Virgil van Dijks Wechsel zum FC Liverpool war von starken Zweifeln begleitet, aber bei den Reds und unter Anleitung von Jürgen Klopp hat sich der Niederländer zum besten Verteidiger der Welt entwickelt.

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"Thiago oder nix" ist längst zu einem geflügelten Satz geworden, nicht nur unter Fans des FC Bayern oder jenen, die es mit Pep Guardiola halten. Der wollte den Spieler bei seinem Amtsantritt in München unbedingt aus Barcelona holen und machte dies den Verantwortlichen mit eben jenem Bonmot unmissverständlich klar.

Die Bosse folgten Guardiolas Mischung aus Ratschlag und Befehl, Thiago kam tatsächlich nach München.

In Liverpool war es einmal ähnlich. Jürgen Klopp hatte eine Defensive, die nicht ausreichend gut war für die Ziele, die sich der deutsche Trainer bei den Reds gesetzt hatte.

Einen Titel, mindestens, hatte Klopp gleich an seinem ersten Tag in England versprochen. Mit einer Abwehr und einer Verteidigungsstrategie, wie sie Klopp vor nunmehr fast vier Jahren in Liverpool aber vorfand, war dies nicht zu schaffen.

Klopp und Guardiola läuten neuen Trend ein

Als alle noch Angreifer und Mittelfeldspieler für teures Geld einkauften und die Ablösesummen an die 100-Millionen-Euro-Grenze und manchmal auch darüber hinaus kletterten, waren es die Reds und Klopp, die zusammen mit Manchester City einen neuen Trend einläuteten.

City kaufte im Sommer 2017 Kyle Walker für rund 55 Millionen Euro von den Tottenham Hotspur und Benjamin Mendy für knapp 60 Millionen Euro vom AS Monaco; kurz vorher war schon John Stones für eine ähnliche Summe von Everton zu den Citizens gewechselt.

Guardiola hatte erkannt, dass er für die höchsten Ansprüche auch die beste Abwehr der Premier League benötigt. Seit der Katalane in Manchester arbeitet, hat der Klub rund 300 Millionen Euro nur für den Zukauf von Abwehrspielern ausgegeben.

Jürgen Klopp hatte vor zwei Jahren einen ähnlichen Plan und auch schon den richtigen Spieler dafür im Blick. Das Problem: Virgil van Dijk war vor der Saison damals nicht zu bekommen. Auch Guardiola war hinter dem Spieler her, aber der FC Southampton, ein Klub aus der Mittelklasse der Premier League, widerstand allen Avancen und jeder Menge Geld.

84 Millionen für van Dijk

Van Dijk hatte seinen Vertrag ja erst verlängert, wollte dann aber trotzdem plötzlich nur noch weg. Es entwickelte sich wie mittlerweile üblich eine Posse, Southampton klagte bei der FA, weil Liverpool ungefragt mit dem Spieler verhandelt habe. Die Reds entschuldigten sich artig und liessen dann wissen, "dass wir jegliches Interesse am Spieler zu den Akten gelegt haben".

Klopp soll intern aber die "Van Dijk oder nix"-Klausel bei seinen Chefs hinterlegt haben, und tatsächlich gingen die Reds dann ohne einen Van-Dijk-Ersatz in die Saison. Liverpool spekulierte auf das nächste Transferfenster ein paar Monate später und drückte den Wechsel nach wochenlangem Hin und Her tatsächlich durch.

84 Millionen Euro sollen damals geflossen sein. Für einen 26-Jährigen, der zuvor sechs Spiele in der Champions League (für Celtic Glasgow) und 67 in der Premier League für Southampton absolviert hatte.

825.000 Euro pro Pflichtspiel waren das, rechnete die "Sun" damals vor, und nicht nur der eine oder andere Liverpool-Fan hatte wohl ein etwas mulmiges Gefühl angesichts der Grössenordnung des Transfers. Van Dijk jedenfalls wurde zum teuersten Abwehrspieler aller Zeiten.

Was auch insofern verwunderte, als es Klopp war, der ein Jahr zuvor noch den Transfer von Paul Pogba zum Ligakonkurrenten Manchester United gerügt hatte. "An dem Tag, an dem das Fussball ist, werde ich meinen Job nicht mehr machen", hatte Klopp gesagt. United hatte damals 105 Millionen Euro ausgegeben. Allzu weit war Klopp davon nun nicht mehr entfernt.

