Die "Fussball kann mehr" gGmbH hat mit "Lage der Liga" die ersten umfassenden Zahlen zu Frauen in Führung im deutschen Profifussball veröffentlicht. Das Echo darauf bestätigt, wie wichtig der Bericht auch als Diskussionsgrundlage ist.

Eine Kolumne
Diese Kolumne stellt die Sicht von Mara Pfeiffer dar. Informieren Sie sich, wie unsere Redaktion mit Meinungen in Texten umgeht.

Mit dem Bericht "Lage der Liga" nach Vorbild der AllBright-Stiftung hat "Fussball kann mehr" die Zahlen zu einem weit verbreiteten Gefühl geliefert: In den Führungsetagen im deutschen Profifussball geht es wenig divers zu. Von 36 Vereinen der 1. und 2. Liga in der Saison 2023/24 haben sich 32 an der Umfrage beteiligt, die Ergebnisse sind nicht erstaunlich – und doch ein Problem.

Mehr News zum Thema Fussball

Lediglich in vier der 32 Klubs gehört eine Frau zum Top-Management, sprich: In 28 Vereinen sind diese Gremien rein männlich besetzt. In Kommentarspalten und sozialen Medien versammeln sich sehr schnell männliche Fans, die das erklären können: Frauen interessieren sich demnach eben weniger für Fussball, deswegen sei Qualität da auch schwieriger zu finden.

Männer einfach besser? Als ob!

Es mag wohlmeinend sein, wenn darauf die Beteuerung folgt, der eigene Verein sei sicherlich total offen, wenn es um Diversität gehe. Am Klub könne es nicht liegen, also müssen Frauen – und alle anderen nicht cis männlichen Personen – einfach selbst schuld sein daran, dass sie in derartigen Rollen nicht ankommen. Lediglich drei Vereine erfüllen im Top-Management eine Quote von mehr als 30 Prozent weiblich besetzter Stellen: Schalke 04, FC St. Pauli und der FC Heidenheim.

Allein der Begriff "Quote" sorgt meist schon für einen Aufschrei, Männer machen sich breit (das können sie) und erklären, Qualität setze sich durch, Frauen wiederum wollen nicht qua ihres Frauseins eingestellt werden. Schön und gut, aber glauben jene, die so kommentieren, ernsthaft, dass es im Fussball an qualifizierten Frauen komplett mangelt, die Männer einfach alle besser sind? Sind sie nämlich nicht, sie profitieren vielmehr von den Strukturen.

Positivbeispiele gegen das Offensichtliche

Man kann das nicht oft genug betonen: Ohne eine Regulierung wird sich in einem Bereich, in dem fast ausschliesslich Männer zusammensitzen und Ideen ausbrüten, nichts verändern. Das liegt zum einen nachweislich daran, dass diese Männer eher nach "Gleichen" – also anderen Männern – schauen, zum anderen haben Menschen anderen Geschlechts schlicht keine Lust, in solchen Umgebungen immer "die Eine unter Männern" zu sein. Für echte Veränderung reicht das ohnehin nicht.

Etwas besser ist die Lage übrigens in Kontrollgremien. Und auch auf der 2. Führungsebene, also bei den Positionen, die direkt ans Top-Management berichten. Immerhin fünf Clubs sind dort aber komplett ohne Frau unterwegs. Ja, ernsthaft. Positivbeispiele sind wichtig, können aber das Offensichtliche nicht verhehlen. Dabei ist seit Jahren bekannt, wie sehr Führung von Diversität profitiert. Der Fussball lässt hier also Entwicklungspotential liegen.

Eine offene Bereitschaft, sich mit dem Thema auf Basis des Reports zu beschäftigen, ist fürs Erste nicht erkennbar. Öffentlich thematisiert werden die Zahle von Vereinen, die positiv beim Report abschneiden, ansonsten: Schweigen. Schön wäre, wenn die anderen Klubs zumindest hinter den Kulissen Aufarbeitung betreiben – und sich ein Beispiel nehmen. Schön und überfällig.

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.