Hoeness sprach schon von Abschied. Gibt es nach dem Abgang von Mats Hummels für Boateng doch noch einen Weg zurück?

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Uli Hoeness ist bekannt für deutliche Worte. Wenn er loslegt, müssen sich andere anschnallen. Doch die Adressaten der Kritik stehen dabei meist ausserhalb der Bayern-Familie. Die eigenen Leute verteidigt er bis an die Schmerzgrenze. Zumindest in der Öffentlichkeit.

Umso erstaunlicher waren die deutlichen Worte, die der Bayern-Präsident nach dem gewonnenen Double an Jerome Boateng richtete: "Ich würde ihm empfehlen, den Verein zu verlassen. Denn ich glaube, er braucht eine neue Herausforderung. Er wirkt wie ein Fremdkörper."

Selten hat man Uli Hoeness so deutlich über einen Bayern-Spieler reden hören, der noch langfristig (bis 2021) unter Vertrag steht und potenziell zu den Leistungsträgern im Kader gehört. Ist Boatengs Zeit in München damit nach acht Jahren zu Ende oder gibt es noch einen Weg zurück?

Boateng musste immer gegen Kritiker ankämpfen

Schon als Boateng im Jahr 2011 nach München wechselte, waren viele Beobachter mehr als skeptisch. Ein Talent? Ja. Aber irgendwie auch ein schlampiges Genie mit vielen Fragezeichen. Das war damals das Image des gebürtigen Berliners.

Bayerns damaliger Sportdirektor Christian Nerlinger, der heute Boatengs Berater ist, glaubte an den ungeschliffenen Diamanten. Und Boateng lieferte. Jupp Heynckes schenkte ihm sein Vertrauen, und Pep Guardiola formte ihn zum Weltklasse-Innenverteidiger.

Schnelligkeit, Robustheit im Zweikampf, überragende Diagonalbälle: Boateng war neben David Alaba die Konstante in der Bayern-Defensive. Champions-League-Sieger 2013. Weltmeister 2014 mit Hummels an seiner Seite. Erst 2016 begannen langsam die Wehwehchen und damit längere Ausfallzeiten, doch grundsätzlich in Frage gestellt wurde Boateng auch in dieser Zeit nicht.

Unter Niko Kovac hat sich die Situation verändert. Niklas Süle war plötzlich die Nummer eins. Das Weltmeisterduo Boateng und Hummels kämpfte um Platz zwei in der Innenverteidigung. Boateng spielte insgesamt eine durchwachsene Saison. Auffällig häufig stand er auf dem Platz, als es hinten klingelte.

Zwei Gegentore und Niederlage gegen Hertha, drei Gegentore und Niederlage gegen Dortmund, drei Gegentore gegen Düsseldorf, drei Gegentore gegen Ajax, vier Gegentore gegen Heidenheim im Pokal und spät in der Saison noch einmal zwei Gegentore gegen Bremen.

Im Saisonendspurt war er fit, aber weitgehend aussen vor. Kein Einsatz gegen Liverpool in der Champions League. Auf der Bank im vorentscheidenden Rückspiel gegen Dortmund. Auf der Bank im Pokalfinale gegen Leipzig.

Boateng liess sich seinen Frust anmerken und ist auch deshalb bei Hoeness unten durch. Der 30-Jährige gab nach der Saison dem Kicker einen Einblick in sein Seelenleben und beklagte immer wieder die fehlende faire Chance unter Niko Kovac. Dass Jogi Löw ihn inzwischen auch aus der Nationalmannschaft ausbootete, tat sein Übriges.

Kabak als Alternative?

Natürlich hat sich die Situation nach dem Verkauf von Mats Hummels zum Ligakonkurrenten Borussia Dortmund rein numerisch verändert. Würde auch Boateng gehen, stehen neben Niklas Süle, der gesetzt sein wird, noch die Neuzugänge Lucas Hernandez und Benjamin Pavard bereit. Bei Pavard fehlt der Nachweis, dass er in der Innenverteidigung höchsten Ansprüchen genügt.

Dass die Bayern dabei sind, Stuttgarts Supertalent Ozen Kabak (19) an die Isar zu locken, ist kein Geheimnis und spricht dafür, dass die Bayern mit vier Innenverteidigern in die Saison gehen wollen. Dem umworbenen Türken bieten allerdings andere Vereine derzeit deutlich mehr Chancen auf Einsatzzeit. Doch egal, ob es klappt: Das Werben um Kabak zeigt, dass die Münchner nicht mehr mit Boateng rechnen. Hummels Abgang hin oder her.

Für Boateng wird's eng

Fakt ist: Der Ex-Nationalspieler wäre trotz seines fortgeschrittenen Alters und etwas weniger Top-Speed auf dem Rasen immer noch in 17 von 18 Bundesligavereinen gesetzt. Natürlich könnte Boateng in München den Konkurrenzkampf um den Platz zwei neben Niklas Süle aufnehmen, doch Rekordtransfer Lucas Hernandez wird so oder so einen Startvorteil haben.

Undenkbar, dass Kovac seinen Wunschspieler, der im Sommer für 80 Millionen Euro kam, dauerhaft auf die Bank setzt. Keine guten Aussichten also für Boateng, selbst wenn sich sowohl Boateng-Berater Nerlinger als auch Hoeness etwas versöhnlicher äusserten.

Es wäre typisch für seinen Karriereverlauf, wenn er aus der aktuellen Situation mit viel Kritik an seiner Person erneut Kraft schöpft, um es allen zu zeigen. So war es, als er in München ankam. Und so könnte es auch jetzt mit einem neuen Anlauf an anderer Stelle klappen. Beim FC Bayern scheint der Weg zurück jedenfalls verbaut.

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