Der Wechsel von Aleix Vidal zum FC Barcelona führt die von der Fifa gegen den Klub verhängte Transfersperre erneut ad absurdum. Barca hat dem Weltverband mal wieder ein Schnippchen geschlagen und könnte mit dieser "kreativen Transferlösung" eine Art Rollenmodell schaffen.
Wie immer gibt es drei Seiten einer Geschichte, im Fall des FC Barcelona liest sich das dann so: Es gibt Barcas Version, es gibt die Version der Fifa - und es gibt die Wahrheit. Wobei die Sache mit der Wahrheit in diesem Fall einigen Spielraum für Kritik lässt. Aber der Reihe nach.
Im April letzten Jahres hat der Fussball-Weltverband dem FC Barcelona eine 14-monatige Transfersperre auferlegt. Barca hatte in den Jahren 2009 bis 2013 gegen die Statuten verstossen, weil der Klub mehrere Spieler unter 18 Jahren verpflichtet hatte, deren Lebensumstände nicht den gelisteten Ausnahmekriterien entsprochen hatten.
Barca legte innerhalb weniger Tage Einspruch beim Obersten Sportgerichtshof CAS ein. Erstens, um das Urteil als solches anzufechten und gegebenenfalls abzumildern oder vollends aufzuheben. Vor allen Dingen aber, um durch das schwebende Verfahren den Weg freizumachen für die im April längst eingetüteten Sommertransfers.
Barca war damals an einem guten Dutzend neuer Spieler interessiert und mit den meisten Umworbenen bereits in den Endphasen der Verhandlungen oder längst schon handelseinig. Ein Transferverbot hätte den nötigen Umbruch nach einer titellosen Saison massiv beeinträchtigt, also entschloss sich der Klub für diesen einfachen Winkelzug und kam damit prächtig zurecht.
Das Verfahren sollte sich bis zum Richterspruch im Dezember noch monatelang hinziehen, und obwohl der CAS das Urteil aufrecht hielt, die Transfersperre für rechtens erklärte und auf Grund der Verzögerung bis zum Januar 2016 quasi verlängerte, war Barca der eigentliche Gewinner des Rechtsstreits.
Barca kauft den Transfermarkt leer
In den Sommertagen vor, während und nach der Weltmeisterschaft kauften die Katalanen im grossen Stil den europäischen Transfermarkt halbleer, holten gleich sieben Spieler und gaben dafür mehr als 150 Millionen Euro aus.
Luis Suarez, Marc-Andre ter Stegen, Thomas Vermaelen, Claudio Bravo, Jeremy Mathieu, Ivan Rakitic und Alen Halilovic wurden Blaugrana. Barca hatte die geplante Machtdemonstration der FIFA mit einem simplen Manöver als belanglose Drohgebärde entlarvt. Und geht in diesen Tagen sogar noch einen Tick weiter.
Der Wechsel von Aleix Vidal vom FC Sevilla nach Katalonien ist eine nächste kleine Provokation. Die Transfersperre gilt noch bis Januar, trotzdem haben der Verein und der Spieler am Montag einen Kontrakt unterschrieben und das wie bei solchen Transfers üblich auch medial gewohnt offensiv präsentiert.
Wann darf Vidal auflaufen?
Im offiziellen Barca-Twitterkanal ist ein Bild Vidals bei der Unterzeichnung des Vertrags zu sehen, zusammen mit Präsident Josep Maria Bartomeu und Vize Jordi Mestre. Das Arbeitspapier endet im Sommer 2020. Der in diesem Fall entscheidende Punkt ist aber nicht das Vertragsende - sondern der Anfang. Konkret geht es darum, wann der Spieler das erste Mal für seinen neuen Klub in einem Pflichtspiel auflaufen wird.
Vidal wird sein erstes Spiel für Barcelona frühestens im Januar absolvieren dürfen. Offenbar hat Barca in den FIFA-Regularien ein Schlupfloch entdeckt, das den "transfer ban" insofern aushebelt und somit Spieler sehr wohl bereits verpflichtet, aber noch nicht an den entsprechenden Wettbewerben angemeldet werden dürfen.
In Vidals Fall heisst das für den Spieler, dass er ein halbes Jahr Spielpause aufgebrummt bekommt, trotzdem aber zum Beispiel vollumfänglich mit der Mannschaft trainieren und Medien- oder Sponsorentermine wahrnehmen darf.
Wenn man nun bedenkt, dass Aleix Vidal beim FC Sevilla eine grandiose Saison gespielt hat, dass er erst 25 Jahre jung ist und ein enormes Entwicklungspotenzial besitzt, dass er einer der besten Rechtsverteidiger der Welt werden könnte und dass Barca in sehr naher Zukunft ohnehin einen Ersatz für den in die Jahre gekommen Dani Alves auf dieser Position benötigt, verkommen die kolportierten 16 Millionen Euro Ablöse inklusive möglicher Nachschlagzahlungen zu einem Taschengeld. Barca hat ein begehrtes Talent vom Markt genommen, ehe die Konkurrenz von seiner vermeintlichen Untätigkeit profitieren könnte.
Barca will auch Gündogan
Die Fifa wollte einst erreichen, dass der FC Barcelona für einen bestimmte Zeit keine Spieler mehr verpflichten kann. Der FC Barcelona hat dem entgegengesetzt, dass dies unter bestimmten Umständen sehr wohl möglich ist. Barca liegt mit seiner Version deutlich näher an der Wahrheit, oder besser: an der Realität.
Ob Vidals Geschichte eine Ausnahme bleibt, dafür würde im Moment wohl niemand die Hand ins Feuer legen. Es scheint auch möglich, dass er eine Art Präzedenzfall wird und es ihm der eine oder andere Profi gleichtut. Es gibt schliesslich noch einige andere Spieler, für die sich die Katalanen sehr interessieren. Einer von ihnen ist der Dortmunder Ilkay Gündogan.
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