Nach dem Abschuss des Fluges MH17 kann sich auch der Fussball nicht mehr vor der Debatte um Sanktionen gegen Russland verstecken. Politiker fordern, die WM 2018 neu zu vergeben - und das zurecht. Die Fifa muss sich endlich ihrer Verantwortung stellen und Wladimir Putin die Weltmeisterschaft wegnehmen.

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Beim Finale der WM 2014 in Brasilien sass Wladimir Putin neben Fifa-Präsident Sepp Blatter. Ein symbolträchtiges Bild, das deutlich zeigt, wie eng Fussball und Politik miteinander verknüpft sind. Trotz der politischen Dimension, die vor allem die Vergabe von Weltmeisterschaften längst erreicht hat, hält sich die Fifa weiterhin zurück, wenn es um die WM 2018 geht. Das Turnier soll bekanntermassen in Russland stattfinden. Dem Land, dessen Politik den Flächenbrand in der Ukraine weiter befeuert, anstatt ihn zu löschen, und das zumindest indirekt mitverantwortlich sein könnte für den Abschuss von MH17 und den Tod von 298 Menschen.

Inzwischen haben mehrere Politiker gefordert, Russland die WM 2018 wegzunehmen und das Turnier neu zu vergeben. Es wäre eine begrüssenswerte Sanktion gegen Russland, die vor allem Wladimir Putin mehr schmerzen würde, als alle Einreiseverbote für Einzelpersonen zusammen. Denn der russische Präsident hat längst verstanden, wie hervorragend sich sportliche Grossereignisse zur Profilierung vor der Weltöffentlichkeit nutzen lassen.

WM als Demonstration russischer Stärke

Wie die Olympischen Spiele von Sotschi 2014 soll auch die Fussball-WM eine Demonstration russischer Stärke werden, dessen kann man sich schon jetzt sicher sein. Putin liebt diese Art der Selbstdarstellung. Es ist tragisch, dass Verbände wie das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Präsidenten bislang in seinem Streben unterstützen, Russland zum "Zentrum der Sportwelt" (Sportminister Witali Mutko) machen zu wollen. Die Fifa hätte die Möglichkeit, ein Zeichen gegen diese Scheinpolitik vom weltoffenen Russland zu setzen. Gründe, die für diese Entscheidung sprechen würden, gab es schon vor dem Abschuss von MH17 zu Genüge.

Menschenrechtsverletzungen, das Anti-Homosexuellen-Gesetz, die Weigerung, sich in einen poltischen Prozess einbinden zu lassen, der zu einer Lösung im Ukraine-Konflikt führen könnte und aller Wahrscheinlichkeit nach auch die Unterstützung der prorussischen Separatisten - die Liste liesse sich weiterführen. Was bleibt ist jedoch: Ein Land, das mit seiner Aussenpolitik den Frieden in Europa gefährdet und im Inneren die Rechte der eigenen Bürger immer weiter beschränkt, ist kein geeigneter Gastgeber für das grösste Fussballfest der Welt.

Die Fifa ist in der Pflicht

Deshalb darf sich die Fifa nicht länger vor ihrer politischen Verantwortung drücken. Sie muss verhindern, dass Putin den Fussball zu Propagandazwecken missbraucht. Einen besseren Zeitpunkt, um die WM 2018 neu zu vergeben, gibt es nicht. Noch hätte ein anderes Land - Deutschland wäre aufgrund der bereits vorhandenen Infrastruktur definitiv eine Möglichkeit - genug Zeit, sich auf das Turnier vorzubereiten.

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