Zeitstrafen, weniger Proteste und eine Ausweitung der VAR-Kompetenzen - der Fussball steht vor einer weiteren Regelrevolution. Der deutsche Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich reagiert gespannt.

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Joshua Kimmich muss wegen seines taktischen Fouls auf die neu montierte Strafbank, darüber beschweren darf sich nur Kapitän Manuel Neuer, und der Kölner Keller überprüft derweil die Gelbe Karte - so könnte zukünftig ein Bundesligaspiel von Bayern München aussehen. Wenn es nach dem Willen der Regelhüter im International Football Association Board (IFAB) geht, steht der Profifussball vor einer weiteren Regelrevolution.

Die Verhängung von Zeitstrafen für vorsätzliche oder unsportliche Fouls und die Begrenzung von Protesten beim Schiedsrichter auf die Spielführer soll schon bald getestet werden. Diese Empfehlung sprachen die IFAB-Mitglieder auf ihrer Arbeitssitzung in London aus. Endgültig darüber entschieden wird bei der nächsten Jahrestagung im März des kommenden Jahres in Glasgow.

"Wir verfolgen die Überlegungen und Diskussionen des IFAB sehr aufmerksam und sind gespannt, welche möglichen Vorhaben am Ende ins Regelwerk aufgenommen werden", sagte der deutsche Schiedsrichter-Chef Lutz Michael Fröhlich dem SID. "Die Zeitstrafe gibt es in Deutschland bereits vielerorts im Jugendfussball, in einigen Landesverbänden auch im Amateurfussball. Grundsätzlich sind die Erfahrungen damit gut."

Zeitstrafen als Sanktion zwischen Verwarnung und Platzverweis

Laut Fröhlich bieten Zeitstrafen "die Möglichkeit einer Sanktion, die zwischen der Verwarnung und dem endgültigen Feldverweis" liegt. "Ob ihre Einführung auch im Profifussball sinnvoll ist und wir an einem etwaigen Test teilnehmen würden, werden wir intensiv besprechen, auch mit der Liga und den Vereinen, wenn das IFAB das Protokoll und das System für einen Test ausgearbeitet hat."

Nach der Auswertung von Langzeit-Versuchen in unterklassigen englischen Ligen scheint für das IFAB die Einführung von Zeitstrafen bei den Profis der richtige Weg zu sein. Im Falle der Annahme der Empfehlung müssten Spieler bereits ab der kommenden Saison nach entsprechenden Regelverstössen für eine bestimmte Dauer vom Feld und ihre Mannschaft damit vorübergehend in Unterzahl spielen.

Der Schiedsrichter-Boss des Weltverbands Fifa ist jedenfalls dafür. "Es hat in den englischen Amateurligen funktioniert, aber jetzt geht es um ein höheres Niveau", sagte Pierluigi Collina. "Wir müssen dafür etwas entwickeln, das funktioniert und des Spitzenfussballs würdig ist."

In anderen Sportarten funktioniert es bereits

Zeitstrafen für bestimmte Fouls sind in anderen Sportarten wie im Handball, Rugby oder Hockey schon lange fester Bestandteil der Regelwerke. Dass es in andern Sportarten auch mit Blick auf das Fairplay wesentlich besser als im Fussball läuft, hat die zurückliegende Rugby-WM wieder unter Beweis gestellt.

Um einen Schritt in diese Richtung zu machen, plant das IFAB auch Massnahmen gegen die zunehmenden Proteste von Spielern gegen Schiedsrichter-Entscheidungen. Deshalb wird im Frühjahr wohl auch darüber abgestimmt, ob in bestimmten Fällen nur noch die Kapitäne mit dem Unparteiischen diskutieren dürfen.

"Wir sind gespannt, was mögliche Tests ergeben, wie sich eine solche Regelung in der Praxis umsetzen lässt und auf welche Akzeptanz sie stösst", sagte Fröhlich dazu. "Generell ist alles, was den Fussball attraktiver macht und dem Fairplay sowie seinem Image dient, auch in unserem Interesse."

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Heftige Debatten wird es dagegen geben, falls die Kompetenzen des Videoschiedsrichters ausgeweitet werden. Im Gespräch sind dabei Entscheidungen über Gelbe Karten, bestimmte Freistösse und Ecken. Fröhlich ist dafür zwar offen, sagte aber gleichzeitig der Bild-Zeitung: "Klar ist: Er darf nicht inflationär eingesetzt werden."

Genau das befürchten allerdings die Kritiker wie der frühere deutsche Top-Referee Thorsten Kinhöfer: "Wenn jetzt jeder Eckball überprüft wird, kann man die Spiele auch gleich aus dem Kölner Keller pfeifen und einen Roboter auf den Rasen stellen. (SID/lh)

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