"Er ist das Geld nicht wert"

Die zahlreichen Experten der TV- und Radioshows zerrissen sich das Maul über van Dijk, Klopp und die Reds. "Van Dijk ist das Geld nicht wert", polterte etwa Stürmerlegende Alan Shearer, der Ex-Nationalspieler Danny Mills sprach von einer "lächerlichen" Aktion.

Aber Klopp hatte einen Plan im Kopf, und der Ausgangspunkt seiner Überlegungen war van Dijk. Kaum ein Innenverteidiger ist schneller, keiner robuster im Zweikampf. Das konnte damals schon erkennen, wer die Premier League verfolgte. Van Dijk sollte das fehlende Puzzlestück für die Reds sein.

Gleich in seinem ersten Spiel patzte der Rekordeinkauf allerdings, Liverpool verlor nach einem Van-Dijk-Fehler beim Tabellenletzten aus Swansea 0:1. Klopp liess sich davon nicht beeindrucken.

Er baute rigoros sein Pressing um van Dijk herum, und wenn die Fallen im Mittelfeld nicht zuschnappen, dann erledigen der Niederländer und seine Abwehrkollegen den Rest. Es ist diese Defensivstrategie, die es so leicht aussehen lässt für van Dijk, der vereinfacht formuliert "nur" noch zur rechten Zeit am rechten Fleck sein muss, um dann seine überragende Körperlichkeit und sein Gespür für die Situation auszuspielen.

Liverpools Ein-Mann-Armee

Trotzdem ist Liverpools Verhalten gegen den Ball so riskant, dass die Absicherung hinter den ersten Pressinglinien einfach überragend sein muss. Da passt es ganz gut, dass van Dijk wie eine Ein-Mann-Armee verteidigen kann.

Von März 2018 bis Ende August 2019 schaffte es kein einziger Spieler der Premier League, van Dijk mit einem Dribbling zu überlaufen. Sagenhafte 50 Spiele war van Dijk wie eine Felswand für gegnerische Angreifer, ehe Arsenals Zugang Nicolas Pepe den Niederländer am zweiten Spieltag der aktuellen Saison ins Wanken brachte.

In Liverpool ist immer vom fantastischen Angriff um Mo Salah, Roberto Firmino und Sadio Mané die Rede und wie sie jede Abwehr der Welt schwindelig spielen können. Das Trio hat Klopp für vergleichsweise kleines Geld eingekauft und zu Weltstars geformt.

Sein Meisterstück aber ist die Entwicklung von van Dijk - und damit die seiner Defensive. 50 Gegentore gab es in Klopps erster Saison in England, in der zweiten immer noch 42. Mit van Dijk kam die Wende: Der Gegentorschnitt lag vor dessen Wechsel bei 1,2 pro Spiel, seit van Dijk im roten Trikot verteidigt, sind es nur noch 0,67.

In der abgelaufenen Premier-League-Saison kassierte Liverpool nur noch 22 Tore in 38 Spielen und stellte die beste Abwehr der Liga, in der aktuellen Spielzeit sind es nach neun Spielen sieben Gegentreffer.

Klopp: "Es gibt im Moment keinen Besseren"

"Er ist ein absoluter Weltklassespieler, der das Tempo hat, das du brauchst, der das hat, was ihn von anderen abhebt: die Körperlichkeit, das Auge für den Zweikampf, die Reaktionsschnelligkeit, die Spielintelligenz. Es gibt im Moment tatsächlich keinen Besseren. Das Gesamtpaket ist aussergewöhnlich", sagte Klopp dem "kicker".

"Er ist der perfekte Trainer. Er ist ein fantastischer Teammanager und Spielermananger noch dazu", sagt van Dijk umgekehrt über seinen Coach. Der hat ihn nicht nur zum Champions-League-Sieger gemacht, sondern beinahe auch zum Weltfussballer.

Nur Lionel Messi, zum sechsten Mal seit 2009 gekürt, verhinderte, dass 13 Jahre nach dem italienischen Weltmeister Fabio Cannavaro 2006 wieder ein Verteidiger triumphierte. Aufgeschoben ist aber vielleicht nicht aufgehoben.

Verwendete Quellen:

  • Eurosport.de: "Jürgen Klopp kritisiert die horrenden Ablösesummen auf dem Transfermarkt"
  • Liverpoolecho.co.uk: "Liverpool 'have paid way over the odds for Virgil van Dijk'"
  • Kicker.de: "Es gibt im Moment tatsächlich keinen Besseren"
  • Spox.com: "Liverpool-Verteidiger Virgil van Dijk über Jürgen Klopp: 'Der perfekte Trainer'"
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