Beim FC Augsburg reibt man sich beim Blick auf die Tabelle wohl noch immer verdutzt die Augen. Nach 22 Spieltagen stehen die Schwaben auf Platz fünf und sind damit punktgleich mit dem FC Schalke 04. Und dabei war man doch noch vor kurzem nur ein Puppenkistenverein.

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In regelmässigen Abständen postet der gewiefte Social-Media-Verantwortliche des FC Augsburg nach den Spieltagen die aktuelle Bundesligatabelle bei Facebook. Mal mit einem Smiley, mal mit einem kessen "Läuft bei uns" überschrieben. Und wie es läuft beim FC Augsburg! Der Verein hat sich von einem sicheren Abstiegskandidaten zum Europacupaspiranten entwickelt. Und das mit einer Art Fussball zu spielen, die dem Klub deutschlandweit Respekt einbringt - mit Teamgeist, Kampf und viel Herzblut.

Dass für viele Experten der Erfolg des FCA dezent überraschend kommt, wundert Augsburgs Mittelfeldstar - ja, so muss man ihn nennen - Daniel Baier nicht, wie er exklusiv im Gespräch mit unserem Portal erklärt. Denn nicht mal im Verein hätte man damit gerechnet, nach 22 Spieltagen bereits 35 Punkte auf dem Konto zu haben. Es ist die so typische Augsburger Tiefstapelei, die da aus Baier spricht. So ganz haben sie sich noch nicht gewöhnt an ihre neue Rolle - aber es wird langsam. Immerhin ergänzt Baier: "Was die Leistung und die Entwicklung unserer Mannschaft betrifft, ist die gute Saison keine so grosse Überraschung".

"Die Mannschaft" auf schwäbisch

Will heissen: Die harte Arbeit, die Trainer Markus Weinzierl und Manager Stefan Reuter in den Verein gesteckt haben, trägt Früchte. Die Mischung aus etablierten Spielern wie Daniel Baier oder Halil Altintop, die beim FC Augsburg ihren zweiten Frühling bzw. die Hochphase ihrer Karriere erleben, und jüngeren Spielern wie Pierre-Emil Hojbjerg (19) und Dominik Kohr (20) könnte nicht besser funktionieren - auch weil das Kollektiv im Vordergrund steht. Egomanen sind beim FC Augsburg nicht gerne gesehen. Das gilt auch ausserhalb des Platzes. Kommt man beim FCA zum Interview, stellen sich auch die Spieler mit Handschlag vor, mit denen man gar keinen Termin hat. Das ist gelebte Bodenständigkeit, die es in anderen Vereinen nicht mehr gibt. Die klare Botschaft: "Wir sind keine Stars, wir sind der FC Augsburg".

Auch Daniel Baier schert sich nicht um seinen eigenen Ruhm: "Ich will einfach das Beste für meine Mannschaft geben und das mache ich Woche für Woche". Dieser Zusammenhalt erinnert an die deutsche Nationalelf bei der WM 2014. "Die Mannschaft" auf Schwäbisch.

Trainer Markus Weinzierl ist dabei "der, der vorneweg geht", sagt Baier im Interview. "Wir folgen ihm, wollen das Beste für den Verein, wollen das umsetzen, was er vorgibt". Weinzierl hat ein Talent dafür, Spielern neues Vertrauen in die eigene Leistung zu geben. Halil Altintop, Daniel Baier, Raul Bobadilla, aber auch der inzwischen abgewanderte André Hahn - sie alle waren von anderen Bundesligisten bereits abgeschrieben. Beim FCA haben sie höchstes spielerisches Niveau erreicht.

Weinzierl weckt Begehrlichkeiten

Bei so viel Erfolg ist es natürlich klar, dass Weinzierl bei fast jeder freien Trainerstelle bei einem alteingesessenen Bundesligisten als möglicher Nachfolger gehandelt wird. Doch das sehen sie beim FC Augsburg - wie so vieles andere - völlig gelassen. "Das ist der Fussball. Das ist das Geschäft", meint Daniel Baier. "Wenn man gute Leistungen bringt, dann ist es normal, dass Begehrlichkeiten geweckt werden. Ich weiss, dass unser Trainer sich hier sehr wohl fühlt und dass er Vertrag bis 2017 hat. Aber das ist natürlich keine Garantie. Da brauchen wir nicht drum rumreden. Aber ich bin guter Dinge, dass das alles noch längerfristig so bleibt, auch mit unserem Trainer".

Und ehrlich gesagt: Man könnte Weinzierl verstehen, sollte er trotz guter Angebote seinen Vertrag beim FC Augsburg erfüllen. Ein ruhiges Umfeld, Chancen auf das internationale Geschäft und ein dank der "Wir-sind-doch-nur-der-kleine-FCA"-Attitüde äusserst gering gehaltener Erfolgsdruck - andere Trainer würden sich um diese Arbeitsstelle reissen.

"Geil, vor ausverkauftem Haus zu spielen"

Zudem wächst auch die Fangemeinde in Augsburg kontinuierlich. Hatten zu Zweitligazeiten gerade einmal knapp 10.000 Leute die Lust, das zugige Rosenaustadion zu besuchen, sind die Spiele in der laufenden Saison fast immer ausverkauft. Bei einer kleinen Stadt wie Augsburg, die gerade einmal 250.000 Einwohner hat, ist ein Zuschauerschnitt von knapp 30.000 pro Spiel aller Ehren wert.

Wenn nur 27.000 Fans kommen, wie beim Sonntagsspiel gegen Eintracht Frankfurt, ist das schon fast ein Skandal, oder wie es Daniel Baier ausdrückt: "Das bin ich in der Saison einfach nicht gewohnt". Aber auch er hat noch in der Rosenau gespielt und weiss ganz, wie sehr die Fanszene inzwischen gewachsen ist. "Wir haben so geile Erlebnisse gehabt, hier im Stadion. Geile Heimspiele. Und für mich ist es das Schönste vor ausverkauftem Haus zu spielen, am besten noch mit Choreographie".

Und wer weiss, vielleicht müssen die Fans bald eine Choreographie auf europäischem Boden planen. Wenn der FC Augsburg so weiterspielt, ist die Qualifikation für die Europa League fast schon unausweichlich. Und sogar der ganz grosse Wurf, die Champions League ist noch möglich - immerhin schiesst inzwischen sogar der Torhüter beim FCA Tore. In Augsburg übt man sich jedoch weiter im Understatement. Das erklärte Ziel sind weiterhin 40 Punkte, also der sichere Klassenerhalt. Trotzdem kommt Daniel Baier beim Gedanken an die Königsklasse ein bisschen ins Schwärmen. "Die Champions League ist das Mass aller Dinge. Wenn du da spielst, dann geniesst du, glaube ich, jeden Augenblick. Und es ist natürlich für jeden Fussballer ein Traum da zu spielen". Dann lacht er und ergänzt: "Unabhängig natürlich, was das jetzt mit dem FC Augsburg zu tun hat".

Da ist sie wieder, die Augsburger Tiefstapelei. Aber ein bisschen träumen darf ja wohl erlaubt sein.

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