Frankfurt/Main - Der hemmungslos weinende Hugo Ekitiké stand als Sinnbild für die gewaltige Enttäuschung bei Eintracht Frankfurt - und auch für das denkwürdige Scheitern der kompletten Bundesliga. Nach einer Woche zum Vergessen muss der deutsche Fussball die restliche Saison ab dem Halbfinale im Europapokal als Zuschauer auf dem Sofa verfolgen - wie zuletzt vor vier Jahren. Besonders schwer trifft das den Europa-League-Sieger von 2022, der den Coup von Sevilla in diesem Frühjahr nicht wiederholen wird.

Mehr News zum Thema Fussball

"Tolle Erlebnisse, tolle Spiele"

"Leider geht die wundervolle Reise zu Ende. Wir hatten tolle Erlebnisse, wir hatten tolle Spiele. Wir hätten gerne noch länger in diesem Wettbewerb gespielt", sagte Trainer Dino Toppmöller nach dem bitteren 0:1 gegen Tottenham Hotspur. Statt Anfang Mai im norwegischen Bodö um das Endspielticket für den Sehnsuchtsort Bilbao zu kämpfen, machten sich bei der Eintracht Frust und Ernüchterung breit.

Der Jugendkurs hat sich gegen ein abgezocktes Millionenteam auf der ganz grossen internationalen Bühne gerächt. Torhüter Kaua Santos (22) verursachte nach herausragenden Wochen mit seinem ungestümen Einsatz den Elfmeter, den Dominic Solanke zum entscheidenden Tor des Abends verwandelte.

Auf Europa League folgt Champions League?

Das frühe verletzungsbedingte Aus von Toppmöllers "Fixpunkt" Mario Götze war für Frankfurt nicht zu kompensieren. "Das hat unseren Matchplan zerstört, aber das können wir nicht ändern", befand der ratlose Sportvorstand Markus Krösche. Götze hat sich am Oberschenkel verletzt und droht der Eintracht auch im Bundesliga-Endspurt ein paar Wochen zu fehlen.

Auch ohne Reisen nach Bilbao und Bodö geht es für den Liga-Dritten Frankfurt noch um einiges - nämlich das erstmalige Champions-League-Ticket über die Liga. "Was hier wieder los war, ist unglaublich. Jeder Spieler möchte das nächstes Jahr wieder erleben – dann hoffentlich in der Champions League", sagte Abwehrchef Robin Koch. Am Sonntag (15.30 Uhr/DAZN) gastiert die Eintracht beim FC Augsburg.

Eintracht Frankfurt - Tottenham Hotspur
Muss mit der Eintracht weiter auf ein grosses Finale warten: Dino Toppmöller. © dpa / Uwe Anspach/dpa

Ab Herbst soll der "Beutezug der Adler", den Frankfurts Fans in einer Choreographie vor Anpfiff vollmundig angekündigt hatten, weitergehen. Für diese Saison ist er vorzeitig beendet. "Es ist schwer in diesem Moment. Das Ergebnis und der Spielverlauf sind extrem bitter", sagte Koch.

Die in der Premier League extrem strauchelnden Spurs waren kein übermächtiger Gegner, wenngleich das Weiterkommen mit Blick auf beide Spiele absolut verdient war. Ein magischer Eintracht-Abend, wie ihn Vorstandssprecher Axel Hellmann in Erinnerung an die vergangenen Jahre offensiv gefordert hatte, blieb diesmal ein Wunschtraum.

Bundesliga so schwach wie zuletzt 2021

Nach dem Aus von Borussia Dortmund gegen den FC Barcelona sowie dem K.o. des FC Bayern bei Inter Mailand ist die Bundesliga erstmals seit 2020/21 gar nicht mehr in den Halbfinals vertreten. Noch im Vorjahr hatten der BVB in der Königsklasse sowie Leverkusen in der Europa League das Endspiel erreicht. Letzter deutsche Titelträger bleibt die Eintracht mit dem Triumph vor drei Jahren.

"Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft, wir waren das jüngste Team dieses Wettbewerbs. Jeder ist als Individuum gewachsen, wir sind als Team gewachsen", sagte Toppmöller.

Aktion von Kaua Santos "überflüssig"

Der Sohn des ehemaligen Trainers Klaus Toppmöller hat die Eintracht seit Amtsantritt im Sommer 2023 stabilisiert und weiterentwickelt. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Oliver Glasner, der gleich zwei Endspiele erreichte, muss er aber weiter auf sein erstes grosses Finale mit den Hessen warten.

Das lag auch an Kaua Santos, der in der Vorwoche noch das 1:1 in London gerettet hatte. Rekordnationalspieler Lothar Matthäus nannte den Brasilianer und dessen Paraden im Hinspiel noch "Weltklasse". Im Dauerregen von Frankfurt fiel das Urteil des RTL-Experten etwas anders aus. "Diese Aktion war überflüssig. Er hat riesig gehalten in Tottenham, macht aber in dieser Situation einiges falsch. Er war einfach zu spät."  © Deutsche Presse-Agentur