Ausgerechnet der beliebteste Repräsentant der guten alten Zeit legitimiert plötzlich ein Konstrukt wie RB Leipzig. Noch ist nicht abzusehen, wie die Ultras und sonstige RB-Hasser darauf reagieren - und welche Konsequenzen der neue Job auf das Bundestrainer-Amt hat.
Eine grosse Linie verbindet alle seine Trainerstationen:
Leipzig statt Liverpool
Das alles muss man im Hinterkopf haben, wenn man die Knaller-Nachricht vom Mittwochmorgen verstehen will. Jürgen Klopp wird, wie Bild enthüllt hat, "Global Head of Soccer" bei Red Bull. Das heisst: Weltchef bei einem Konstrukt, das keine Tradition pflegen kann, weil es keine hat, aber Fussball als Marketinginstrument versteht. Klopp ist jetzt Red Bulls wichtigster Markenbotschafter.
Das ist für alle ein Schock, die Jürgen Klopp als letzten Verfechter der guten alten Fussballwelt vereinnahmt haben. So kann man sich täuschen: Er wird in seinem neuen Job um die Welt fliegen, damit die sechs Klubs seines Arbeitgebers mit besserem Fussball helfen, Getränkedosen zu verkaufen. Leipzig, Salzburg und Leeds, New York, Brasilien und Japan: Das sind jetzt seine Märkte.
Klopp macht RB salonfähig
Man kann ihm die neue Aufgabe (ab 1. Januar) nur bedingt übelnehmen. Unbestritten ist ja: Die Red-Bull-Mannschaften spielen attraktiven Fussball, investieren in Jugendarbeit und sind bei der Verbindung von Ballsport und Business mitunter ehrlicher als Traditionsvereine, die ihr aggressives Geschäftsgebaren unter dem Deckmantel "e.V." falsch etikettieren.
Nur: Bisher galt Klopp stets als einer der ihren. Sein Bekenntnis zu Red Bull legitimiert plötzlich RB Leipzig als Konstrukt, für das man sich als Repräsentant der guten alten Zeit nicht mehr schämen muss. An den Gedanken müssen sich alle Ultras wie alle anderen RB-Hasser, die's mit Klopp halten, erst noch gewöhnen: Ihr Liebling macht jetzt Klubs wie RB Leipzig salonfähig.
Riesen-Erfolg für Red Bull
Für Red Bull-Boss Oliver Mintzlaff ist die Personalie ein grosser Erfolg. Er selbst konnte mit seiner kalten Argumentationslinie die Fussballbasis nie von sich und seinem Arbeitgeber überzeugen. Daran änderten auch Siege im DFB-Pokal nichts: Zu viele Bundesliga-Vereine gratulierten nicht einmal. Gegner verweigerten den gemeinsamen Fanschal oder erwähnten die Vorsilbe "RB" aus Prinzip nicht.
Wie blicken Sie auf die Verpflichtung Jürgen Klopps als Fussball-Chef bei Red Bull? Überrascht Sie dieser Schritt? Und in welcher Position hätten Sie Klopp vielleicht lieber gesehen?
- Schreiben Sie uns! Ganz einfach unter "Feedback" beziehungsweise "Feedback an die Redaktion" links unter diesem Artikel. Vergessen Sie dabei bitte nicht anzukreuzen, dass wir Ihre Zuschrift veröffentlichen dürfen – und geben Sie in Ihrer Nachricht an unsere Redaktion gerne auch Ihren Vornamen und Ihr Alter an, wenn Sie einverstanden sind, dass wir diese Angaben mit Ihrer Zuschrift veröffentlichen. Eine Auswahl an Leserstimmen veröffentlichen wir im Anschluss auf unserer Seite.
Die Verweigerungshaltung fällt bei einem Sympathieträger wie Jürgen Klopp schwerer. Man darf gespannt sein, wie ihn der Anhang der Traditionsvereine in den Stadien empfangen wird: Ob die Fans wohl happy sind, dass er zurück auf der grossen Fussballbühne steht - oder ob sie ihn nun für käuflich halten? Die Antwort auf diese Frage ist entscheidend für die Zukunft des deutschen Fussballs.
Klopp trotzdem Bundestrainer?
Denn es ist ja eine ausgemachte Sache, wenn auch unbestätigt, dass Klopp 2026 Nachfolger von Julian Nagelsmann als Bundestrainer werden soll. Wird man ihm verzeihen, dass er vorher zwei Jahre lang für Red Bull gearbeitet hat? DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig ist bekennender Gegner des RB-Konstrukts und wollte seinerzeit sogar die Lizensierung für die Bundesliga vereiteln.
In den nächsten Tagen werden wir deshalb unzählbare Stellungnahmen zur Klopp-Personalie lesen. Weil er ein kluges Management hat (Marc Kosicke), wird Klopp die öffentliche Aufregung vorausgesehen und bei seinen Verhandlungen mit Red Bull eingepreist haben. So ist der Profifussball heute: ein grosses Stück Kalkül. Und auch das hat inzwischen Tradition. Übrigens nicht nur bei Red Bull.
Verwendete Quellen
- Bild: Klopp zu Red Bull!
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.