen Geldstrafen nicht mehr aus. Die Zahl der Ordnungskräfte und die Polizeipräsenz muss für Risikospiele erhöht werden.
Ein sicherer Weg, wie man der immer stärker eskalierenden Chaosspirale Herr werden kann, dürfte ein Selbstreinigungsprozess innerhalb der Fanszenen sein. Dafür müssen Strafen ausgesprochen werden, die wirklich schmerzhaft sind. Beispielsweise ein Wiederholungsspiel ohne Fans oder gleich Platzsperre für eine ganze Saison. Abschreckend wäre auch, die nächste Bundesligasaison ohne Hertha BSC und Fortuna Düsseldorf, also mit 17 Vereinen, zu absolvieren. Bei solch radikalen Strafmassen hält garantiert jeder Zuschauer seinen Nebenmann vom Platzsturm ab.
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