Vor einigen Wochen war alles noch perfekt für die Young Boys Bern. YB hatte einen fulminanten Start in die neue Saison hingelegt und grüsste mit fünf Siegen aus den ersten fünf Spielen von der Spitze. Aber die Mahner, die da bereits auf die verhältnismässig einfachen Auftaktgegner hingewiesen hatten, sollten allem Anschein nach doch Recht behalten.

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Dem 1:2 zuhause gegen die Grasshopper folgte eine Woche später das Drei-Minuten-Debakel von Basel. Binnen 180 Sekunden warf YB seinen 1:0-Vorsprung weg und verlor im Joggeli erneut mit 1:2. Zwei starke Gegner, zwei Niederlagen: Ist Bern vielleicht doch noch nicht soweit, um den Siegeszug des FC Basel zu beenden?
Der schöne Vorsprung von sieben beziehungsweise sechs Punkten auf die beiden letzten Kontrahenten ist zusammengeschmolzen auf jeweils drei Zähler - und die Grasshoppers haben noch ein Spiel in der Hinterhand: Das Derby gegen den FCZ wird Ende Oktober nachgeholt.

Wer verhindert das Quintuple der Bebbi?

Vergangene Saison schien es schon so, dass der FC Basel nach drei Meisterschaften in Folge vom Thron gestürzt werden könnte. Drei Spieltage vor Schluss kam GC noch einmal auf drei Punkte an den Abonnementsmeister heran, Basel rettete den Vorsprung dann aber doch letztlich souverän ins Ziel. Der Abstand zwischen den Bebbi und dem Rest der Liga ist aber deutlich geringer geworden.

Young Boys Bern für die Tabellenspitze?

Ob sich aber ausgerechnet die Berner jetzt zum grossen Rivalen aufschwingen? Die Young Boys haben eine vernünftige Mannschaft zusammen, die offensiv stark besetzt ist (schon 17 Tore) und bei ordentlichem Saisonverlauf an die Europa-League-Plätze heran schnuppern kann, mit sehr viel Glück auch ein wenig mehr. Aber Champion? Wohl eher nicht.

Neben den beiden Niederlagen gab es auch beim Personal zwei schwere Rückschläge: Gonzalo Zarate fällt mit einer Knieverletzung rund vier Wochen aus, dazu wurde Elsad Zverotic zum Ende der Transferperiode noch an den FC Fulham verkauft. Auf Dauer dürfte der Qualitätsverlust - auch Alex Farnerud und Roman Bürki haben YB verlassen - nicht in der Art zu kompensieren sein, als dass Bern im Titelrennen ein Wörtchen mitreden könnte. Auch wenn der ausgeliehen Josef Martinez, derzeit bester Scorer der Liga, im Winter vom FC Thun zurückkehren sollte. Thun schlägt sich in der Europa League jedoch so gut, dass vermutlich kein Spieler freiwillig dem Verein den Rücken zudrehen würde.

Wird der FC Zürich den Meister-Thron erobern?

Vielmehr sollten sich die Blicke des Titelverteidigers nach Zürich richten, wo die beiden ärgsten Konkurrenten um die Meisterschaft ansässig sind. Wobei der FCZ einen sehr durchwachsenen Start hingelegt hat. Am Letzigrund wird man trotz nur elf Punkten aus den ersten sieben Spielen aber nicht nervös.

Wahrscheinlich ist es für den FCZ zu verschmerzen, dass die Mannschaft in den Playoffs zur Europa League schon früh das Aus ereilte und sich die Trupp nun komplett auf die Liga konzentrieren kann. Nach dem Fehlstart mit nur vier Pünktchen und acht Gegentoren aus vier Spielen hat sich die Mannschaft gefangen. Einen Wendepunkt bedeutete dabei der Sieg in Basel vor einingen Wochen, als der FCZ einen Rückstand noch biegen konnte und dem meister die bisher einzige Saisonniederlage beibringen konnte.

Die Defensive ist wieder einigermassen gefestigt, aber offensiv geht immer noch nicht viel zusammen. Elf Tore hat Zürich erst erzielt und hält sich so nur auf Platz sechs der Tabelle.

Vielleicht kann Yassine Chikhaoui endlich Abhilfe schaffen. Seit Mitte August ist der Tunesier wieder zurück in Zürich, nachdem er über zwei Monate in der Heimat bei den Ärzten seines Vertrauens weilte. Chikhaoui plagten rätselhafte Bauchschmerzen - und ohne seinen talentiertesten Angreifer ist der FCZ-Sturm nur etwas mehr als ein laues Lüftchen.

Der ehemals von den Topklubs Europas umworbene 26-Jährige soll aber langsam wieder an die Mannschaft herangeführt werden. Als schnelle Hilfe fällt Chikhaoui also aus. Also muss es der ehemalige Bundesliga-Legionär Mario Gavranovic bis auf weiteres richten, der mit drei Toren bester Schütze seiner Mannschaft ist. Im Vergleich zum FC Basel fehlt es dem FCZ aber an der Qualität in der absoluten Spitze.

Grasshoppers Zürich als härtester FCB-Gegner

Bleibt im Prinzip nur GC als härtester Basel-Kontrahent. Wie man die erfolgsverwöhnten Basler auf dem Weg zum Titel stürzt, haben die Grasshoppers in der abgelaufenen Saison schon gezeigt. Zwar nur im Halbfinale des Pokals, aber immerhin. Die Zürcher verhinderten damit das sechste Double der Allesgewinner der vergangenen Jahre.

Den Weggang von Nachwuchsstar Steven Zuber nach Moskau hat die Mannschaft sehr gut verkraftet, GC spielt fast ausschliesslich mit Schweizer Spielern und dem deutschen Trainer Michael Skibbe an der Seitenlinie. Der Pokalsieger hat eine gefestigte Mannschaft beisammen und mit Johan Vonlanthen, Shani Tarashaj und Caio drei wertvolle Offensivspieler dazugewonnen.

Eigentlich war das Bündnis zwischen Skibbe und GC im Sommer schon gestorben, noch ehe es angefangen hatte. Dann konnten sich beide Parteien aber doch noch einigen und fortan lässt der Deutsche erahnen, warum die Verantwortlichen bei seiner Verpflichtung finanziell an die Schmerzgrenze gegangen sind.

Es kann nur einen Basel-Gegner geben

Dem Schweizer Rekordmeister GC ist es am ehesten zuzutrauen, die Phalanx des FC Basel in dieser Saison zu durchbrechen. Der Kader ist ausgeglichen besetzt, mit Skibbe steht ein erfahrener Trainer an der Seitenlinie und der Cup-Sieg der letzten Saison dürfte das Team nur noch hungriger machen. Allerdings stehen auch nur 23 Profis zur Verfügung, was bei entsprechendem Verletzungspech schnell zum einen oder anderen Engpass führen könnte. Da ist Basel mit seinem 27er-Kader deutlich breiter und variabler aufgestellt.

Letztlich führt der Weg zum Titel so oder so nur über die Bebbi. Basel kennt sich aus mit der Höhenluft, ist erfahren und in der Breite und der Spitze des Kaders der Konkurrenz weit voraus. Dass nun auch noch der heftig umworbene Valentin Stocker beim FCB bleibt, ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Basler auch in diesem Jahr das Mass aller Dinge bleiben wollen.

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