Der FC Arsenal befindet sich in seiner schlimmsten Krise seit Jahren - mittendrin zahlreiche Spieler, die viele Fussballfans aus der deutschen Nationalmannschaft und/oder Bundesliga kennen. Zum Sündenbock wurde aber längst Trainer Arsène Wenger gemacht.

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Die Wut der mitgereisten Fans war gross, als das Spiel des FC Arsenal beim Premier-League-Aufsteiger Brighton & Hove Albion abgepfiffen war. Mit 1:2 verlor der Favorit aus dem Norden Londons gegen den Underdog.

Vor allem Trainer Arsène Wenger, der seit 1996 die "Gunners" trainiert, muss als Sündenbock herhalten. "Wenger out", zählte noch zu den harmlosen Spruchbändern.

Die Mannschaft mit den deutschen Weltmeistern Mesut Özil, Shkodran Mustafi und Per Mertesacker sowie Ex-BVB-Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang steckt tief in der Krise.

Vier Pflichtspiele hat Arsenal in Folge verloren. So etwas gab es bei den Londonern zuletzt im Oktober 2002.

Die Champions-League-Plätze sind längst ausser Reichweite, die Qualifikation für die Europa League das wahrscheinlichste Szenario - sollte den "Gunners" nicht über den Gewinn eben dieses Wettbewerbs doch noch der Sprung in die Königsklasse gelingen.

Dabei hatte Aubameyang bei seinem Transfer noch erklärt, der Wechsel von Dortmund nach London sei der richtige Schritt gewesen, weil Arsenal ein "etwas grösserer Klub" als der BVB sei. Auf dem Spielfeld ist davon aber wenig zu sehen.

Im Gegenteil: Mannschaft und Trainer wirken fast so, als würden sie resignieren. Wenger erhebt sich kaum noch von seiner Trainerbank, um der Mannschaft mit Anweisungen zu helfen. Auch von den Spielern geht kaum ein Impuls aus.

Schau, wie Özil trabt

Der englische TV-Experte Phil Neville rechnet mit den Stars ab: "Als Fan willst du doch nur sehen, dass ein Spieler so schnell rennt, wie er kann. Aber schau dir an, wie Ramsey trabt, wie Xhaka trabt, wie Özil trabt. Und das bei einem 0:2-Rückstand. Das geht nicht. Ihr seid eine Schande."

Überhaupt wird Özil in London sehr verschieden bewertet. Hat er einen seiner Gala-Auftritte, ist er der umjubelte Star. Taucht er danach wieder unter, besonders gegen grosse Gegner, wird er harsch kritisiert.

Die englische Fussball-Legende Alan Shearer sagt: "Özil hat gerade einen Mega-Vertrag abgeschlossen und muss Verantwortung übernehmen. Er rennt nicht mit zurück, um Bälle zurückzugewinnen. Wer so eine Einstellung hat, bekommt Probleme."

Aubameyang hat zu kämpfen

Auch Aubameyang, der teuerste Transfer der Vereinsgeschichte, bekommt viel Gegenwind. Statistisch gesehen mögen seine zwei Tore in fünf Pflichtspielen im grünen Bereich liegen.

Die öffentliche Wahrnehmung hingegen ist eine andere. "Er hat nach einem tollen Debüt jetzt schon schwer zu kämpfen", schrieb der "Telegraph".

Die Körpersprache des Gabuners wird genauso kritisiert wie seine Zweikampfschwäche. Zudem verschoss er gegen Manchester City einen Elfmeter - und das auf klägliche Art und Weise.

Auch angesichts der vielen negativen Kommentare in den sozialen Netzwerken lässt sich festhalten: "Auba" hat sich noch nicht in die Herzen der Fans gespielt.

Per Mertesacker geniesst als Kapitän zwar ein höheres Ansehen, spielt aber in den sportlichen Planungen kaum noch eine Rolle und kam in der laufenden Saison lediglich auf fünf Ligaeinsätze. Im Sommer wird er seine Karriere beenden. Shkodran Mustafi fiel zuletzt durch einen schweren Patzer bei der Niederlage gegen Manchester City auf.

Falsche Taktik, falsche Transfers: Wenger ist der Buhmann

Der grösste Buhmann von London ist und bleibt aber der Trainer. Wenger wird vorgeworfen, die individuell starken Spieler taktisch falsch einzusetzen.

Özil schiebt der Franzose zum Beispiel gerne nach Rechtsaussen, obwohl dessen Stärken als Spielmacher benötigt werden.

Auch die Transferpolitik von Wenger wird seit längerer Zeit kritisch gesehen. Im Vergleich zu den dreistelligen Millionensummen, die die Konkurrenz ständig in neue Spieler investiert, verhält sich Wenger recht konservativ.

Der Transfer von Aubameyang zeigt immerhin, dass in dem als stur geltenden Trainer-Routinier ein Umdenken stattfindet. Ob das aber genügt, um das Vertrauen der Fans zurückzugewinnen?

Das Verhältnis ist zerrüttet: Als sein Vertrag im Mai 2017 um zwei Jahre verlängert wurde, obwohl der Verein erstmals seit 19 Jahren die Champions League verpasst hatte, war das Unverständnis der Anhänger gross.

Angesichts der sportlichen Krise fühlen sich die Fans nun bestätigt und verlangen Konsequenzen. "Wenger Raus. Nicht 2019, sondern jetzt", schrieb ein Fan auf ein Spruchband.

Wenger: Ich schaffe die Wende

Die Medien vertreten dieselbe Meinung. Der "Mirror" schrieb: "Wenger hat die Fans, Spieler und den Klub verloren. Das muss das Ende für ihn bei Arsenal sein."

Doch die Chefs von Arsenal, Hauptaktionär Stan Kroenke und CEO Ivan Gazidis, scheinen nicht gewillt zu sein, die Trainer-Ikone zu entlassen.

Wenger selbst bleibt positiv. "Ich habe genug Erfahrung, um die Wende zu schaffen", sagte er am vergangenen Wochenende. Der Glaube daran fehlt allerdings nicht nur Arsenal-Fans.

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