Seit Wochen erklärt Luis Rubiales Weltmeisterin Jenni Hermoso, was sie zu fühlen habe. Doch die Spanierin lässt sich auf nichts ein und geht nun mutig gegen ihn vor.
Vielen fussballinteressierten Menschen dürfte die Initiative "Common Goal" ein Begriff sein. Spieler*innen und andere Menschen aus dem Sport können darüber ein Prozent ihres Gehalts für soziale Projekte spenden.
Zu den Gründungsmitgliedern gehört der spanische Welt- und Europameister Juan Mata. Trainerin Sonia Bermúdez, die gerade mit der spanischen U19 die Europameisterschaft gewonnen hat, ist seit 2019 ebenfalls dabei.
Protest gegen den spanischen Verband
Bermúdez gehört zu jenen, die Ende August gemeinsam mit weiten Teilen des Staffs von Jorge Vilda von ihren Aufgaben zurückgetreten waren, um gegen das übergriffige Verhalten von Luis Rubiales nach dem WM-Sieg und die strukturellen Probleme im spanischen Verband RFEF zu protestieren. Beide mögen eine Rolle spielen dabei, dass Common Goal sich seit diesem Finale zunehmend und sehr stark zu Wort gemeldet hat, unter anderem mit dem Beitrag: "The Post That Should Have Been". Zu sehen ist Weltmeisterin Hermoso, die den WM-Pokal küsst.
Denn dieser Kuss ist es, der um die Welt gehen sollte. Ein Kuss, der Freude, Erleichterung und Stolz über diesen unglaublichen Titelgewinn ausdrückt. Ein Titel, der gegen alle Widerstände gewonnen wurde. Von einem Team, das unter Druck über sich hinausgewachsen ist. Doch es war ein Druck, dem die Spielerinnen gar nicht hätten ausgesetzt sein dürfen, schon gar nicht so lange, nachdem sie doch bereits vor Monaten auf ihre Situation hingewiesen hatten.
Türen mit dem Pokal einschlagen
Es ist ein wenig ein Treppenwitz der Geschichte dieser WM, dass Fifa-Chef Infantino kurz vor Ende des Turniers beschworen hatte, die Türen der Männer in den Verbänden seien offen und die Frauen müssten nur die richtigen Kämpfe wählen. Seine Rede steigerte sich zu einem fast werblichen: "Just do it!", als ob Frauen nicht seit Jahrzehnten mit beiden Fäusten gegen Türen schlagen würden, gerade auch im Fussball. Als ob nicht viele der Männer sich daran gewöhnt hätten, diese Schläge und Rufe zu ignorieren oder schlicht als Unsinn abzutun.
So war das auch nach dem Finale, als ein Mann nach dem nächsten Weltmeisterin Hermoso erklärte, was sie vermeintlich empfunden hat, zu empfinden habe, mächtige Funktionäre und aufgebrachte Theken-Günthers zu definieren versuchten, was Einvernehmlichkeit ist und was ein Übergriff. All das wohlgemerkt, obwohl Hermoso gleich nach der Szene ihr Missfallen über die ungewollte Berührung kundgetan hatte. Doch es war ein Satz, von dem viele beschlossen, ihn zu ignorieren, zumal er bald übertüncht würde vom fabrizierten Statement des Verbands.
Ein kraftvolles, mutiges Signal
Nach dem Mut, den Hermoso mit ihrer deutlichen Aussage direkt nach der Zeremonie gezeigt hat, beweist sie nun erneut Stärke: Die Weltmeisterin zeigt den suspendierten Verbandschef an. Sie wehrt sich, nicht nur gegen ihn, sondern gegen alle, die ihr und mit ihr vielen weiteren Frauen seit knapp drei Wochen die Welt erklären wollen. Hermoso weiss, dass der Weg, den sie da einschlägt, kein einfacher sein wird. Sie bekommt schliesslich mit, wie Rubiales und nun der mittlerweile geschasste Vilda weiterhin ihr Wort und das der Mitspielerinnen verdrehen.
Doch sie lässt sich den Mund nicht verbieten, lässt sich nicht einschüchtern, sondern steht auf gegen die Machtspiele, die da angezettelt werden. Das ist eine wirklich grosse Sache. Niemand hätte das Recht, ihr zu grollen, wenn sie diesen Kampf nicht annehmen wollte. Dass sie es aber tut, darin liegt eine grosse Kraft, ein starkes Signal. Und auch die Hoffnung, dass bei künftigen Turnieren die Bilder von feiernden Siegerinnen um die Welt gehen, die im Moment des grossen Triumphs mit dem Respekt behandelt werden, den sie verdienen.
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