- Nur noch drei Klubs von ursprünglich zwölf Teams verfolgen offiziell noch die Idee einer Super League.
- Juventus-Boss Andrea Agnelli und Real-Präsident Florentino Perez plagen vor allem zwei Sorgen.
- In einem gemeinsamen Statement mit dem FC Barcelona kündigen sie an, ihre Mission fortsetzen zu wollen.
Die Pläne einer europäischen Super League versetzten die Fussballwelt vor knapp drei Wochen in grosse Aufruhr.
Nachdem von den zwölf Gründungsmitgliedern neun gleich wieder aus der Vereinigung austraten, schien das Projekt bereits wieder beerdigt, bevor es überhaupt an den Start gehen konnte. Auslöser für die Austrittswelle waren unter anderem die massiven Fanproteste bei den englischen Klubs. Diese traten daher auch zuerst wieder aus dem Zusammenschluss für die Super League aus.
Nach und nach traten auch die anderen Teams aus, lediglich Real Madrid, der FC Barcelona und Juventus Turin weigerten sich bislang die Super-League-Pläne endgültig ad acta zu legen.
Real-Boss Florentino Perez: "Es war, als hätten wir jemanden getötet"
Unmittelbar nach dem vermeintlichen Scheitern der hochfliegenden Pläne sagte Real-Präsident Florentino Perez im spanischen Radio über die breite Ablehnung der Pläne: "Es war, als hätten wir jemanden getötet. Es war, als hätten wir den Fussball getötet. Aber wir versuchen, einen Weg zu erarbeiten, um den Fussball zu retten."
Der mächtige Boss von Real Madrid fungiert noch immer als Vorstand der Super League. Einer seiner Stellvertreter ist Andrea Agnelli, oberster Chef bei Juventus Turin. Auch Agnelli, Sprössling der Fiat-Dynastie, hatte trotz der Rückzieher der anderen Teams das Projekt noch nicht als gescheitert angesehen.
Aber warum kommen die beiden mächtigen Fussballfunktionäre zu diesem Entschluss, obwohl die Ablehnung für die Super League gigantisch war.
Gewaltige finanzielle Probleme ein Grund für Festhalten an Super League
Der Haupttreiber von Agnelli und Perez sind finanzielle Interessen. Kolportierte drei Milliarden Euro vom US-Bankhaus JP Morgan sollen das Finanzvolumen der Super League gewesen sein, selbst im Millionenbusiness Fussball eine gewaltige Summe. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Auswirkungen der Corona-Pandemie auch an den europäischen Fussballschwergewichten nicht spurlos vorübergehen.
So habe der Wirtschaftsprüfer "KPMG" allein in der vergangenen Saison bei den zwölf Gründungsmitgliedern der Super League einen Verlust von 650 Millionen Euro festgestellt, erklärte Perez. "In diesem Jahr, mit der kompletten Saison, werden sich die Verluste zwischen zwei und zweieinhalb Milliarden Euro bewegen."
Er befürchtet: "Wenn wir nicht bald etwas tun, werden viele Klubs bankrottgehen." Die Champions-League-Reform ab 2024, die die UEFA im Sog der Super-League-Diskussionen verabschiedet hat, sieht Perez nicht als Lösung: "Das Format versteht keiner und das Timing mit 2024 passt auch nicht."
Agnelli: "Potenzial für glänzende Zukunft"
Agnelli, der binnen Tagen zur absoluten "Hassfigur" hochstilisiert wurde, sprach im März in seiner damaligen Funktion als Präsident der Europäischen Club-Vereinigung (ECA) bereits über eine mögliche Super League und betonte auch das Interesse von JP Morgan an einem solchen Wettbewerb.
"Wenn es Interesse von solchen Finanz-Institutionen gibt, dann haben wir in unserer Industrie das Potenzial für eine glänzende Zukunft. Aber im Gegensatz zu anderen Beteiligten haben diese Institutionen kein allzu grosses Interesse an Solidarität, sie haben Interesse an Kapitalrendite", erklärte Agnelli.
Und ergänzte: "Wir haben das Produkt: Fussball. Wir haben das Interesse der Finanzwelt, und das muss man jetzt zusammenbringen. Wir befinden uns an einer Weggabelung." Getrieben wird Agnelli dabei ebenfalls von einer enormen Schuldenlast. Während Perez' Madrid bereits seit längerem dreistellige Millionenschulden aufweist, hat bei Juventus vor allem die Verpflichtung von Cristiano Ronaldo ein Loch in die Kasse gerissen. Das italienische Wirtschaftsblatt "Il Sole 24 Ore" berichtet von 358 Millionen Euro.
Kein Wettbewerb in der heimischen Liga
Einerseits finanzielle Probleme, andererseits kein wirklicher Wettbewerb mehr in heimischen Ligen. Während Real sich regelmässig noch dem FC Barcelona oder Atletico Madrid erwehren muss, gewann Juve vor dieser Saison neun Mal in Folge den Meistertitel in der Serie A – auch dank der enormen Gelder aus der Champions League. Doch die heimische Liga stagniert wirtschaftlich und lässt keine grossen Steigerungen der Erlöse mehr zu, gleiches gilt auch in Spanien, sodass ein Wettbewerb der Top-Teams untereinander bei den Entscheidern wohl für glänzende Augen sorgte.
Die Pläne für eine Super League sind aber nicht neu. Bereits in den 80-er Jahren gab es erste Gedankenspiele, eine Liga der Topteams zu machen. In den vergangenen Jahren wurden solche Pläne aber vor allem genutzt, um Druck auf die UEFA auszuüben und deren Wettbewerbe zu Gunsten der grossen Klubs auszurichten. So erhielten Europas Top-Ligen unter anderem vier statt drei fixe Startplätze in der Champions League.
Das Enthüllungsbuch "Football Leaks" berichtete dann erstmals von konkreten Plänen für eine Super League, vor allem durch die ECA getrieben, die sich immer mehr zum Sprachrohr der Topklubs gewandelt hat.
Gemeinsames Statement: "Es wäre ernsthaft unverantwortlich"
So werden auch die Herren Perez und Agnelli schon seit einigen Jahren mit dem Thema in Berührung sein, da sie in der Vereinigung in der Vergangenheit durchaus aktiv waren. Nun sind beide nicht mehr in der mächtigen Verbindung, weil sie als Verfechter der Super League in der neuen Liga wichtige Ämter innehaben. Eine Kursänderung der drei Klubs scheint derzeit komplett ausgeschlossen.
"Es wäre ernsthaft unverantwortlich, wenn wir im Wissen um die Nöte und die Systemkrise im Fussballsektor unsere Mission aufgeben würden", heisst es in einem am 8. Mai veröffentlichten Statement, das mit Kritik an der UEFA nicht spart, von den drei verblieben Super-League-Klubs Real, Juventus und Barcelona.
Die Namen Agnelli und Perez werden sich also weiterhin für eine Super League einsetzen, obwohl der letzte Vorstoss gescheitert ist und ihren Klubs von Seiten der UEFA empfindliche Strafen drohen. Doch weitere Vorstösse scheinen trotzdem nicht ausgeschlossen.
Verwendete Quellen:
- 11freunde.de: Den Reichen noch mehr Kohle
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