Bastian Schweinsteiger hat in seiner Laufbahn als Profi-Fussballer schon erinnerungswürdige Rückschläge erlitten. Doch keiner dürfte so schmerzhaft gewesen sein, wie seine aktuelle Situation bei Manchester United. Denn auch wenn der 32-Jährige am Wochenende gegen West Ham wieder im Kader war, droht dem deutschen Fussball-Idol die schleichende Demontage.
Beim 1:1 von Manchester United gegen West Ham am vergangenen Wochenende kam
Tatsächlich könnte Schweinsteiger am kommenden Mittwoch im Liga-Pokal-Viertelfinale - erneut gegen West Ham - als "Notnagel" zum Einsatz kommen, da Michael Carrick verletzt ausfällt und Paul Pogba sowie Marouane Fellaini gesperrt sind. Ob das aber an der Gesamtsituation des 32-Jährigen etwas Grundlegendes ändern wird, muss bezweifelt werden.
Manchester wird Schweinsteiger "über Bord werfen"
Verschiedene englische Medien glauben dennoch nicht an eine Wende zum Besseren für den ehemaligen DFB-Kapitän. "Es ist auch weiterhin zu erwarten, dass United Schweinsteiger über Bord wirft", meint etwa "Manchester Evening News" und zielt mit der Wortwahl exakt auf die Brisanz der Personalie.
"Ich würde die Leute in Manchester bis zum letzten Tag zahlen lassen und dann sagen: 'Arrivederci'. Das wäre doch schön für diesen Verein - für das, was er ihm angetan hat", meinte gerade erst Bayern Münchens alter und neuer Präsident
Es ist schon eine Ironie der Geschichte, dass Bastian Schweinsteiger bei Manchester United ausgerechnet von Mourinho aufs Abstellgleis geschoben wurde. Schliesslich galt der Portugiese als Bewunderer des deutschen Mittelfeldstrategen.
Nach einem Freundschaftsspiel 2010 in der Münchner Allianz-Arena zwischen Real Madrid und dem FC Bayern hatte der damalige Real-Coach Mourinho nach Schlusspfiff Schweinsteiger noch auf dem Feld abgefangen.
Mourinho wollte Schweinsteiger unbedingt
Es gab einen anerkennenden Handschlag und ein kurzes Gespräch, das belegen Bilder. Der Rest ist wahr - oder eben Legende. So genau lässt sich das nicht sagen, weil damals nur die "Bild" so gute Ohren gehabt haben will, um Mourinhos Aussage öffentlich zu machen: "Ich wollte Dich letztes Jahr schon holen. Da habe ich Dich aber nicht bekommen. Nächstes Jahr gehörst Du mir!"
Jeder weiss, dass es anders kam. Und mittlerweile liegen sechs Jahre zwischen damals und heute. Mourinho hat bekommen, was er wollte, kann nun damit nur nichts mehr anfangen.
Unmissverständlich klar wurde dies am 1. August 2016, Schweinsteigers 32. Geburtstag. Mourinho hatte für den Jubilar ein ganz besonderes "Geschenk" vorbereitet: Die Degradierung ins Reserve-Team.
Eine Entscheidung, die in den sozialen Netzwerken nicht nur von Fans des FC Bayern und Manchester United als Affront verstanden worden war, sondern auch von Trainer-Legende Ottmar Hitzfeld, der Mourinho "mangelnden Respekt" vorwarf.
"Ich musste meine Entscheidungen treffen", verteidigte sich Mourinho. "So etwas passiert in jedem Verein auf der Welt." Der Portugiese legte Schweinsteiger einen Vereinswechsel nahe. Das offizielle Mannschaftsfoto zur neuen Saison wurde ohne den Deutschen geschossen.
Schweinsteiger motzt und meckert nicht
Schweinsteiger reagierte hochprofessionell und erklärte auf Twitter: "MUFC wird mein letzter Klub in Europa sein. Ich respektiere andere Klubs, aber Manchester United war der einzige, für den ich Bayern München verlassen wollte. Ich bin bereit, wenn mich das Team braucht. Das ist alles, was ich zu meiner aktuellen Situation sagen kann. Vielen Dank an die Fans für die unglaubliche Unterstützung in den letzten Wochen."
Im Oktober berichteten englische Medien dann von einer neuen Eskalationsstufe. Reserve-Coach Warren Joyce hatte sich in der Vergangenheit immer wieder darüber beschwert, dass sich die Stars selbst nach Verletzungspausen zu schade seien, für die Reserve aufzulaufen.
Nicht so Schweinsteiger, der sich vorbildlich professionell verhalten und im Oktober für einen Einsatz in der zweiten Mannschaft bereit erklärt hatte. Doch erneut soll Mourinho den Plan vereitelt haben, berichtete die "Sunday People". Schweinsteiger werde für keine Mannschaft der "Red Devils" mehr auflaufen, so Mourinhos Ansage.
Schweinsteiger hatte die Bayern im Juli 2015 nach 17 Jahren verlassen und war dem Lockruf seines ehemaligen Bayern-Coaches Louis van Gaal nach Manchester gefolgt. Doch Verletzungen warfen ihn immer wieder zurück. Seit dem Wechsel von Louis van Gaal auf José Mourinho spielt Schweinsteiger für die sportliche Zukunft der "Red Devils" keine Rolle mehr.
Wertschätzung im Team ist noch da
Dabei ist die Wertschätzung innerhalb des Teams durchaus noch hoch. Nachdem ihm Mourinho Anfang November wieder erlaubt hatte, mit der ersten Mannschaft zu trainieren, hatte Teamkollege Luke Shaw erklärt, es sei "grossartig, ihn wieder zurück zu haben".
Dies bedeute für die Mannschaft einen "grossen Schub aufgrund seiner Erfahrung und seiner Qualität". Schweinsteiger habe "grossen Einfluss in der Umkleidekabine und auf dem Spielfeld, vor allem für junge Spieler wie mich".
Mourinho aber sieht das anders, weshalb Schweinsteigers Tage bei ManUnited gezählt sein dürften. Das Schicksal würde einen ganz eigenwilligen Humor beweisen, sollte seine legendäre Rückennummer am Ende auch für die überschaubare Summe seiner Pflichtspiele für Manchester stehen: 31.
Es wäre ein unrühmliches und sicherlich auch unverdientes Ende für einen verdienten Weltklassespieler im europäischen Klub-Fussball. Mit dem WM-Titel 2014 hatte sich Schweinsteiger ein Denkmal gebaut, das nun in Manchester demontiert wird.
Hoeness rät Schweinsteiger zu Karriere-Ende
"Schweinsteiger ist ein grandioser Mensch und war ein grandioser Spieler für Bayern München. Schade, dass sie ihm das antun", so Hoeness Anfang November in der "Abendzeitung".
Auch wenn es Gerüchte über ein Interesse aus der nordamerikanischen Profi-Liga MLS gibt, bringt der Bayern-Präsident ein Karriereende ins Spiel: "Was ich gehört habe, ist Basti auf dem Absprung aus dem Fussball."
Er solle "nicht noch in Amerika rumtingeln mit so einer Riesenkarriere", rät Hoeness, sondern sein Karriere-Abschiedsspiel beim FC Bayern machen und dann mit seiner "Ana durch den Canal Grande schippern".
Vor wenigen Tagen erst war Bastian Schweinsteiger bei der Bambi-Verleihung mit dem "Ehrenpreis der Jury" ausgezeichnet worden.
Gut möglich, dass er nächstes Jahr wiederkommt, um Schauspiel-Legende Mario Adorf als Preisträger zu beerben: in der Kategorie "Lebenswerk".
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