- Der Weltverband Fifa treibt seine Reformpläne immer weiter voran.
- Selbst Ex-Präsident Blatter spricht inzwischen von einer Überkommerzialisierung des Fussballs - und bittet um Entschuldigung.
- Ein Umdenken bei der Fifa ist indes nicht in Sicht.
Es sind verwirrende Zeiten im Weltfussball. Der einst mächtigste Mann tut mittlerweile regelmässig Busse, gibt sich einsichtig. Er habe da vielleicht ein "Monster" erschaffen, sagte der einst so starrsinnige Sepp Blatter nun sogar. Und sein Nachfolger an der Spitze des Weltverbandes Fifa? Der sorgt ziemlich unbeirrt dafür, dass dieses Monster wächst und wächst.
Gianni Infantinos neueste Idee macht in diesen Tagen die Runde. Die Fifa möchte ihre Weltmeisterschaft ab 2030 im Dreijahresrhythmus austragen, das berichten die englischen Zeitungen The Guardian und Daily Mail übereinstimmend. Der Weltverband würde mit seiner Tradition brechen, mit Ausnahme einer Unterbrechung während des Zweiten Weltkriegs fand das Turnier seit der Erstaustragung 1930 immer alle vier Jahre statt.
Kritik am Reformeifer der Fifa gibt es reichlich, aus Blatters Mund ist sie allerdings durchaus neu. "Was derzeit geschieht, ist eine Überkommerzialisierung des Spiels", sagte der Ex-Präsident im Interview mit der Zeit: "Es wird versucht, immer mehr aus der Zitrone zu pressen." Blatter muss es wissen, unter seiner Führung hatte dieser Trend ja begonnen.
Fifa-Präsident Infantino dreht die Schraube immer weiter
Infantino allerdings, einst als Reformer angetreten, dreht die Schraube noch weiter. Seine Pläne, die WM häufiger auszutragen und damit mehr Geld zu generieren, sind ja keineswegs neu. Ursprünglich hatte der 52-Jährige sogar für einen Zweijahresrhythmus geworben, die Europäische Fussball-Union (Uefa) und die Klubs gingen aber auf die Barrikaden - und auch die ohnehin bereits chronisch überlasteten Spieler waren von der Idee nicht allzu begeistert.
Nun also der nächste Versuch. Infantino geht seinem Weg weiter, warum auch nicht? Wirtschaftlich läuft es für die Fifa prächtig, bei der kommenden Präsidentenwahl im März 2023 hat der Schweizer keinen Gegenkandidaten - und der Fussball soll weiter wachsen. Bei der WM 2026 in Mexiko, USA und Kanada werden erstmals 48 Mannschaften teilnehmen. Zudem hatte Infantino zum Abschluss der WM in Katar bekannt gegeben, dass die Klub-Weltmeisterschaft ab dem Jahr 2025 mit 32 Mannschaften ausgespielt wird.
Grosse Verbände wie der Deutsche Fussball-Bund (DFB) gingen zuletzt auf Distanz zu Infantinos Fifa, müssen ihren Worten in Zukunft aber auch Taten folgen lassen. Blatters Wort indes hat kaum noch Gewicht, seit seiner Suspendierung im Jahr 2015 wegen der Korruption in der Fifa ist er ohne Amt im Weltfussball. Immerhin als Kronzeuge kann er aber dienen und die Missstände benennen. Das tut er durchaus selbstkritisch.
Blatter: "Dann tut es mir leid"
Seinen Start bei der Fifa im Jahr 1975 beschreibt der heute 86-jährige Schweizer rückblickend als "Geburtsstunde von etwas, was so gross geworden ist, dass es ausser Kontrolle geriet". Sein Vorgänger Joao Havelange habe einmal zu ihm gesagt: "Sepp, du hast ein Monster geschaffen. Vielleicht hatte er recht."
Er selbst habe "versucht, dem Fussball immer zu dienen", sagt Blatter, "wenn ich ihm damit geschadet habe, dann tut es mir leid." Mit Spannung darf darauf gewartet werden, ob Infantino eines fernes Tages auch einmal so spricht. (SID/lh)
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