Es war eine Watschen mit lediglich symbolischem Gehalt, die Borussia Dortmund dem FC Bayern München da am Samstag zugefügt hatte. Wehgetan hat die sie dem Deutschen Meister trotzdem. Der FCB läuft Gefahr, seine Selbstverständlichkeit, die Quasi-Unbesiegbarkeit zu verspielen und sieht sich derzeit einer grossen Frage ausgesetzt: der Frage der Mentalität.

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Nun hat es selbst Pep Guardiola erkannt, dass er möglicherweise einen grossen Bock geschossen hat. "Es kann sein, dass ich einen Fehler gemacht habe", gibt Guardiola gleich nach der 0:3-Niederlage des FC Bayern München gegen Borussia Dortmund zu. "Ich muss mit meinen Mitarbeitern sprechen, was wir machen können. Ich muss den Trick wieder finden, um zurück zum Rhythmus zu finden."

"Die Bundesliga ist vorbei" hatte Guardiola immer wieder gesagt. Und die Spieler scheinen diese Aussage verinnerlicht zu haben. Schon gegen Augsburg konnte man zusehen, wie die Motivation aus den Körpern der Bayern wich - fast wie Luft aus einem löchrigen Fahrradreifen. "Wenn eine führende Person wie der Trainer so eine Aussage macht, kann das natürlich sein, dass die Spieler nicht mehr hundertprozentig dabei sind", schätzt der freie Sportpsychologe Tom-Nicolas Kossak die Lage beim FC Bayern ein. Und wirklich, von hundert Prozent kann derzeit nicht einmal bei Kapitän Lahm die Rede sein. Sogar Mister Ober-Über-Zuverlässig schlich beim 0:3 gegen den BVB äusserst lustlos über den Platz. Impulse - Fehlanzeige.

Kann Bayern zwischen Liga und CL unterscheiden?

Ein Zustand, den der FC Bayern so schnell wie möglich abschütteln sollte. Immerhin wartet am Mittwoch der 1. FC Kaiserslautern im DFB-Pokal (20:30 Uhr, LIVE bei uns im Ticker) und nur wenig später Real Madrid. Ein Sieg muss her. Denn der FC Bayern läuft ansonsten Gefahr, "Routine und Sicherheit, die man in den letzten Wochen und Monaten aufgebaut hat" zu verlieren und "dadurch unsicherer zu werden", meint Sportpsychologe Kossak.

Dennoch traut der Motivations-Experte den Bayern zu, zwischen Ligaalltag und Königsklasse mental zu unterscheiden: "Es kommt ganz auf die Bewertung der Spieler an. Wenn die Spieler nach einer Niederlage im Ligaspiel sagen 'Ist mir egal, ich kann das gut abhaken', dann wirkt sich das nicht auf die Champions League aus."

Und die Bayern scheinen diese Fähigkeit zu besitzen. Das haben sie zum einen in der zweiten Hälfte des CL-Viertelfinals gegen Manchester United bewiesen, als sie das Spiel nach dem 0:1-Rückstand drehten. Und das beweisen auch die differenzierten Aussagen der Spieler nach der Niederlage gegen Dortmund. "Die letzte Gier, das muss man ganz klar festhalten, fehlt aktuell in der Liga", sagte beispielsweise Thomas Müller und unterstreicht: In der Champions League und auch im Pokal fehlt diese Gier nicht.

Und eigentlich kann man es Philipp Lahm und seinen Kollegen nicht verdenken, dass sie in der Liga nur mehr mit Standgas spielen. Die Deutsche Meisterschaft ist gewonnen. Und manchmal muss man auch eine "Pause einfach eine Pause sein lassen" (Matthias Sammer bei "Sky").

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