• Für Turbine Potsdam und Eintracht Frankfurt geht es in der Bundesliga im direkten Duell am nächsten Spieltag um alles.
  • International lässt der Sieg des FC Barcelona über den VfL Wolfsburg einen Blick in die Zukunft des Frauenfussballs zu.
  • Auch für den DFB sieht es nicht rosig aus. Er empfängt in diesem Jahr abermals viele Warnzeichen.

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Der deutsche Frauenfussball hat denkwürdige Wochen hinter sich. Wochen, die gleich auf mehreren Ebenen offenbarten, wie weit der Weg zurück an die Spitze tatsächlich nach wie vor ist.

Am Freitagabend erreichte das Gefühl der Abgeschlagenheit einen neuen Tiefpunkt. Der VfL Wolfsburg, das absolute Aushängeschild des deutschen Frauenfussballs, ging im Camp Nou beim FC Barcelona mit 1:5 unter – und war damit noch gut bedient. Nahezu gleichzeitig mühten sich die Frauen des FC Bayern München eine Halbzeit lang in Jena ab, um ihre Pflichtaufgabe zu erfüllen. Die Bundesliga-Ergebnisse des 20. Spieltags im Überblick:

Auch, wenn die Münchnerinnen jetzt wieder dran sind an den Wolfsburgerinnen, so ist damit zu rechnen, dass die nichts mehr anbrennen lassen. Spannender ist da schon der Kampf um Platz drei. Potsdam setzte sich im Top-Spiel mit 2:1 in Hoffenheim durch und kann nächste Woche gegen Eintracht Frankfurt die Qualifikation für die Champions League eintüten. Die Tabelle bei noch zwei ausstehenden Spieltagen:

1. Die letzte grosse Entscheidung in der Liga

Zwei Spieltage vor dem Ende geht es für die meisten Teams der Liga nicht mehr um viel. Zwar haben die Bayern ihren Rückstand auf Wolfsburg verkürzen können, aber für eine ernsthafte Chance auf den Titel müsste noch sehr viel passieren. Im Tabellenkeller hat der SC Sand in den letzten Wochen zu viel liegen lassen, um den Abstiegskampf nochmal heiss machen zu können. Rechnerisch sind sie noch nicht abgestiegen, aber die fünf Punkte Rückstand auf Essen werden sie wohl nicht mehr aufholen.

Und so ist nur noch eine Frage wirklich offen: Wer ergattert den dritten Platz und somit das letzte Ticket für die Champions League in der kommenden Saison? Turbine Potsdam hat am vergangenen Wochenende einen grossen Schritt in die richtige Richtung gemacht – und die TSG Hoffenheim damit auf sechs Punkte distanziert.

In einem hart umkämpften Spiel zeigten die Brandenburgerinnen abermals, dass sie in der Rückrunde vor allem an Defensivqualität hinzugewonnen haben. Dass sie mit aktuell 52 Treffern eine der besten Offensivreihen der Liga stellen und immer für zwei oder gar drei Tore gut sind, ist wenig überraschend.

Champions-League-Showdown: Potsdam empfängt Frankfurt

Nach der Hinrunde hatte Potsdam aber schon 16 Gegentore kassiert und damit mehr als die Konkurrentinnen aus Frankfurt (12) und Hoffenheim (14). Zwei Spieltage vor dem Ende sind bisher nur sechs weitere Gegentreffer hinzugekommen. Damit sind sie mittlerweile deutlich vor der Eintracht (26) und der TSG (29).

Trainer Sofian Chahed hat die Balance aus aggressivem und teils hohem Angriffspressing, ruhigen Ballbesitzphasen und schnellem Umschaltspiel gefunden. Kaum jemand hatte die Frauen aus der brandenburgischen Landeshauptstadt vor der Saison auf dem Zettel. Jetzt aber haben sie die Rolle der Favoritinnen inne.

Am nächsten Spieltag kommt es daheim zum Showdown mit Eintracht Frankfurt. Auch bei einer Niederlage stünde Potsdam bei aktuell 13 Toren Vorsprung noch auf Platz drei – am letzten Spieltag reisen sie allerdings nach München zu den Bayern. Ein Unentschieden wäre wohl die Vorentscheidung, ein Sieg wäre das rechnerisch bereits sichere Ticket für die Königinnenklasse.

Bei Turbine laufen zahlreiche Verträge im Sommer aus. Die Qualifikation für die Champions League wäre auch deshalb sehr wichtig für den Traditionsverein.

Spielerin der Woche: Almuth Schult

Bei fünf Gegentoren eigentlich keine folgerichte Wahl, doch die 31-Jährige konnte am wenigsten für die deutliche Niederlage. Im Gegenteil: So oft, wie Barca auf ihr Tor zurollte, hätte es eigentlich zehnmal klingeln können, vielleicht müssen. Schult parierte aber mehrfach sensationell und zeigte vielleicht als einzige Wolfsburgerin Topform.

2. FC Barcelona: Ein Blick in die Zukunft des Frauenfussballs

Langsam, wenig dynamisch, fehleranfällig, unästhetisch – die Liste an veralteten Klischees, mit denen sich der Frauenfussball hierzulande rumschlagen muss, ist end- und bodenlos. Umso grösser ist die Genugtuung, wenn ein Team so wunderschönen, schnellen und dynamischen Fussball spielt wie die Frauen des FC Barcelona. Vor 91.648 Zuschauerinnen und Zuschauern im Camp Nou deklassierten sie einen der dominantesten Klubs im europäischen Spitzenfussball der vergangenen zehn Jahre.

