Die Fifa-Ethikkommission hat ihr Urteil gefällt: Russland und Katar, die Gastgeber der Fussballweltmeisterschaften 2018 und 2022, wurden von Korruptionsvorwürfen bezüglich der Vergabe freigesprochen. Doch der Bericht steht in der Kritik. Vor allem die Glaubwürdigkeit wird diskutiert.

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Sind die Vorwürfe gegen die Fifa jetzt vom Tisch?

Nein. Fifa-Chefermittler Michael Garcia kündigte bereits wenige Stunden nach der Veröffentlichung an, das Urteil seines Kollegen Hans-Joachim Eckert anzufechten. Die Fifa selbst äusserte sich noch nicht zu einem möglichen Berufungsverfahren.

Sylvia Schenk, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport bei Transparency International Deutschland, versteht, wieso sich die Vorwürfe halten:

"Der ganze Bericht von Herrn Garcia sollte veröffentlicht werden, nicht nur die Interpretation vom Vorsitzenden der Spruchkammer, Hans Joachim Eckert. Garcia hat sehr viel ausführlicher berichtet, und wir haben nur diese Zusammenfassung von Herrn Eckert vorliegen. Im Moment halte ich Herrn Garcia für sehr glaubwürdig und ich denke auch nicht, dass er etwas vertuschen wollte."

Der 42-seitige Bericht von Eckert wird auch von der Politik kritisch gesehen. Grünen-Politikerin Claudia Roth sagte beispielsweise, wer es zulasse, dass die Fifa sich selbst untersuche, dürfe sich auch nicht wundern, wenn dann nichts dabei herauskäme.

Wie glaubwürdig ist der Bericht?

Das kommt auf die Perspektive an. Laut Schenk sei es zu zunächst zu erwarten gewesen, dass deutlich auf einzelne Dinge hingewiesen würde, die sich bei Katar in einer Grauzone bewegt hätten. Deswegen hätte es sich im engeren Sinne aber nicht unbedingt um Bestechung oder einen Verstoss gegen den Ethik-Kodex der Fifa gehandelt.

Ein Punkt, der die Glaubwürdigkeit stark herabsetzt, ist der Zeitpunkt der Untersuchung. Transparency International Deutschland hatte bereits 2011 eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe gefordert. "Das ist leider nicht erfolgt", bemängelt Sylvia Schenk. "Es hat zwei Jahre gedauert, bis die Fifa überhaupt eine Untersuchung eingeleitet hat." Bezüglich der WM-Bewerbungen von Katar und Russland würde das bedeuten, "dass wohl nach dieser langen Zeit nicht alles herauszufinden war, was es vielleicht gegeben hätte. Mit diesen Begrenzungen muss man leben."

Trotzdem habe der Bericht der Untersuchungen von Garcia mehr Glaubwürdigkeit: "Ich habe bislang keinen Grund an dem Fifa-Chefermittler, Michael J. Garcia, zu zweifeln. Ich habe den Eindruck, dass er mit den ihm gegebenen Möglichkeiten einen guten Job gemacht hat." Bei so komplexen Verfahren müsse man aber immer mit bestimmten Unzulänglichkeiten rechnen, so Schenk.

Wie kann sich die Fifa verbessern?

Es gibt mehrere Reformvorschläge. Zum einen wird eine strenge Berichtspflicht gefordert. Zum anderen soll es eine Amtszeitsbegrenzung für das Exekutivkomitee auf vier Jahre geben. "Das ist ein ganz wichtiger Punkt, der aus dem Reformprozess resultierte und den der Kongress der Fifa bisher abgelehnt hat", so Schenk. Diese Forderung wird nun unterstrichen. Laut Schenk seien auch unabhängige Experten sehr wichtig, die in die Bewertung der Bewerbungskandidaten aufgenommen würden. Zudem müsse es objektive Kriterien geben.

Die Verbesserungsvorschläge der Fifa müssten aber auch klare Regeln für bestimmte Grauzonen, wie Freundschaftsspiele oder sportliche Entwicklungshilfe beinhalten. "Die Grauzonen müssen geregelt werden, so beispielsweise die Unterstützung für ein afrikanisches Land im Vorfeld einer WM-Bewerbung: Ist das schon Bestechung, oder ist das die gängige Praxis?" Laut Schenk könne so eine Unterstützung schnell in Richtung Bestechung gehen.

Würde die Fifa diese Vorschläge umsetzen, wäre das zumindest ausreichend als Schadensbegrenzung, was das Bild der Fifa in der Öffentlichkeit betrifft. Doch unabhängig davon, ob es ein Berufungsverfahren geben wird oder nicht: Wenn die Wahrheit über Korruption Jahre nach den möglichen Vergehen nicht mehr ermittelt werden kann, muss ein Fokus auf die Zukunft des Fussball-Weltverbands gelegt werden. "Aus den vielen Forderungen muss die Fifa jetzt ein völlig neues Programm aufstellen, da sich gezeigt hat, dass die bisherigen Regelungen mit Sicherheit nicht ausreichen", schliesst Schenk.

Sylvia Schenk leitet seit 2014 die Arbeitsgruppe Sport von Transparency International Deutschland und war zuvor 2006 bis Juni 2013 Mitglied des Vorstands.
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