In Deutschland und der Schweiz werden die Gesetze gegen Hooligans weiter verschärft. Repressive Massnahmen können jedoch nicht nur positive Auswirkungen haben.

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Der typische Hooligan verabredet sich zu Prügeleien mit anderen Gruppen – im Rahmen von Fussballspielen, aber auch abseits des Stadions. Auf Parkplätzen, Wiesen und Feldern wird die sogenannte "Dritte Halbzeit" ausgetragen. Ihre ausgeprägte Gewaltbereitschaft unterscheidet Hooligans von anderen Fangruppen: Sie planen die Schlägereien, randalieren auch abseits der verabredeten Kämpfe und reagieren nicht nur situativ gewalttätig wie etwa die "Ultras".

Ultras gehen als Subkultur durch: Der enge Kontakt zum Klub wird gepflegt, der Fussball steht im Vordergrund. Hooligans dagegen geht es in erster Linie um die Gewalt. Der Übergang zwischen Ultras und Hooligans sei jedoch fliessend, sagt Fanforscher Prof. Gunter Pilz von der Leibnitz Universität Hannover im Gespräch mit GMX.ch: "Alle eint eines: die Faszination an der Gewalt."

Grundsatzurteil in Deutschland

Ende Januar fällte der deutsche Bundesgerichtshof (BGH) ein Grundsatzurteil zum Umgang mit straffällig gewordenen Hooligan-Gruppen. Diese dürfen nun als kriminelle Vereinigungen eingestuft werden. Somit ist eine weitaus höhere Bestrafung oder auch ein Verbot der Gruppe möglich.

Die Polizeigewerkschaft sieht das Urteil positiv: Es schütze auch die friedliche Mehrheit der Fussballfans, sagte Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, der "Süddeutschen Zeitung".

Das Urteil richtet sich auch dezidiert gegen verabredete Prügeleien. Diese Form der Massenschlägerei ist zwar freiwillig und vorsätzlich, jedoch per Gesetz sittenwidrig und somit strafbar.

Repressive Massnahmen auch in der Schweiz

Ähnlich repressive Massnahmen wie in Deutschland werden auch in der Schweiz ergriffen. 18 Kantone haben der Ratifizierung des 2013 verschärften Hooligan-Konkordats zugestimmt. Alle Spiele der obersten Spielklassen müssen nun von den Behörden bewilligt werden, Auflagen für Hochrisikospiele sind möglich.

Der Gastklub kann etwa dazu verpflichtet werden, die Anreise des Gästesektors zu organisieren, die Identitätskarten werden mit der seit 2007 schweizweit genutzten Hooligan-Datenbank HOOGAN abgeglichen. Mit Stadion- oder Rayonverboten belegte Hooligans aus Kantonen, die dem verschärften Konkordat beigetreten sind, können so von den Risikospielen ferngehalten werden.

Basel und Zürich sind die Hooligan-Hochburgen

Sowohl Matches des FC Basel als auch die Zürcher Derbys gelten als Hochrisikospiele. In beiden Städten ist die Hooliganszene traditionell gross und gewaltbereit. In einigen Fällen mussten Partien abgebrochen werden – beispielsweise das Zürcher Derby im Oktober 2011. Besonders problematisch sind die Fans des FC Basel, denn beide Basel haben die Verschärfung des Konkordats per Parlamentsbeschluss abgelehnt. In den vergangenen Jahren waren immer wieder Fans, die nicht mit Regelzügen angereist waren, in den Innenstädten auf gegnerische Lager gestossen und lieferten sich Auseinandersetzungen, etwa im Mai 2013 beim Cupfinal in Bern gegen den FC Basel oder im Oktober 2014 beim Ligaspiel des FC Basel gegen die Young Boys in Bern.

Das verschärfte Konkordat kann die Ausschreitungen also nicht verhindern. Fanforscher Pilz kann sich das durchaus erklären: "Repression bewirkt Gegengewalt", sagt er. "Wenn ich Gesetze verschärfe, wenn ich die Massnahmen gegen Gruppen verschärfe, dann führt das dazu, dass sie sich selber immer zusammenschliessen und dass es von daher auch Tendenzen gibt zur Gegengewalt."

Für die vereinzelten schweren Gewalttäter seien drastische Massnahmen erforderlich und gerechtfertigt, urteilt Pilz. Gerade im Umgang mit Ultras sei jedoch der Dialog das Mittel der Wahl, da in der Szene immer die Gefahr bestehe, dass sich Einzelne angesichts der Repressionen radikalisierten. Der Wissenschaftler sieht hier auch die Vereine in der Pflicht und rechnet etwa Sozialarbeit gute Chancen zu. Die Hooligan-Szene bleibt der Einschätzung von Pilz zufolge vornehmlich unter sich - und es besteht gerade bei einer weiteren Verlagerung der Auseinandersetzungen in Wald und Wiese kaum Gefahr für die Öffentlichkeit.

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