Fast fünf Jahre ist es her, dass Diego Armando Maradona im Alter von gerade einmal 60 Jahren verstarb. Nun soll ein Gerichtsverfahren ein für alle Mal klären, warum die Fussballwelt so früh Abschied von seiner Legende nehmen musste. Im Fokus steht vor allem der Leibarzt Maradonas.
Seine jüngste Tochter verlangte in einer Videobotschaft pathetisch "Gerechtigkeit für dich", die ältere sprach nebulös von "Angst vor der Mafia". Ganz der Vater, geben Gianinna (35) und Dalma (37) vor dem am Dienstag startenden Gerichtsverfahren um die Umstände, die am 25. November 2020 zum Tod von Diego Maradona führten, theatralisch den Ton vor.
Vier Jahre, drei Monate und zwei Wochen, nachdem Argentiniens grösstes Fussball-Idol leblos in seinem Bett aufgefunden worden war, nimmt im idyllischen San Isidro vor den Toren von Buenos Aires das Tribunal 3 seine Arbeit auf - und will in den nächsten Monaten rund 120 Zeugen anhören. Das Video der Leichenschau, zahllose Whats-App-Audios und -Nachrichten kommen dabei an die Öffentlichkeit.
Woran starb Maradona?
Alles, um endlich zu erfahren, warum Maradona starb. Der Totenschein attestiert ein "akutes Lungenödem, ausgelöst durch chronische Herzinsuffizienz". Maradonas Herzmuskel hatte sich über Jahre krankhaft erweitert. "Ich fühle mich schlecht", waren die letzten Worte des Weltmeisters von 1986, bevor er sich hinlegte und nie mehr aufstand.
Mit Kokain, Alkohol und Medikamenten wollte er der wachsenden Depression entfliehen und begab sich in eine tödliche Abhängigkeit. Die Leber zerstört von einer Zirrhose, das Herz-Kreislauf-System auch wegen seiner Fettleibigkeit in ständiger Unordnung.
Wenige Tage nach seinem 60. Geburtstag lag "D10s", der Fussballgott (Dios) mit der Rückennummer 10, wegen Hirnblutungen einmal mehr auf dem OP-Tisch. Inmitten der weltweiten Corona-Pandemie, fernab der Familie, längst in der Hand seines Leibarztes Leopoldo Luque sowie seines Anwaltes und Beraters, Matias Morla.
Hat sich Maradonas Leibarzt korrekt verhalten?
Statt den Patienten in eine Reha-Klinik zu überweisen, hatte Luque, ein Neurochirurg, Maradona in dessen Privatwohnung in Tigres, unweit des Gerichtssaales, unter seine Fittiche und die eines Betreuerteams mit Allgemeinmedizinern, Psychiaterin, Psychologen sowie Krankenpflegern genommen. Und keiner von ihnen sass in der letzten Stunde an der Seite des bei öffentlichen Auftritten immer erbärmlicher wirkenden Fussball-Genies.
Haben Luque und seine Mitstreiter den Tod der argentinischen Symbolfigur also vorsätzlich in Kauf genommen, seinem Sterben gar tatenlos zugesehen? Oder war Maradona mit seiner Krankengeschichte, die noch zu Spielerzeiten mit Kokainkonsum und einem Dopingbefund bei der WM 1994 ihren Lauf nahm, längst dem Tod geweiht und agierte am Ende beratungsresistent?
Eine Antwort darauf hat Tochter Gianinna: "Du bist nicht gestorben, sie haben dich getötet." Für sie, aber auch für viele seiner Landsleute mögen die Jahre ohne das Idol verstreichen, aber der Schmerz seines Verlustes hört einfach nicht auf. (sid/bearbeitet von ska)