Die Bayern holen gegen den FC Sevilla auch den Supercup, der Held des Abends ist dabei Javi Martínez in seinem vielleicht letzten Spiel für die Münchener.

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Eigentlich war er ja schon längst weg. Am Dienstag machte die Nachricht die Runde, dass Javi Martínez zurückgehen würde nach Bilbao. Der Kreis soll sich schliessen für den 32-Jährigen, den die Bayern einst eben aus Bilbao geholt haben für ein Heidengeld. 40 Millionen Euro kostete Martínez die Bayern, eine Rekordsumme damals für einen defensiven Mittelfeld- und Abwehrspieler.

Am Mittwoch erzählte Bayern-Trainer Hansi Flick auf der Pressekonferenz noch, er sei überrascht gewesen, dass Martínez überhaupt den Flieger nach Budapest bestiegen habe. In einem ohnehin schon sehr dünnen Bayern-Kader konnte aber der eine oder andere Spieler zur Aushilfe nicht schaden. Also flog Martínez halt mit in Ungarns Hauptstadt - und schoss die Bayern zum vierten Titel der Saison.

Der FC Bayern hat nach dem Gewinn der Meisterschaft, des DFB-Pokals und der Champions League nun auch den europäischen Supercup gewonnen, nach einem hart umkämpften 2:1 nach Verlängerung gegen den sperrigen FC Sevilla.

Damit wiederholten die Bayern ihre Titeljagd aus dem Jahr 2013, als sie nach dem Triple ebenfalls mit dem Gewinn des Supercups in die Saison starteten. In einer magischen Nacht von Prag war es auch damals Martínez, der nach seiner Einwechslung die Bayern mit einem späten Tor rettete – nun in Budapest war Martínez keine fünf Minuten auf dem Platz, als er den Ball in der Verlängerung der Partie aus knapp acht Metern ins Tor köpfte. Ausgerechnet Martínez, war man geneigt zu sagen.

Müller über "Die Kirsche auf der Sahne"

Der Spanier wird die Bayern ziemlich sicher verlassen, die Partie gegen Sevilla könnte seine letzte im Trikot der Münchener gewesen sein. In der finalen Nachtschicht noch einmal aus dem Nichts zum Matchwinner zu werden: Das passt zum Spieler und diesem Klub, der offenbar immer noch eine Steigerung findet.

"Es war die die Kirsche auf der Sahne. Er wird auch noch in 30 Jahren dieses Kopfballspiel haben. Er ist so ein super Typ, aber auch ein verrückter Vogel! Dass er nicht mehr alle drei Tage ans Limit gehen kann, hat ihm auch weh getan. Heute hat er uns zum Titel geköpft, dafür kann man ihm nur danke sagen. Er hat mir persönlich in den letzten acht Jahren geholfen, den ein oder anderen Titel zu holen", sagte Thomas Müller nach dem Spiel bei Sky und zeigte sich in der Euphorie des Sieges ehrlich dankbar.

Hansi Flick hatte also die richtige Idee, als er Martínez in der 99. Minute für Leon Goretzka einwechselte, den bis dato einzigen Torschützen der Bayern. "Javi ist ein Spieler, der immer zu 100 Prozent da ist, wenn er gebraucht wird und auf dem Platz mit seiner Erfahrung und Mentalität Spiele gewinnt. So wie heute. Er hat nicht nur in der Defensive seine Qualitäten. Auch in der Offensive mit seinem Kopfballspiel. Das war ausschlaggebend, warum er eingewechselt wurde. Wir wollten mit ihm eine kopfballstarke Komponente haben", erklärte Flick nachher.

Sevilla zeigt der Bundesliga, wie es gehen kann

Dass es überhaupt so lange dauern würde in der Puskas-Arena, hatte Flick zumindest eingepreist. Der Gegner erwies sich als besonders schwere Kost für die derzeit doch so leichtfüssigen und vor Selbstvertrauen nur so strotzenden Bayern. Die Spanier lieferten eine Blaupause für alle Bundesligisten, wie den Bayern beizukommen ist.

Sevilla ging nicht nur durch einen Elfmeter in Führung, der Aussenseiter ärgerte die Bayern mit einem sehr hohen und aggressiven Pressing, machte das Zentrum und die Halbräume dicht und liess lediglich die - aus Sicht von Trainer Julen Lopetegui zu vernachlässigenden - Flügel offen und stoppte damit merklich den Spielfluss der Bayern.

