Der Hamburger SV ist nach dem 1:2 gegen Eintracht Frankfurt weiter Tabellenletzter und setzt seine grauenhafte Erfolglosigkeit fort. Der neue Trainer Joe Zinnbauer sieht sich mit altbekannten Problemen konfrontiert, die den HSV zu einem klaren Abstiegskandidaten abstempeln. Es gibt aber auch Hoffnung auf Besserung.
Am Ende freuten sich einige Fans tatsächlich - über das erste Tor ihrer Mannschaft in der laufenden Saison. Dass der Hamburger SV aber das als Wendepunkt deklarierte Heimspiel gegen Eintracht Frankfurt 1:2 verloren, dass er weiter Letzter ist und trotz des ersten Treffers jetzt den nächsten zweifelhaften Rekord sein Eigen nennen darf, sollte auch den Optimisten zu denken geben.
Es sind erst sechs Spieltage absolviert in der neuen Saison, die Tendenz beim HSV ist aber jetzt schon erkennbar: Es geht im Prinzip so elend weiter, wie es im Mai aufgehört hat. Dafür gibt es Gründe - aber auch Hoffnung auf Besserung.
Die individuellen Patzer:
Der Kader wurde runderneuert, aber auch dem neuen Personal unterlaufen die immer gleichen Fehler. Am Sonntag patzte Innenverteidiger Cleber vor dem ersten Gegentor schwer, der eingewechselte Petr Jiracek foulte vor dem Todesstoss in der letzten Minute ebenso rücksichtslos und fahrlässig zentral vor dem eigenen Strafraum.
Und auch gegen Paderborn und in Hannover unterliefen einzelnen Spielern folgenschwere Fehler. Hier kann Trainer Joe Zinnbauer nur schwer einlenken oder etwas ändern. Letztlich ist es eine Frage der Konzentration - die entsprechend Qualität sollten alle Spieler des Kaders eigentlich mitbringen.
Die elf Spiele lange Durststrecke ohne Sieg ist jedenfalls auch in diesen individuellen Schnitzern begründet. Zwei von 33 möglichen Punkten aus den letzten elf Ligaspielen deuten darauf hin, dass die Mannschaft nicht - zumindest mental - wettbewerbstauglich ist. "Wir haben kein Kopfproblem", betont Zinnbauer zwar. Auf dem Platz sieht es in den entscheidenden Situationen dann aber zu oft anders aus.
Das lahme Offensivspiel:
507 Minuten hat es gedauert, ehe der HSV endlich seinen ersten Saisontreffer bejubeln konnte. Das Offensivspiel basiert trotz namhafter Zugänge noch viel zu oft auf Zufällen. Selbst Nikolai Müllers Tor gegen Frankfurt ging vor dem Pass von Lewis Holtby ein Querschläger der Eintracht-Defensive voraus.
Aus dem defensiven Mittelfeld fehlen die Impulse nach vorne, das Passspiel des HSV ist im letzten Angriffsdrittel schauderhaft. Es stimmen weder Lauf- noch Passwege, es gibt keinen einstudierten Spielfluss. Torjäger Pierre-Michel Lasogga wird zum einen total allein gelassen; zum anderen ist die Lebensversicherung der abgelaufenen Saison bei seinen wenigen Aktionen unsicher und derzeit noch meilenweit von seiner Bestform entfernt.
Das alles führt dazu, dass sich der HSV in sechs Spielen lediglich 22 Torchancen erspielen konnte. Nur die Defensivkünstler aus Köln sind noch harmloser. Am Ende stehen unglaublich schwache 4,5 Prozent Chancenverwertung. Das ist die Quote eines klaren Absteigers.
Die schwierige Konstellation:
Mit dem Umbruch im Sommer sollte eigentlich alles besser werden. Hinter den Kulissen wurden viele wichtige Dinge schnell und reibungslos geregelt, der HSV scheint mit Didi Beiersdorfer, Bernhard Peters, den Millionen von Gönner Klaus-Michael Kühne und ab Mittwoch auch mit Peter Knäbel bestens aufgestellt für eine bessere Zukunft. Dafür muss aber auch die Gegenwart endlich geregelt werden.
Die Aufbruchsstimmung ist beinahe komplett wieder verflogen, das Stilmittel des Trainerwechsels hat kurzfristig nicht den erwünschten Erfolg gebracht. Und die Konkurrenz tritt etwas stabiler auf als in der vergangenen Saison, wo am Ende Braunschweig und Nürnberg in einem beispiellosen Sinkflug sogar noch schlechter waren als der HSV.
Das gibt Hoffnung:
Einzelne Spieler werden von Woche zu Woche besser (Holtby, Müller) oder sind bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der Saison schon neue Führungsspieler (Behrami). Gerade der Schweizer bringt im defensiven Mittelfeld die lange vermisste Aggressivität mit. Behrami kann die Mannschaft auch mal mit- und rausreissen aus ihrem Trott.
Der neue Trainer hat eine klare Vorstellung davon, wie er spielen lassen will und nach dem kommenden Spieltag auf Grund der Länderspielpause auch ganze zwei Wochen Zeit, intensiv an den Abläufen üben zu lassen.
Der HSV zeigt immer mehr immer bessere Ansätze, er bringt aber im Moment kein in sich stimmiges Gesamtbild auf den Platz. Es ist nun an Zinnbauer, die Vorschusslorbeeren zu bestätigen und aus einem Haufen talentierter Spieler schnell eine funktionierende Mannschaft zu machen.
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