• Mit Reformplänen will die FIFA das Millionengeschäft der Spielerberater stärker kontrollieren.
  • Die Beraterverbände wollen dagegen rechtlich vorgehen.
  • Wir zeigen auf, warum der Sachverhalt so komplex ist.
Eine Analyse

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Am Beraterwesen im Fussball scheiden sich die Geister. Die einen halten es für legitim, dass es keine Verdienstgrenzen für die Spielervermittler gibt. Andere sehen in den Beratern das grosse Übel des Profigeschäfts. Der Weltverband FIFA schickt sich nun an, stärker regulierend einzugreifen.

Sie hat vor wenigen Monaten ein Reformpapier für das Vermittlerreglement in Umlauf gebracht. Der Entwurf sieht Beschneidungen im Bereich der Mehrfachparteienvertretung bei einem Transfer vor und Honorardeckelungen (bis drei Prozent Gehalt der Spieler oder zehn Prozent der Ablösesumme). Zudem sollen die Wiedereinführung einer Lizenz und strengere Integritätsprüfungen erfolgen.

Star-Berater wettert

Aus der Beraterriege selbst kommt grosser Gegenwind. So kündigten etwa die Deutsche Vermittlervereinigung DFVV wie auch das europäische Pendant, die EFAA, Klagen an, weil sie eine ernstzunehmende Konsultation vermissten.

Selbst der bekannte Berater Mino Raiola, der unter anderem Erling Haaland, Paul Pogba und Zlatan Ibrahimovic betreut, meldete sich zu Wort und wetterte gegen die Reform. "Ich kann nicht akzeptieren, dass eine Organisation, von der Leute im Knast sitzen, mein Leben und mein Geschäft regulieren möchte", sagte der Italiener dem Portal "The Athletic". "Ich werde für die Rechte der Spieler kämpfen, denn die FIFA möchte den Spielern ihre Macht entziehen."

Handeln im Sinne der Spieler

Raiola selbst ist ein Paradebeispiel für die ambivalente Wahrnehmung des Vermittlerwesens. Vergangene Woche machte er sich nach Spanien auf, um mit dem FC Barcelona und Real Madrid über einen möglichen Transfer von Dortmund-Stürmer Haaland zu sprechen. Beim BVB kam dieser Schachzug natürlich nicht gut an.

Auch in der internationalen Presse wurde Raiola stellenweise als geldgierig und taktlos porträtiert. Allerdings hatte der 53-Jährige auch Alf-Inge Haaland, den Vater Erlings, im Schlepptau. Die Reise nach Spanien war also im Sinne der Familie des Spielers. Nur Erling Haaland selbst war aus der Schusslinie und Raiola nahm einmal mehr die medialen Prügel auf sich.

Ähnlich verhielt es sich zuletzt auch bei Pini Zahavi, als dieser im Namen von David Alaba hohe Forderungen gegenüber Bayern München erhob. Uli Hoeness bezeichnete den Israeli daraufhin als "geldgierigen Piranha". Aus München war zu hören, dass Zahavi seinen Klienten zu einem aus Bayern-Sicht undankbaren Verhalten anstiften würde.

Dabei scheint es doch recht unwahrscheinlich, dass sich ein 28 Jahre alter Weltstar wie Alaba komplett fernsteuern lässt. Spieler könnten jedoch nie so hart mit Klubs verhandeln – schon gar nicht mit Vereinen, bei denen sie gross geworden sind.

Möchte die FIFA ablenken?

Bei Hintergrundgesprächen mit Beratern aus der deutschen Szene ist viel Unmut über die geplante FIFA-Reform zu vernehmen. Selbst wenn gerade die erfolgreichsten unter ihnen weiterhin viel Geld verdienen würden, wäre eine stärkere Reglementierung ein schmerzhafter Einschnitt. Zugleich sehen sie die vom Verband vorgebrachten Vorwürfe von Korruption und Geldwäsche mit grosser Sorge für ihre Reputation und verweisen mit Vehemenz darauf, dass es für diese Vorwürfe keine Beweise gibt.

