Ein öffentlicher Kuss hat sein Leben über Nacht verändert: Vor dem spanischen WM-Sieg über England bei den Frauen war Spaniens Verbandspräsident alles andere als weltberühmt. Keinen Monat später ist er das Feindbild ungezählter Menschen, auf Druck von seinem Amt zurückgetreten und muss sich vor Gericht verantworten.
Nach seinem Rücktritt als Präsident des spanischen Fussball-Verbandes RFEF ist der Kuss-Skandal für Luis Rubiales noch lange nicht überstanden.
Bei dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren wurde der 46-Jährige zu einer ersten Anhörung im Staatsgerichtshof in Madrid vorgeladen, "um als Angeklagter gehört zu werden" und auf die Vorwürfe zu antworten, teilte der Nationale Gerichtshof in Madrid mit. Der Untersuchungsrichter Francisco De Jorge muss entscheiden, ob Rubiales nach dem aufgezwungenen Kuss auf den Mund von Weltmeisterin Jennifer Hermoso wegen sexueller Aggression und Nötigung auf die Anklagebank kommt.
Jennifer Hermoso erstattete Anzeige
Bei der Siegerehrung nach dem Final-Triumph der Spanierinnen über England am 20. August in Sydney hatte Rubiales den Kopf von Hermoso mit beiden Händen gepackt und sie auf den Mund geküsst. Dies sei in beiderseitigem Einvernehmen erfolgt, beteuert er. Hermoso erklärte aber, sie habe sich "als Opfer einer impulsiven, sexistischen und unangebrachten Handlung gefühlt, der ich nicht zugestimmt habe". Die 33-Jährige erstattete Anzeige und ermöglichte damit einen Strafantrag der Staatsanwaltschaft beim Staatsgerichtshof.
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Hermoso beschuldigt Rubiales ausserdem, sie unter Druck gesetzt zu haben. Sie habe sich unmittelbar nach dem Aufruhr über den Kuss zu seiner Verteidigung äussern sollen, was laut Staatsanwaltschaft als Straftatbestand der Nötigung angesehen werden könnte.
Luis Rubiales könnte im Gefängnis landen
Nach einer kürzlich erfolgten Reform des spanischen Strafgesetzbuchs kann ein nicht einvernehmlicher Kuss als sexuelle Gewalttat betrachtet werden. Die Strafen dafür können nach Angaben der Staatsanwaltschaft von einer Geldstrafe bis zu vier Jahren Gefängnis reichen.
Obwohl der Weltverband Fifa ihn schon kurz nach dem Skandal für 90 Tage suspendiert und auch ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet hatte, verweigerte Rubiales lange den von sehr vielen im In- und Ausland geforderten Rücktritt. Nun zog er aber die Konsequenzen und gab sowohl seinen Posten als RFEF-Präsident als auch seine Vizepräsidentschaft in der Europäischen Fussball-Union Uefa auf. (dpa/sid/hau)
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