Manuel Neuer musste unter Druck einen langen Ball nach dem anderen ins Mittelfeld schlagen, weil Sevilla immer wieder piesackte. Und auch mit dem Ball war der Europa-League-Sieger mutig und frech: Sevilla lockte die Bayern hoch ins Pressing und spielte dann mit einem hohen Ball in die Spitze einfach drüber.

Weil sich endlich einmal ein Gegner richtig und mit den geeigneten Mitteln wehrte und weil die Bayern nicht so konzentriert und passsicher waren wie gewohnt, entwickelte sich für ein Spiel mit Münchener Beteiligung eine erstaunlich offene Partie. Die Bayern dominierten zwar und hatten Chancen und ein wenig Pech, dass gleich zwei weitere Treffer nicht zählten.

FC Bayern im Glück: Alaba patzt, Neuer rettet

Am Ende aber auch das Glück, mit Neuer den besten Spieler in grossen Finals in seinen Reihen zu haben. Sevilla kam erst kurz vor Ende der regulären Spielzeit nach einem fatalen Alaba-Fehler zur Chance auf den Sieg, dann kurz nach Anpfiff der Verlängerung, als sich wieder David Alaba von Gegenspieler Youssef En-Nesyri austanzen liess und Neuer mit Hilfe des Pfostens den Einschlag verhinderte.

Es sind diese kleinen Sequenzen, die grosse Spiele entscheiden. Auf Neuer war da wieder einmal Verlass, Alaba dagegen, der ja derzeit wegen seiner zum teil öffentlich ausgetragenen Vertragsverhandlungen unter besonderem Fokus steht, konnte keine Werbung in eigener Sache betreiben.

Auch wenn Neuer dem Österreicher danach auch verbal zur Seite stand. "Er war angeschlagen, hat heute sein erstes Spiel gemacht. Er ist eine wichtige Stütze. Einmal ist ihm der Ball abgerutscht, das kann passieren. Aber er ist ein echter Leader in der Viererkette."

Neuer und Martínez waren die Gesichter des erneuten Bayern-Triumphs, quasi im Hintergrund aber hat sich auch Hansi Flick noch weiter nach oben katapultiert. Im 38. Spiel als Cheftrainer der Bayern feierte Flick nun schon den vierten Titel - und nächste Woche steht auch noch der nationale Supercup gegen Borussia Dortmund an.

Das ist aber jetzt schon eine verrückte Bilanz für einen, der vorher lediglich Cheftrainer beim damaligen Regionalligisten TSG Hoffenheim war. "Es ist nie ein Trainer alleine, ich habe absolute Experten um mich herum. Die Mannschaft spielt begeisternd und bringt jeden Tag diese Qualität. Diese Entschlossenheit gefällt jedem Trainer", gab Flick, natürlich, die Glückwünsche zurück an seine Mannschaft.

Eigentor der UEFA?

Für den Coach war die Reise nach Budapest ja eher ein ungewollter Betriebsausflug. Flick war skeptisch und wenig begeistert von der Ansetzung der Partie in Ungarns Hauptstadt, einem ausgewiesenen Corona-Hotspot, und der Aussicht auf fast 20.000 Fans im Stadion.

Am Ende wurden 15.180 Zuschauer durchgesagt, was immer noch viel zu viel ist angesichts der Lage nicht nur in Ungarn. Wäre er "nur" Fan der Bayern, dann hätte Flick die Reise nach Budapest nicht angetreten, sagte er vor dem Spiel bei Sky.

Die UEFA wollte ihr Konzept aber unbedingt durchdrücken und zu einer Art Vorbild werden. So richtig ging Aleksander Ceferins Plan allerdings nicht auf. Im Stadion kam keine echte Stimmung auf und am Ende waren Bayern- und Sevilla-Fans zu sehen, die dicht gedrängt und ohne Mund-Nasen-Schutz ihre Mannschaften feierten.

Javi Martínez trottete erst zögerlich in die Kurve und legte fast schon widerwillig Hand an den Supercup. Dann klopfte er sich mit der rechten Hand an die linke Brust, dorthin, wo das Bayern-Emblem aufgestickt ist.

Der Spanier hatte den Bayern noch einen letzten Dienst erwiesen und sich selbst zum 21. Titel mit den Münchenern verholfen und spätestens damit war klar: Mit Martínez wird die Bayern nicht einfach nur ein Spieler verlassen - sondern eine Ikone der erfolgreichsten Epoche der Klubgeschichte.

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Verwendete Quelle:

  • sport1.de: Müller: "Die Kirsche auf der Sahne"
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