Es ist gerade einmal drei Wochen her, da verweigerten die Mitglieder des Hamburger SV ihrem Aufsichtsrat auf der jetzt schon historischen Mitgliederversammlung die Entlastung für das abgelaufene Geschäftsjahr. Dieses elfköpfige Gremium, seitdem ohne Vertrauen seiner Stimmberechtigten unterwegs, soll jetzt eine Entscheidung vorantreiben, die so einschneidend ist wie nur wenige in der Geschichte des Klubs. Offenbar steht Felix Magath vor einem Engagement in einer Doppelfunktion bei seiner alten Liebe.

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Nach übereinstimmenden Medienberichten aus Hamburg soll sich der Aufsichtsrat zu der notwendigen Zweidrittelmehrheit durchgerungen haben. Demnach soll Magath ab sofort die Ämter als Trainer und Sportdirektor in Personalunion beim HSV übernehmen.

Eine ungeheuer gewagte Rochade bahnt sich da an. Und bevor Magath überhaupt da ist, geschweige denn eine mögliche erste Amtshandlung vollzogen hat, polarisiert der 60-Jährige wie nie zuvor. Auf der einen Seite stehen die Befürworter des Idols. Schon seit Jahren wird von denen eine Rückkehr Magaths zum HSV eingefordert, den er bereits Mitte der 90er Jahre als Manager geleitet und unter anderem in den Uefa-Cup geführt hatte.

Das jahrelange Führungschaos, die verkrusteten Strukturen, farblose Protagonisten in den Gremien, ein gutes Dutzend gescheiterter Trainer und einige verschlissene Sportdirektoren haben die Hoffnungen auf eine Rückkehr des bei einigen Teilen der Anhängerschaft geradezu als Messias verehrten Magath genährt.

Die Talfahrt der Mannschaft in der aktuellen Saison erscheint den meisten nur als logische Fortführung jahrelanger Misswirtschaft im sportlichen Bereich: Der Kader ist wild zusammengestellt, woran zwei Sportdirektoren und drei verschiedene Trainer ihren Anteil haben. Mit Magath als Alleinherrscher wäre zumindest ausgeschlossen, dass sich Sportdirektor und Trainer in Sachen grundsätzlicher strategischer Ausrichtung und Kaderplanung uneins wären.

Magath in Doppelfunktion

Dass es Magath auch in einer Doppelfunktion kann, hat er nicht zuletzt beim VfL Wolfsburg bewiesen, den er vor knapp fünf Jahren als Drehbuchautor und Regisseur zum deutschen Meistertitel getrieben hat. Magaths Strahlkraft täte ihr übriges, nach zwei Jahrzehnten als Trainer und Manager hat er sich ein überragendes Netzwerk aufgebaut.

Die Mannschaft ist von den Fans mittlerweile als einzige Konstante des sportlichen Niedergangs der letzten Jahre ausgemacht. Sie hat ihren Kredit langsam aufgebraucht, ist als phlegmatisch, charakterlos und untrainierbar verschrien. Hässliche Attribute, denen der als harter Hund geltende Magath entschieden entgegentreten würde - so mag es jedenfalls das Klischee. Wie viel da wirklich dran ist, lässt sich kaum beweisen.

In den letzten Wochen und Monaten liess Magath kaum eine Möglichkeit aus, um von aussen auf die Missstände beim HSV hinzuweisen. Damit schürte er auf der einen Seite den Groll gegen die aktuellen Amtsträger und auf der anderen Seite die Sehnsucht der Fans nach seiner eigenen Rückkehr. Ein Vorgehen, das nicht überall gut ankommt.

Mit Edel-Fan und Klub-Mäzen Klaus-Michael Kühne ("Oliver Kreuzer ist ein Drittliga-Manager") knüpfte er eine potente Allianz. Der Milliardär soll bereit sein, dem klammen HSV mit einem dreistelligen Millionenbetrag unter die Arme zu greifen - allerdings unter der Prämisse, dass "sein Mann" Magath ab sofort das Sagen hat im sportlichen Bereich. In einer E-Mail wandte Kühne sich an Magath: "Geben Sie sich einen Ruck. Werden Sie Sportdirektor und Trainer beim HSV - dann wird alles gut!"

Magath und seine Alleingänge

Diese enorme Abhängigkeit von einem externen Geldgeber und nur noch einer Person, die intern die Entscheidungen trifft, ist aber dem anderen Teil der Fans ein Dorn im Auge. Als Bestätigung für Magaths Fehlbarkeit werden dessen letzten zwei Engagements auf Schalke und nach seiner Rückkehr nach Wolfsburg herangezogen.

Magath wurde beide Male entlassen. Unzählige Alleingänge - auch an den Gremien vorbei, zum Beispiel bei Spielertransfers -, ein dadurch völlig aufgeblähter Kader, der Rauswurf altgedienter Klubinstitutionen und letztlich das komplette Zerwürfnis mit den Personen, die Magath einst für teures Geld selbst verpflichtet hatten, führten zu jeder Menge bösen Bluts.

In Wolfsburg und vor allem auf Schalke hat Magath Millionen verschleudert und enorm viel verbrannte Erde hinterlassen. Durch sein "Erbe" mussten sich seine Nachfolger auf den Trainerbänken und den Chefsesseln in den Büros noch jahrelang durcharbeiten, die Altlasten abtragen und wieder eine gemässigte Gangart ausgeben.

Wie ein Damoklesschwert hängt so ein Szenario auch über einem Engagement Magaths in Hamburg. Was passiert, wenn diese letzte Patrone, die der HSV nun noch hat, auch nicht ins Schwarze trifft? Was käme nach einer erfolglosen Magath-Zeit?

Lichtgestalt des Hamburger Fussballs

Der Aufsichtsrat jedenfalls würde jetzt zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Magath ist neben Uwe Seeler die Lichtgestalt des Hamburger Fussballs - mehr kann ein Kontrollgremium nicht machen, als so einen Mann zurückzuholen. Geht es auch nicht mit Magath, dann ist der Klub nicht mehr zu retten, könnte wohl die Botschaft lauten.

Und schlimmer als momentan mit Platz 17 und sechs Niederlagen am Stück dürfte es aus sportlicher Sicht kaum werden. Der Aufsichtsrat wäre zudem erst mal aus der Schusslinie, weil sich ab sofort alles auf Magath konzentrieren würde.

Das Modell "HSVPlus" wurde von den Mitgliedern vor drei Wochen auf den Weg gebracht, im Sommer wird darüber endgültig abgestimmt. Die Ausgliederung der Lizenzspielerabteilung gepaart mit den Kühne-Millionen und einem Alleinherrscher Felix Magath stellen nicht nur eine Revolution dar - es wäre das maximale Risiko für den Hamburger SV. Mit allen Chancen und Gefahren.

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