Die Vermutung mehrerer deutscher Berater, die sich jedoch bis jetzt weigern, in die Öffentlichkeit zu gehen und stattdessen rechtliche Schritte in Erwägung ziehen, lautet: Die FIFA möchte nur von ihren eigenen Problemen ablenken. Der Weltverband kann gewiss nicht als Schützer der Moral im Profifussball herhalten. Deshalb müssen andere Motive hinter den Reformplänen stecken. Populismus könnte ein Grund sein, ein Vorpreschen im Sinne der Klubs, die sich über die Berater häufig ärgern, ein anderer.

Bundestag beschäftigt sich mit Beraterwesen

Bei Vertretern des deutschen Fussballs kommt der Vorstoss zumindest schon einmal gut an. Die DFL-Taskforce "Zukunft Profifussball" hatte in ihrem zuletzt veröffentlichten Ergebnisbericht "politische und verbandsrechtliche Schritte zur stärkeren Regulierung der Beraterbranche" angekündigt – vor allem um Transparenz zu schaffen. Die Taskforce möchte die verpflichtende Akkreditierung von Beratern sowie die Deckelung von Ausgaben für Berater.

Selbst der Deutsche Bundestag hat sich mit dem Thema beschäftigt. Die "Reform des Spielertransfersystems in Verbindung mit Zukunftskonzept der DFL" stand für den 21. April auf der Tagesordnung des Sportausschusses. Referieren sollten bei der nicht-öffentlichen Expertenanhörung unter anderem Vertreter der FIFA, DFL, DFVV sowie der Vertragsspielervereinigung VdV.

Handball-Reform als Vorbild?

Zudem hatte der Ausschuss auch Gerd Butzeck geladen. Dieser ist Vorsitzender des Forum Club-Handball und agierte selbst über zwei Jahrzehnte als Spielerberater. Auf Initiative der Organisation hin sollen im Handball künftig nicht mehr die Klubs die Vermittler bezahlen, sondern die Profis, die von den Beratern vertreten werden.

Fürs Erste soll das für internationale Transfers gelten, dann aber im zweiten Schritt auch auf Inlands-Wechsel ausgeweitet werden. Einige nationale Verbände haben bereits ihre Bereitschaft signalisiert, die Reform für ihre Ligen zu übernehmen. "Anders als die FIFA sind wir der Überzeugung, dass durch eine Lizenzierung die Probleme nicht in den Griff zu bekommen sind. Vielmehr glauben wir, dass sich der Markt von selbst regelt, wenn die Spieler konkret spüren, was sie für Vermittlung bezahlen", sagt Butzeck auf Anfrage unserer Redaktion.

Auswirkungen auf den Frauenfussball

Britta Dassler, die sportpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, kann einer Reglementierung des Beratermarkts hingegen etwas abgewinnen. "Ich halte es dann für sinnvoll, wenn die FIFA die Regeln macht und sich dadurch über unser geltendes Kartell- und Wettbewerbsrecht einmischt. Beide Rechtsgebiete sind wesentliche Kernbereiche des Wirtschaftsrechtes, die der Durchsetzung einer freien Marktwirtschaft dienen", sagt die Bundestagsabgeordnete.

Sie gibt aber auch zu bedenken, dass eine Reglementierung nicht nur Auswirkung auf den Männerfussball hätte. "Im Frauenfussball entwickelt sich gerade etwas", sagt Dassler. "Der Rekordtransfer von Pernille Harder vom VfL Wolfsburg zu Chelsea im vergangenen Sommer war eine Initialzündung für den Frauenfussball. Reglementierungen der FIFA würden diesen kleinen, sich entwickelnden Transfermarkt meiner Meinung nach gleich wieder kaputt machen."

Dieser Einwand unterstreicht, wie komplex der Sachverhalt und unterschiedlich die Interessenlage ist. Einen goldenen Weg scheint es momentan nicht zu geben. Und die Beraterriege rund um Raiola wird alles tun, um eine Reglementierung zu verhindern. Ausgang offen.

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