• Erling Haaland ist seit einem knappen Jahr in Dortmund und die Tormaschine der Borussia.
  • Diese Tormaschine aber wird nun wochenlang fehlen.
  • Trainer Lucien Favre hätte einen 16-Jährigen in der Hinterhand. Diese Lösung aber erscheint unrealistisch.
Christopher Giogios
Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht des Autors/der Autorin dar. Hier finden Sie Informationen dazu, wie wir mit Meinungen in Texten umgehen.

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Die vergangenen zwei Wochen haben Borussia Dortmund gezeigt, wie schnell ein Höhenflug sein Ende finden kann.

Auf den berauschenden 5:2-Sieg bei Hertha BSC liess der BVB daheim ein souveränes 3:0 in der Champions League gegen den FC Brügge folgen - und dann, wie aus dem Nichts, bestrafte der bis dahin 18 Mal in Folge sieglose 1. FC Köln uninspiriert auftretende Dortmunder mit einem 2:1-Sieg. Vier Tage später dann das ärgerliche 1:1 gegen Lazio Rom im Kampf um den Gruppensieg in der Champions League.

Die wahre Katastrophe aber hatte sich bereits im Abschlusstraining vor dem Auftritt gegen die Italiener ereignet: Torjäger Erling Haaland riss sich eine Muskelfaser und muss voraussichtlich bis Anfang Januar zuschauen. Haaland ist erst 20 Jahre alt und steht erst ein knappes Jahr in Diensten der Dortmunder.

Angesichts seiner Torquote, aber auch seiner schieren Präsenz auf dem Platz und seiner Fähigkeit wegen, die Mitspieler mitzureissen, erscheint der Norweger unersetzlich. Einen Typen wie Haaland gibt es im Kader der Borussia derzeit kein zweites Mal.

Favre behält recht: Haaland muss (vor sich selbst) geschützt werden

Nach seiner Verletzung erscheint eine Szene plötzlich in einem anderen Licht: Die gespielte Empörung, die der Stürmer gegenüber Trainer Lucien Favre aufgrund seiner Auswechslung in Berlin (vier Treffer) in der 85. Minute zum Ausdruck brachte.

Zwar wäre es übertrieben und spekulativ, Haalands Verletzung mit körperlicher oder gar mentaler Überlastung zu erklären. Aber es sagt schon einiges aus, dass Favre selbst die These in den Raum stellte, dass Haaland möglicherweise in den letzten Monaten zu viel gespielt hat.

Favre allerdings ist kein Vorwurf zu machen. Schliesslich ist er bekannt dafür, junge Spieler behutsam aufzubauen und auch in puncto Belastungssteuerung eher vorsichtig zu agieren.

Zu lamentieren aber hilft dem Vizemeister nicht weiter. Die Borussen müssen im vollgepackten Spielplan (sechs Begegnungen in drei Wettbewerben bis Weihnachten) auf ihren Torgaranten verzichten. Haaland hat in bisher 14 Pflichtspielen bereits 17-mal getroffen und drei Treffer aufgelegt.

Plötzlich ist der BVB zurück in der Stümerdiskussion, die vor Haalands Verpflichtung an der Tagesordnung war. Dem Verein ging der Zielspieler im Sturm ab, so wie jetzt.

Kann Jahrhunderttalent Moukoko es schon für den BVB richten?

Oder doch nicht? Kurioserweise fällt Haalands Ausfall beinahe punktgenau zusammen mit dem Debüt Youssoufa Moukokos. In Berlin ersetzte der jüngste Debütant der Bundesliga-Geschichte einen Tag nach seinem 16. Geburtstag Viererpacker Haaland.

Juwel Moukoko ist - auf dem Papier - neben Haaland der einzige Stürmer im vielversprechenden Kader der Borussia. Ein naheliegender Gedanke ist, Moukoko jetzt in die Startformation zu stellen. Ob das allerdings eine gute Idee ist, darf bezweifelt werden.

Die Verletzung eines jungen Spielers damit zu kompensieren, einen noch jüngeren, frisch gebackenen Bundesligadebütanten ins kalte Wasser zu werfen – das ist unter Favre nur schwerlich vorstellbar. Sicherlich: Moukoko wird in diesem Jahr noch mehr Minuten bekommen als ursprünglich vorgesehen waren. Die Hauptlast in der Offensive werden aber andere zu tragen haben.

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Wahrscheinlicher ist es, dass der BVB eine flexiblere Offensive mit erfahrenen Spielern wie Marco Reus, Julian Brandt und Thorgan Hazard baut. Insbesondere Reus und Brandt können theoretisch auch in den Sturm gestellt werden, wenngleich es nicht ihre bevorzugte Position ist. Ein weiteres Problem: Beide Spieler befinden sich derzeit nicht in Bestform.

Die Dortmunder müssen froh sein, in der Champions League den Einzug ins Achtelfinale - wenngleich ohne Haaland - eingetütet zu haben und in St. Petersburg "nur" noch um den Gruppensieg zu spielen. Mit Zweitliga-Aufsteiger Eintracht Braunschweig wartet in der zweiten Hauptrunde des DFB-Pokals zwei Tage vor Weihnachten zudem ein vergleichsweise leichter Gegner.

In der Bundesliga indes muss der Klub, von dem erwartet wird, erster Herausforderer des FC Bayern München zu sein, aufpassen. Punktverluste wie gegen den 1. FC Köln kosten auf Dauer den Anschluss an die Tabellenspitze. Insofern hat mit den 90 Minuten gegen Lazio Rom das sehnsüchtige Warten auf Haalands Rückkehr begonnen.

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