Eigentlich ist es ja fast eine Sakrileg, dass ausgerechnet "Saupreiss" Hannes Jaenicke den ultimativen Ur-Bayern Franz Beckenbauer in der Sat.1-Satire "Die Udo Honig Story" verkörpert. Wie es Jaenicke dennoch geschafft hat, sich der "Kaiserlichkeit" zu bemächtigen und weshalb ihn die Bayern wohl trotzdem hassen werden, erzählt er im Interview mit unserem Portal.
Am 8. September (20:15 Uhr) läuft auf Sat.1 der Satirefilm "Die Udo Honig Story", die sich mit der Geschichte von Ex-FC-Bayern-Präsident
Hand aufs Herz, wie viele Interviews von
Aber um die Sprache, also das Bayerische, zu lernen, gab es sehr viel unterhaltsamere Modelle. Ich habe bei Karl Valentin angefangen, von dem es erstaunlich viel Material gibt, habe mit
Und zusätzlich habe ich mir von meinem Kameramann, mit dem ich meine Dokus drehe und der gebürtiger Münchner ist, den gesamten Text auf Band aufnehmen lassen. Und dann hob i mia des imma oghert.
Ich habe das wirklich geübt, aber die Bayern werden mich trotzdem hassen.
"Die Bayern haben eine Macke"
Ja, wenn es um den Dialekt geht, ist der Bayer eher empfindlich.
Es ist ja eh jeder ein "Preiss" für die Bayern. Dabei wissen die nicht einmal, wo Preussen liegt. Ich war ja mal vorübergehend auf einer Regensburger Schule, und da waren sogar schon die Franken "Saupreissen". Also die Bayern haben echt eine Macke, irgendwie. 'Tschuldigung (in Richtung der bayerischen Interviewerin, Anm. d. Red.).
Aber sie wählen ja auch mit grosser Mehrheit König Horst, den Bruno Jonas ja den "Vollhorst" nennt.
Im wahren Leben sehen Sie Beckenbauer nicht wirklich ähnlich, die Maske hat da ganze Arbeit geleistet. Hilft es beim Spielen, wenn man in den Spiegel schaut und sich selbst eigentlich kaum wiedererkennt?
Sie werden lachen, aber es wurde fast nichts gemacht. Farbe ins Gesicht, ein bisschen mit dem Lockeneisen und die Brille. Der Rest ist einfach Körpersprache. Beckenbauer hat eine unglaublich gute Körpersprache, er weiss genau wie man Anzüge trägt. Und er hat Stil. Trotz und vielleicht auch wegen seiner Herkunft – er ist ja ein Giesinger Arbeiterkind – hat Beckenbauer eine erstaunliche "Classiness". Und ich glaube, der Hauptschnack an Beckenbauer ist diese gentlemanhafte, elegante Körperhaltung. Das hat nichts Proletarisches.
Ich habe mir auch ganz altes Material von ihm angeschaut, aber ab dem Zeitpunkt, als er als Trainer Weltmeister wurde, hat er angefangen zu schweben. Als er da in Rom über den Rasen geht, geht er wie Jesus übers Wasser. Da ist mit ihm noch einmal etwas passiert …
Macht das auch eine Lichtgestalt aus?
Beckenbauer hat jeden Grund der Welt, auf das, was er als Spieler und als Trainer erreicht hat, stolz zu sein. Ich ziehe einfach den Hut vor solchen Leuten. Da gehören beispielsweise auch Michael Jordan und Lindsey Vonn dazu. Es gibt gewisse Sportler, die können eigentlich nicht mehr viel falsch machen.
"Hoeness hat Rückgrat"
Auch Uli Hoeness?
Dessen Karriere wurde ja relativ abrupt beendet, weil er sich schwer verletzt hat. Ich habe ihn mehrfach getroffen und muss sagen: Auch vor ihm habe ich grossen Respekt. Wir vertreten zwar sehr unterschiedliche politische Spektren, aber er hat eine grosse Leidenschaft, die ich sehr bewundere. Er hat eine sehr gesunde Cholerik, die ich toll finde. Er denkt nicht ständig darüber nach, ob er sich gerade tadellos benimmt. Und mit Hoeness am Tisch zu sitzen, ist auch nie langweilig. Er hat immer eine sehr dezidierte Meinung. Das ist in Deutschland ja selten. Und er hat Rückgrat. Aber er hat sich halt verzockt. Ja mei, was Länder wie Ungarn gerade mit Flüchtlingen machen, finde ich tausendmal schlimmer. Dass es Pegida gibt und dass die Flüchtlingsheime brennen, das sind für mich die viel schlimmeren Verbrechen.
Die Psychologin von Udo Honig äussert im Film einen sehr prägnanten Satz: "Wohltätigkeit ist nur eine andere Form von Macht." In Zeiten der anhaltenden Flüchtlingskrise gibt es auch Schauspielkollegen, denen vorgeworfen wird, sich über ihre Wohltätigkeit profilieren zu wollen. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen? Wie geht man da selbst mit um?
Sie reden mit dem, der dafür am öffentlichsten geschlachtet wurde. Lesen Sie mal, was der "Spiegel", die "FAZ", der "Focus" in den letzten zehn Jahren über mich geschrieben haben. Ich bin da genau wie Til (Schweiger, Anm. d. Red.) ein gebranntes Kind.
Das ist ein typisch deutsches Phänomen. In den USA käme keine Zeitung auf die Idee, einen Prominenten, sei es Leonardo DiCaprio, George Clooney, Robert Redford, Dustin Hofmann – ich könnte da 500 Leute runterrattern, die sich lauthals engagieren – zu kritisieren. Im Gegenteil, die Amerikaner finden das gut.
Bei uns hingegen wird man dafür geschlachtet und das immer von Leuten, die sich für überhaupt nichts engagieren. Ich kenne so Typen wie Matthias Matussek, die ganze schreibende Mischpoke, von denen sich absolut niemand für nichts engagiert. Das Einzige, was die können, ist Häme. Draufhauen, anpinkeln, niederschreiben. Und dann wundert sich diese Branche, dass sie untergeht.
Ich habe jedenfalls grosse Sympathien für Til, ich finde es grossartig, dass einer aus meiner Branche endlich laut den Mund aufmacht. Ich finde es super, wenn sich die Kollegen, sei es aus der Musik, aus der Schauspielerei, engagieren, wenn sie den Mund aufmachen und eine Position beziehen.
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