Eine Rekordkulisse auf europäischem Boden (Weltrekord: 110.000 Menschen beim WM-Finale 1971 in Mexiko). Und dem angemessen eine rekordverdächtige Performance von Barca. Es ist nicht zu hoch gegriffen, wenn diese Leistung als historisch eingeordnet wird. Die Spitze im Frauenfussball ist in den vergangenen Jahren zusammengewachsen. Solche Kantersiege sind auf diesem Niveau selten geworden.

Umso bedeutender ist es, was Barcelona gelungen ist. Wolfsburg zählt trotz der teils desolaten Leistung zu den besten Teams der Welt – vor allem im Spiel gegen den Ball. Den Gegnerinnen hatten sie aber gar nichts entgegenzusetzen.

Barca mit einer Demonstration für Wolfsburg und den gesamten Frauenfussball

Wie an einer Schnur gezogen lief der Ball durch das Stadion. Auf einer Seite sammelten sich sechs, sieben Barca-Spielerinnen auf engstem Raum, um sich innerhalb von Sekunden mit temporeichem Kurzpassspiel zu befreien und dann eine diagonale Seitenverlagerung zu spielen, die Wolfsburgs Defensive komplett öffnete.

Es war eine Demonstration – für die Wolfsburgerinnen, aber auch für den Frauenfussball insgesamt. Es war der Blick in die Zukunft, der klar aufzeigt, wie entwicklungsfähig dieser Sport ist. Barcelona ist seiner Zeit voraus und deshalb auch weitaus stärker als die Konkurrenz. Ein langjähriger Prozess, der sich schon 2019 andeutete, als Bayern im Halbfinal-Duell nur wenig vom Ball zu sehen bekam.

Ein Team, das sicher von der Weltfussballerin Alexia Putellas angeführt wird, aber so viele Gesichter mehr hat, dass es nicht fair wäre, eine von ihnen herauszugreifen. Der FC Barcelona ist im Frauenfussball stilbildend. Aktuell mögen das Tempo, die technische und taktische Qualität sowie die geringe Anzahl an Fehlern noch die grosse Ausnahme sein. Barca ist aber nur der Anfang. Sie sind die Möglichkeit, den Frauenfussball der Zukunft schon heute zu sehen. Mit all seinem Tempo, seiner Ästhetik und der Dynamik.

Zitat der Woche

"Wenn man zwei Meter gegen Barca nicht geht, dann hat diese Mannschaft genügend Zeit, um Räume zu finden. Bei uns war heute eine Bremse drauf, vielleicht aufgrund der Kulisse und der Bedeutung des Spiels." – Tommy Stroot in den klubeigenen Medien.

3. Quo vadis, Deutschland?

Wie lange es in Deutschland noch dauern wird, bis ein derartiges Niveau erreicht werden kann, ist allerdings fraglich. Die letzten Wochen waren abermals ernüchternd. Beginnend damit, dass es dem FC Bayern aus vierlerlei Gründen nicht gelungen ist, mit Wolfsburg Schritt zu halten. In den direkten Duellen zeigt sich dann doch immer wieder, wie gross der Abstand zwischen den beiden stärksten Teams in der Bundesliga noch ist.

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Aber auch ganz generell ist der Hype, der rund um das Champions-League-Viertelfinale auch in Deutschland ansatzweise zu spüren war, wieder zu grossen Teilen verschwunden. Das Halbfinale des DFB-Pokals, das am Ostersonntag zur Mittagszeit wie ein nahezu unauffindbares Osterei versteckt wurde, sowie die deftige Niederlage des VfL Wolfsburg am vergangenen Wochenende sind nur zwei mögliche Ursachen.

Hinzu kommt, dass die DFB-Auswahl ebenfalls nicht zu überzeugen weiss. Die jüngste 2:3-Niederlage gegen Serbien war ein weiterer Rückschlag kurz vor dem vielleicht wichtigsten Turnier der jüngeren Frauenfussball-Geschichte. Auch die Länderspiele werden im deutschen Fernsehen derart versteckt, dass die letzten Partien wahrscheinlich an vielen vorbei gingen.

Dass der DFB darauf zu bauen scheint, dass dieses Turnier in Deutschland ganz automatisch für den grossen Hype sorgt, ist eher besorgniserregend. Ein frühes Ausscheiden des Teams von Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg ist aktuell nicht auszuschliessen – und dann?

In Deutschland wird aktuell mit grossen Augen nach Barcelona oder nach England geschaut. Dort läuft sicher auch nicht alles rund, aber es geht voran, weil die Verantwortlichen sich ernsthafte Gedanken machen und nachhaltig daran arbeiten. Mit dem VfL Wolfsburg scheint jetzt das letzte grosse Aushängeschild der einstigen Vorreiternation grosse Probleme zu bekommen, sich an der Spitze zu halten. Für den DFB gibt es ausreichend Warnzeichen. Die Klubs allein werden den Wandel nicht tragen können.

So geht es jetzt weiter

Die Bundesliga pausiert am kommenden Wochenende. Für den VfL Wolfsburg wird es allerdings darum gehen, den eigenen Ruf nochmal aufzupolieren. Das 1:5 werden sie gegen den FC Barcelona nicht mehr drehen können, aber ein angemessener Abschied aus der diesjährigen Champions-League-Saison muss das Ziel sein. Gerade mit Blick auf die noch anstehenden Aufgaben in der Bundesliga und im Pokalfinale gegen Potsdam.

  • Wolfsburg – Barcelona (Hinspiel: 1:5, Samstag, 30. April, 18:00 Uhr, DAZN)
  • Paris – Lyon (2:3, Samstag, 30. April 21:00 Uhr, DAZN)
Verwendete Quellen
  • Twitter: Justin Kraft: Die Tabelle nach dem 20. Spieltag
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